9punkt - Die Debattenrundschau

Zwingend politischer

Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
13.02.2015. Die taz sucht nach Ursachen für den Terrorismus und findet sie in den Eliten der muslimischen Länder. Die Welt hält an Dresden fest. In der SZ rufen die Politologen Josef Krieg und Markus Rhomberg zu einer radikalen Reform der öffentlich-rechtlichen Sender auf. Wer setzt Islam und Islamismus gleich? Doch wohl der Islamismus, meint Renée Fregosi in huffpo.fr. Slate macht klar: Ohne die Freie-Software-Bewegung wäre das Internet nichts. Und gute Idee für Wochenende: Eier so kochen, dass das Gelbe außen liegt.
Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.02.2015 finden Sie hier

Gesellschaft

Auch in Frankreich wird über die "Gleichsetzung" oder das "Amalgam" von Islam und Islamismus gestritten. Die Philosophin Renée Fregosi zeigt in huffpo.fr am Beispiel des Kopftuchs, dass dieses "Amalgam", das den Kritikern der Religion vorgeworfen wird, zuerst von Islamisten installiert wurde: "Apostel Paulus sagt im zweiten Korintherbrief, dass die Frauen aus zwei Gründen einen Schleier tragen sollen, wegen ihrer Unreinheit und als Zeichen der Unterwerfung unter den Mann. Aus diesem Grund, nicht aus religiöser Motivierung im engeren Sinn, verschleiern traditionelle Gesellschaften die Frauen. Der Schleier sollte in Frankreich also im öffentlichen Raum generell verboten sein - im Namen der Gleichheit von Mann und Frau. Aber dies ist ein erster Sieg der Islamisten: Sie haben das Tragen des Schleiers allein mit der muslimischen Religion und Tradition verknüpft und konnten somit sein parzielles Verbot, etwa an Schulen, als eine Stigmatisierung der muslimischen Bevölkerung geißeln."

Michael Pilz will in der Welt nichts auf Dresden kommen lassen, sieht aber auch die weniger sympathischen Seiten der Stadt: "Dresdner haben es nie gern gehört, wenn Leipzig hymnischer besungen wurde, und je dumpfer ihre Stadt derzeit von außen wahrgenommen wird, umso dynamischer wirkt die von ihnen ungeliebte Siedlung an der Pleiße. Messemetropole, Mutterstadt der deutschen Medien, eine Universität, die immer eine war - und ein moderner Fußballklub. Die Leipziger haben sich von ihren Traditionsvereinen ab- und der Filiale eines Salzburger Getränkevereins zugewandt, die Dresdner werden ihr Dynamo nie verleugnen."
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Internet

David Auerbach singt bei Slate ein Loblied auf die Free-Software-Bewegung, ohne die das Netz nicht existieren könnte: "Es ist bemerkenswert, wie unsichtbar Projekte wie GPG oder OpenSSL für durchschnittliche Nutzer sind. Sie sind wie Stromdrähte oder Wasserleitungen: Man erwartet, dass sie funktionieren, ohne zu wissen, wie oder wo sie arbeiten. Selbst mit dem Linux-Betriebssystem, das auf einem Großteil der Server in der Welt läuft, kommen die Leute außer auf kommerziellen Ablegern wie Android kaum in Kontakt. Darum bekommen die Leute kaum mit, dass die Kern-Infrastruktur der Computer-Welt nach einem Modell gebaut ist, das eher an den Anarcho-Kommunismus als an den Kapitalismus erinnert."
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Politik

Die Ursache für Terrorismus ist eine endemisch korrupte Elite, die die Bevölkerung demütigt, ihrer Chancen beraubt und in ihrer Existenz bedroht, schreibt Sarah Chayes in der taz. Militärisch gegen Terrorismus vorzugehen muss so lange vergeblich bleiben, wie die korrupten Regierungen unangetastet bleiben: "Sich mit solchen Regierungen zu verbünden, um den Terrorismus zu bekämpfen - und das tun die USA und ihre westlichen Partner für gewöhnlich - bedeutet, die Situation zu verschlimmern. Denn die Dschihadisten werden in ihrer Annahme bestätigt, dass der Westen von der Korruption profitiert und sie also nicht nur billigt, sondern auch noch unterstützt. Unterm Strich werden mithilfe dieser Strategie einige wenige Terroristen kaltgestellt und gleichzeitig viele neue geschaffen."

Am Beispiel dreier engagierter junger Ägypter und ihrer Desillusionierung erzählt Sophie Anmuth in Slate.fr, wie"s mit dem arabischen Frühling in Kairo bergab ging: "Mag sein, dass es nicht zutreffend ist, Ägypten wie eine moralische Erzählung Eric Rohmers zu gliedern - arabischer Frühling, islamistischer Herbst, militärischer Winter -, aber auf jeden Fall haben die Hoffnungen und Enttäuschungen der letzten Jahre eine romanhafte Dimension."
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Ideen

Falls Sie am Wochenende Gäste haben und noch nach einer dekorativen Vorspeise suchen: Der japanische Koch Yama Chaahan zeigt in diesem Video, wie man ein Ei so kocht, dass das Gelbe außen und das Weiße innen liegt:


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Medien

Die beiden Politologen Josef Krieg und Markus Rhomberg rufen in der SZ dazu auf, die öffentlich-rechtlichen Sender radikal zu reformieren. Zunächst sollen ARD und ZDF in eine Medienstiftung fusioniert werden: "Der neue Sender muss zwingend politischer werden: investigativ und aufklärend, provozierend und nicht skandalisierend. Als Verteidiger und Protegé von Meinungsfreiheit und Pluralismus schafft er im besten Fall sogar eine neue politische Partizipation, neue Dialogformate und Serviceangebote." Aber die Medienstiftung soll auch außerhalb von TV aktiv werden: "Sie sollte Risikokapital für innovative Produktionen zur Verfügung stellen und die Institution werden, die dafür sorgt, dass Deutschland international bei neuen Formaten und neuen Medienprodukten mithalten kann." Nun sollten die beiden Autoren noch dafür sorgen, dass ihr Text online gestellt wird - sonst gibt"s keine breite Diskussion darüber.

Im Tagesspiegel informiert Joachim Huber, womit sich die Öffentlich-rechtlichen stattdessen gerade beschäftigen: wie sie die 1,5 Milliarden Euro Überschuss, die ihnen die Gebührenumstellung beschert hat, sinnvoll anlegen: "Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) verfolgt dabei "grundsätzlich eine konservative Anlagepolitik gemäß unserer Anlagerichtlinien", sagte Sprecher Justus Demmer dem Tagesspiegel. Diese sei auf Sicherheit und nicht auf maximalen Gewinn ausgelegt."

Weiteres: Die New York Times berichtet, dass der Medienjournalist David Carr, einer ihrer prominentesten Kolumnisten, im Alter von 58 Jahren gestorben ist. In der taz berichtet Karim El-Gawhary aus Kairo, dass zwei der im vergangenen Jahr zu langen Haftstrafen verurteilten Mitarbeiter von Al-Dschasira (mehr hier) für die Dauer eines neuen Verfahrens auf freien Fuß kommen. "Der Prozess ist jedoch noch nicht zu Ende", erinnert Julia Gerlach in der FR: "Die nächste Verhandlung hat der Richter für übernächste Woche anberaumt. Im Gefängnis verbleiben mindestens acht weitere Journalisten, unter ihnen der Fotograf Mahmoud Abu Zeid, dessen Bilder auch in der Frankfurter Rundschau erschienen sind."
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