Salman Rushdie

Joseph Anton

Die Autobiografie
Cover: Joseph Anton
C. Bertelsmann Verlag, München 2012
ISBN 9783570101148
Gebunden, 720 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Verena von Koskull und Bernhard Robben. Am Valentinstag, dem 14. Februar 1989, erhält Salman Rushdie den Anruf einer BBC-Reporterin und erfährt, dass der Ayatollah Khomeini ihn "zum Tode verurteilt" hat. So beginnt die außergewöhnliche Geschichte eines Schriftstellers, der gezwungen wird, unterzutauchen und in ständiger Begleitung einer bewaffneten Polizeieskorte von Aufenthaltsort zu Aufenthaltsort zu ziehen. Zum ersten Mal erzählt Salman Rushdie seine Geschichte; es ist die Geschichte eines der entscheidenden Kämpfe unserer Zeit: der Kampf um die Meinungsfreiheit. Rushdie erzählt vom teils bitteren, teils komischen Leben unter bewaffnetem Polizeischutz und von den engen Beziehungen, die er zu seinen Beschützern knüpfte; von seinem Ringen um Unterstützung und Verständnis bei Regierungen, Geheimdienstchefs, Verlegern, Journalisten und Schriftstellerkollegen; und davon, wie er seine Freiheit wiedererlangte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.09.2012

Schadenfreude bekennt Nils Minkmar nach der Lektüre dieses Buchs: Schadenfreude mit den Islamisten, die Rushdies Kopf nicht bekamen und Rushdies Leben nicht zerstörten, obwohl sie auf dem besten Wege waren und bis heute nicht nachlassen. Dennoch: dass Rushdie dieses Buch schreiben konnte, ist für Minkmar "das schönste Scheitern der Islamisten". Minkmar liest "Joseph Anton" nicht nur als Erinnerung an die dunklen Jahre der Morddrohung: Es ist für ihn ein Panorama unserer Gegenwart, in der sich die Bedrohung des Islamismus immer dunkler über dem Himmel des Westens und seiner Werte zusammenzog. Rushdie selbst erinnert an das Bild der Vögel in Hitchcocks gleichnamigen Film und daran, dass man den ersten Vogel, der sich auf das Klettergerüst bei den spielenden Kindern setzt, erst im Nachhinein als "Vorboten" erkennt. Auch als unbequeme Lektüre schildert Minkmar "Joseph Anton", denn Rushdie scheut sich nicht, all jene namhaft zu machen, die in den Jahren der Fatwa moralisch versagten. Deutsche Politiker gehörten dazu.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.09.2012

Insbesondere was Rushdies Erfahrungen im Zusammenhang mit den "Satanischen Veren" und der verhängnisvollen Fatwa betrifft, ist diese Autobiografie sehr aufschlussreich, findet Rezensentin Angela Schader, auch wenn das Buch seinem Autor nicht immer zum Vorteil gereiche. So erschließt sich ihr Rushdies Kritik an der Religion aus dem Engagement von dessen areligiösen Vater, mit Gewinn liest sie, wie Rushdie sich darüber ärgert, dass die Kritiken sein berühmtestes Buches oft allein auf dessen religionskritische Aspekte verkürzt hätten, und sie dankt dem Autor zudem für die ausführliche Schilderung des heute nur anhand weniger ikonischer Momente erinnerten "Zermürbungskriegs" und der irrwitzigen Manöver, die die über ihn verhängte Fatwa nach sich zog. Andererseits macht sich die strikt subjektive Perspektive an einigen Stellen auch negativ bemerkbar, fügt die Rezensentin an: Seinerzeitige Debatten werden von Rushdie im eher wegwischenden Gestus behandelt (immerhin zählen aber die fünf Seiten über die Auseinandersetzungen mit John le Carré und Christopher Hitchens zu den "fruchtbarsten Passagen"), manchen Groll gegen Kollegen und Verlage empfindet Schader als ungerecht. Kurz: Rusdie konnte ganz schön nerven, auch das lernt man in diesem Buch. Doch insgesamt ist das Urteil der Rezensentin positiv.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.09.2012

Das große Verdienst der siebenhundert Seiten starken Autobiografie Salman Rushdies sei es, dass der Autor seine Erfahrungen immer im weltpolitischen Zusammenhang betrachte, findet die Rezensentin Sabine Vogel. Nachdem der iranische Revolutionsführer Khomeini 1989 eine Fatwa über den Autor verhängt hatte und ein millionenschweres Kopfgeld auf ihn ausgesetzt wurde, musste Rushdie sich verstecken, berichtet die Rezensentin. Zu diesem Zweck habe sich Rushdie das Pseudonym "Joseph Anton" zugelegt - gebildet aus den Namen seiner Lieblingsschriftsteller Joseph Conrad und Anton Tschechow. Insgesamt sei die Autobiografie, die den Namen eben dieses Pseudonyms trägt, zu selbstgerecht, findet die Rezensentin - etwa wenn Rushdie beschreibt, wie er schon als Schüler über die Entstehung des Islams gegrübelt habe. In dem Buch stilisiere sich Rushdie selbst als "Märtyrer der Meinungsfreiheit" und begnüge sich dann allzu oft mit dem "nervtötenden Namedropping" prominenter Freunde, bedauert Vogel.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.09.2012

Thomas Steinfeld nennt das Buch "Memoiren". Allerdings gelingt Salman Rushdie darin das Kunststück, eine Weltgeschichte zu erzählen, immer wieder auch sehr privat, aber mit dem Thema Fundamentalismus eben auch immens politisch und aktuell. Zwar entgeht Steinfeld nicht die tagebuchartige Grundierung des Textes, doch merkt er auch, wie die Gesellschaft darin das Ich an Bedeutung überflügelt. Kindheit in Bombay, Studienjahre - das alles kommt vor. Dialogik, Wertedebatten, persönliche Rechfertigungen nicht. Zum Glück, freut sich Steinfeld. Ebenso beglückt ihn die unangestrengte Weise, mit der es dem Autor hier gelingt, Literatur zu schreiben. Einerseits erscheint er dem Rezensenten als gewöhnlicher Mensch, andererseits zeigt er sich als glückliches Mitglied der Happy Few der Weltliteratur, doch so, dass Steinfeld ihm nur noch mehr Teilhabe an dieser schützenden Gemeinschaft wünscht. Die Anliegen des Autors findet er gut und edel: Meinungsfreiheit, moralische Integrität, persönliche Loyalität. Die vielen Namen im Buch nicht als "namedropping", sondern betrachtet unter diesen Prämissen, kann Steinfeld gut verkraften.
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