Magazinrundschau - Archiv

Il Foglio

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Magazinrundschau vom 22.01.2008 - Foglio

Eine erfolgreiche Sparte der mexikanischen Popmusik steht der Welt der Drogenschmuggler nahe. Warum in der jüngeren Zeit immer mehr Stars der Szene ermordet werden, erklärt Maurizio Stefanini. "Die Tucanes sind eine Gruppe, die sich schon mal mit Kalaschnikows ablichten lassen, und einer ihrer bekanntesten Songs ist einem geschichtsträchtigen Feuergefecht gewidmet. 'Mafias des Nordens und des Südens - welche ist die mächtigste?', heißt es im Refrain. Die Polizei sagt, dass die Kartelle bereits die verschiedenen Sänger adoptiert haben, egal ob sie nun 'Narcos' sind oder nicht. Sie stellen sich auf die Seite ihrer Favoriten und gehen mit härtesten Mitteln gegen die Lieblinge der Konkurrenz vor. Es wird verbreitet, dass im Internet schon Videos im Umlauf sind, in denen die Verbrecher im Rhythmus der populären Hits foltern und töten."

Andrea Affaticati führt die Leser in den Erbfolgekrieg ein, der seit 2002 zwischen Axel Sven und Friede Springer tobt. Genüßlich serviert Affaticati die saftigen Details der Auseinandersetzung, deren vorläufige Entscheidung heute am Frankfurter Berufungsgericht ansteht: "Vier Exfrauen, eine Witwe, eine Horde von Kindern, das Kindermädchen, dass den Vater des Schützlings heiratet... Und dennoch: ein Imperium."

Weiteres: Stefano Cingolani breitet die Saga der Carla Bruni aus, deren "Dynastie" italienische Wurzeln hat. Ugo Bertone macht sich mit den Beispielen einiger erfolgreicher Unternehmer Mut, die in Italien bleiben.

Magazinrundschau vom 29.12.2007 - Foglio

Piero Vietti erzählt eine katholische Heldengeschichte aus Sibirien. Dort hat der italienische Missionar Ubaldo Orlandelli seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder eine Gemeinde aufgebaut. "Es vergingen Jahre, in denen er im unendlichen Sibirien von hier nach dort reiste, per Flugzeug oder Schiff, auf Flughäfen mit Schotterpisten landete oder schäumende Flüsse hochfuhr. Er fing mit fünf Angestellten und fünf Freiwilligen an. In jedem Ort, in dem er ankam, suchte er die Katholiken. Er redete mit ihnen, las die Messe und ernannte einen Verantwortlichen. Er grub Jesus aus. Bald waren es zweihundert Angestellte und sechshundert Freiwillige. 1995 organisierte er die erste öffentliche Prozession in den Straßen Nowosibirsks. Es war Fronleichnam. Es nahmen insgesamt etwa zehn Leute teil, vielleicht weniger. Aber diese zehn waren außergewöhnlich in Russland."

Magazinrundschau vom 18.12.2007 - Foglio

"In Frankfurt spekuliert man, in Essen zittert man, und in Turin, da wird gestorben." Kurz vor Weihnachten solidarisiert sich das sonst konservative Foglio mit den Arbeitern des Turiner Krupp-Stahlwerks. Bei einem Brand waren vor einer Woche vier Todesopfer zu beklagen, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Verstöße gegen die Sicherheitsauflagen. Stefano Cingolani erzählt aus diesem Anlass erst ein paar Nazi-Geschichten der deutschen Heuschrecken von Krupp, um dann auf die fanatisch-eingeschworene Gemeinschaft der Kruppianer zu sprechen zu kommen. "Die wahren Kruppianer akzeptieren ihr Schicksal, bis zum Ende. Nicht wie die italienischen Arbeiter, die keine Kruppianer sind und es auch nie sein werden. Im Stahlwerk in Turin zu sterben ist nicht das Gleiche wie in Essen zu sterben, wo seit mehr als einem Jahrhundert, gleich unter welcher Regierung, die Angestellten von der Wiege bis zum Grab betreut wurden."

