Magazinrundschau - Archiv

Hazlitt

3 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 26.03.2019 - Hazlitt

Mit seinem Roman "Eine kurze Geschichte von sieben Morden" hat der jamaikanische Autor Marlon James auch hierzulande für Aufsehen gesorgt. Jetzt ist in den USA der Nachfolger "Black Leopard, Red Wolf" erschienen und Thea Lim gehen schier die Augen über angesichts der überbordenden und drastischen Erzählfantasie von James, der hier ein prächtiges Stück Afro-Fantasy mit einer waghalsigen Story-Architektur vorgelegt hat - James selbst bezeichnete sein Werk als "afrikanisches 'Game of Thrones'". Für Lim ein Grund mal genauer nachzufragen - in dem Gespräch geht es insbesondere auch um die Darstellung von Gewalt, bei der sich James als nicht gerade zimperlich herausstellt, auch wenn der Autor entsprechende Kritik ablehnt: In Actionfilmen wie "Die Hard" würden viel mehr Menschen sterben, man sehe nur nie, wie. "Aber wenn in diesen Filmen eines der Todesopfer in den Bauch geschossen wird - und ich nehme den Bauchschuss als Beispiel, weil das eine sehr schmerzhafte und langsame Art des Sterbens ist -, können Sie sich dann vorstellen, dass einer von den hunderten von Leuten, die auf Willis' Konto gehen, ein Vater war, drei Kinder hatte und zu dem Job gezwungen war oder einfach nur das Sterben durchleiden muss? Das wäre ein komplett anderer Film. 'Oh mein Gott, 'Die Hard' ist so ein verstörender Film!', hieße es dann statt ''Die Hard' ist ein Weihnachtsfilm!' ... Diese Filme verkaufen Gewalt ohne das Leid. Und ich denke, der Grund, warum mir das Gewalt-Label angeheftet wird, liegt darin, dass ich beides nicht voneinander trenne. ...  Denn Gewalt führt zu Leid und Gewalt kommt mit einem Nachspiel. Wie kann man nicht-explizit über Gewalt schreiben? Gewalt ist ein expliziter Akt. Manchmal reißt man einen Körper buchstäblich auf. ... Man muss respektvoll schreiben, aber explizit. Oder, wenn nicht explizit, dann zumindest eindeutig. Wenn man davor zurückschreckt, beleidigt man die Leute, die leiden müssen, in gewisser Weise."

Magazinrundschau vom 18.11.2014 - Hazlitt

Auch in den deutschen Feuilletons hat man davon Notiz genommen, dass der Body-Horror-Regisseur David Cronenberg mit seinem Debütroman "Verzehrt" einen Ausflug ins literarische Feld unternommen und dafür aus den Vollen aus seinem bizarren Motivrepertoire geschöpft hat. Für Hazlitt befragte ihn Calum Marsh, wie sich der Medienwechsel vom Film zum Roman sich auf Cronenbergs Arbeit ausgewirkt hat - insbesondere auch, da der Roman in seiner Freude an bizarren Körperkonstellationen schwer als Film vorstellbar wäre. Dazu der frischgebackene Romancier: "Ich war mir sehr bewusst, dass ich hier Sachen trieb, die in einem Film nicht gehen würden, die ich mir noch nicht einmal in einem Film vorstellen könnte - das ist eben die Art diskursiver Intimität, die sich einem hier bíetet. Es ist sonderbar. Das soll jetzt nicht abschätzig klingen, aber das Buch ist wie ein Komposthaufen: Man kann viele Dinge dort ablegen und gären lassen. Es ist ein Nährboden für andere Dinge. Mit einem Film geht das überhaupt nicht. Ein Film ist eine komplett andere Geschichte - eher mechanisch, weniger organisch. Beim Schreiben hatte ich anfangs einen Film im Sinn. Als man mich fragte, was ich als Romanautor wohl tun würde, habe ich mit dem Finger darauf gezeigt. Da war eine Idee für einen Film, der in eine Sackgasse geraten ist. Ich mag es sehr, das zu romantisieren, und sage: Sie wusste, dass sie ein Roman sein sollte, und sie wartete darauf, dass mir das dämmerte. Da steckt schon eine gewisse Wahrheit drin."

Wired hat unterdessen ausfühlich mit dem Autor telefoniert. Die Aufnahme kann man sich hier anhören.
Stichwörter: Cronenberg, David, Intimität

Magazinrundschau vom 18.06.2013 - Hazlitt

In den japanischen Manga gibt es eine lange Tradition schwuler Comics, die vor allem auch von einem weiblichen Publikum gelesen werden. Im Gegensatz zu diesen oft romantisch und melodramatisch verzärtelten Geschichten, geht es in Gengoroh Tagames schwulen Sadomaso-Comics, die nun erstmals in einer englischen Edition vorliegen, erheblich derber zur Sache, schreibt Chris Randle, der zudem noch etwas historischen Background liefert: "Als stabile Identitäten sind Homo- und Heterosexualität ein Erbe der Moderne. Als das Meiji-Regime 1868 an die Macht kam und sich daran machte, die japanische Gesellschaft in einer bis dato ungesehenen Geschwindigkeit zu verändern, wurden Gewohnheiten, die westliche Besucher als 'degeneriert' oder 'rückständig' erachteten (wie etwa das Cross-Dressing), abgedrängt. Schwule Ausdrucksweisen, einst in gewissen Formen akzeptiert, wurden pathologisiert und kriminalisiert. Folgt man Jim Reicherts Studie 'In the Company of Men', so galt nanshoku (das Begehen zwischen Männern) in der vorangegangenen Edo-Periode als respektierte literarische Form. Die Standardbeziehungen darin weisen, ähnlich wie die Übergangsbeziehungen im alten Griechenland, ausbeuterische Machtgefälle auf: Samurai und ihre jugendlichen Schüler oder Kabuki-Darsteller in Frauenkleidung und ihre urbanen Kunden. Obwohl die übliche yaoi-Anordnung (Liebe zwischen Jungen) in seme (dominante) und uke (unterwürfige) Partner als Abkömmling davon plausibel ist, sind sie doch soweit gleichberechtigt geworden, dass ein Leser frei die Seiten - oder auch beide zugleich - wählen kann. Tagame wurde in Magazinen veröffentlicht, die sowohl yaoi (Liebe zwischen Jungen) und bara (Liebe zwischen Männern) bringen, und blendet beides ineinander. Vielleicht bietet er den Fans eine dornigere, schwarz schimmernde Version dieses Rollenspiels."