Magazinrundschau vom 11.12.2007 - Foglio

Simona Verrazzo schreibt über Kairos al Azhar - Universität und religiöse Instanz in einem. So sehr die Institution auch an Gewicht in der arabischen Welt verloren hat, ein Rest an Autorität werde immer bleiben: "Von Saladin bis zu Napoleon, jeder, der einen Fuß auf ägyptischen Boden gesetzt hat, musste feststellen, dass man sich mit ihr arrangieren muss, um zu regieren. Woher ihr Prestige kommt, ist ein Rätsel, und vielleicht ist genau dass ihr Ass im Ärmel. Die Architektur ist normal, es könnte irgendeine Moschee sein: vier Mauern, ein Innenhof, sechs Minarette, ein Mihrab, der nach Mekka zeigt. Nicht mal die Stadt, in der sie liegt, ist außergewöhnlich, auch nicht für den Islam. Kairo ist keine heilige Stadt wie Medina, Mekka oder Jersualem, es war nie der Sitz eines Kalifen wie Damaskus oder Istanbul. Al Azhar ist al Azhar. Und das werden die Schiiten vielleicht nie verstehen."

Magazinrundschau vom 04.12.2007 - Foglio

Gaia Cesare gratuliert dem erfolgreichsten Poesiemagazin Europas zum Geburtstatg und rühmt dessen Macher Nicola Crocetti. "Im Januar wird Poesia zwanzig Jahre alt, und das Heft, dessen Grabstein viele Literaten immer wieder schon beschriften wollten, ist noch da, und in seiner Sparte ist es das Magazin mit der größten Verbreitung in Europa. Eine mittlere Auflage von zwanzigtausend Exemplaren, - mit einer Spitze von fünfzigtausend, die als Weltrekord verbucht wurde - zweitausend veröffentlichen Dichtern, unter ihnen 37 Nobelpreisträger, zwanzigtausend Gedichte und Tausende Fotos von Dichtern, die zum Großteil noch nie gedruckt wurden. Ein italienisches Wunder. Ein verlegerisches Wunder, das jeden Monat in vielen der größeren europäischen und amerikanischen Universitäten ausliegt. Ein Wunder, dass von mindestens zwei großen Einfällen herrührt und das von einem einzelnen Mann verwirklicht wurde."

Weiteres: Ugo Bertone proträtiert das Autobahnraststättenunternehmen Autogrill, das wächst und wächst und gerade Marktführer im Flughafengeschäft geworden ist. Siegmund Ginzberg modernisiert Macchiavelli mit Hilfe von Petrarca und meint hier und hier, dass der heutige starke Mann zwar manchmal auch Steuern erhöhen muss, seinen Sadismus dabei aber nicht öffentlich zeigen sollte.

Magazinrundschau vom 27.11.2007 - Foglio

Bruno Giurato stellt Gaetano "James" Senese vor, den italienischen "Maradona des Saxofons", der einen Afro, eine Website mit Musikbeispielen und eine Biografie von Carmine Aymone vorweisen kann. "Gaetano Senese borgte sich den Namen vom Vater, und in gewisser Weise kommt auch das Saxofon von ihm. Senese ist der Sohn des Soldaten James Smith aus North Carolina, der in Neapel mit der Fünften Armee ankam, und der nach achtzehn Monaten nach Amerika zurückkehrte und auf keinen Brief mehr antwortete. 'Ich wusste, dass mein Vater, wenn er nicht zurückgekommen war, um mich zu holen, es einfach nicht konnte. Alles klar? Mein Vater hat mich nach eineinhalb Jahren verlassen, nicht sofort. Dass er nicht wieder kam, rührt daher, dass es ihm unmöglich war. Alles klar?' Als James acht Jahre alt war, kam seine Mutter Anna mit einer leeren Schallplattenhülle von John Coltrane in die Wohnung. 'Schau Dir diesen Mann an, er ist wie Dein Vater.' Ab jetzt wollte James Saxofon spielen."

Weitere Artikel: Ugo Bertone porträtiert Arkadi Nowikow, Russlands Promikoch. Gabriella Mecucci untersucht, warum Pablo Picassos Meisterwerk "Guernica" nach sechzig Jahren unterschiedlichster politischer Inanspruchnahme immer noch so frisch ist. Paola Peduzzi beäugt den wachsenden Einfluss der Alumni von Goldman-Sachs in Wirtschaft und Politik.

Magazinrundschau vom 20.11.2007 - Foglio

Carlo Buldrini besucht nach langer Zeit hier und hier wieder einmal Bangalore und ist erstaunt, was aus dem einstigen Garten Indiens geworden ist. Beschaulich ist es längst nicht mehr. Die Ansprüche steigen. "Jeden Tag werden drei oder vier junge Frauen mit Verbrennungen am ganzen Körper ins Victoria Krankenhaus des Bangalore Medical College eingeliefert. Viele sterben. In den Polizeiberichten heißt es: 'Explosion des gasbetriebene Herds'. Die Sozialarbeiter sprechen hingegen von 'Mitgift-Morden'. In den Monaten in denen ich in Bangalore war, gab es 81 dieser Vorfälle. Die Kultur des globalen Konsums hat auf die Stadt übergegriffen und hat die Summe der Mitgift enorm in die Höhe getrieben. Informatiker sind dank ihres hohen Einkommens nun ganz oben auf der Liste der begehrten Männer."

Magazinrundschau vom 13.11.2007 - Foglio

Roms Bürgermeister und Vorsitzender der neu gegründeten Mitte-Links-Partei Walter Veltroni benutzt den Glamour des Filmfestival von Rom erfolgreich für den eigenen Aufstieg. Doch Veltronis kulturelle Ambitionen spalten die Linke, stellt Marianna Rizzini nicht unerfreut fest. "Wenn man sich das alles einmal ansieht, die Abtrünnigen - Massimo Cacciari, der gegen das aufrührerische Rom wetterte, Felice Laudadio (der Festivaldirektor von Taormina), der die Aufteilung der Subventionen zugunsten Roms beklagte, und schließlich Francesco Rutelli, der Kulturminister, der Neutralität zu bewahren versuchte aber tatsächlich doch Venedig verteidigte - wenn man die drei Festivals Venedig, Rom und Turin betrachtet und die drei Bürgermeister die sie repräsentieren, Cacciari, Veltroni und Chiamparino, dann weiß man, dass die Zeichen schon länger auf Konfrontation stehen."

Maurizio Stefanini setzt große Hoffnungen auf den ägyptischen Medienunternehmer Naguib Sawiris, der dem Platzhirsch Al Jazeera mit seinem angeblich toleranteren Otv Konkurrenz machen will. "'Wenn ein Film hinsichtlich der Kostüme und der Tradition nicht hinnehmbar ist, senden wir ihn nicht', versichert er. 'Aber in dem Moment, in dem wir uns zur Ausstrahlung entscheiden, können wir ihn doch nicht zensieren.' So machen es aber die meisten Sender des Mittleren Ostens, sie schneiden die westlichen Filme bis zur Unkenntlichkeit. Außerdem verspricht Sawiris, die 'hohe Dosis' an religiösen Inhalten drastisch herunterzufahren."

Magazinrundschau vom 06.11.2007 - Foglio

Latife Hanimefendi, die Ehefau von Atatürk, wird von den türkischen Frauen nach Jahrzehnten der staatlich verordneten Vedrängung gerade wieder als Vorbild entdeckt, erzählt Marta Ottaviani. Grund ist die Biografie "Latife Hanim", die der Autorin Ipek Calislar vor einem Jahr den justitiablen Vorwurf der Verunglimpfung Atatürks einbrachte. "Geboren 1898 im antiken Smirna, wurde Latife nach dem Gymnasium in Izmir von ihrer Familie nach Paris geschickt, wo sie an der Sorbonne studierte. Man weiß nicht, ob sie ihren Abschluss in Jura machte, sicher ist aber, dass sie damit weit über dem Niveau ihrer Heimat war, wo zu dieser Zeit 95 Prozent der Menschen nicht lesen konnten. Wahrscheinlich war sie auch Atatürk überlegen, der eine ziemlich militärische Ausbildung genossen hatte und der trotz immenser Anstrengungen und fleißigen Bücherstudiums nie mit seiner Partnerin gleichziehen konnte. Gebildet, schön und weltgewandt, sprach Latife fließend Englisch und Französisch."

Außerdem macht sich Ugo Bertone ernsthafte Sorgen um die wachsende Zahl der jungen Start-Up-Reichen in den USA, die nicht mehr wissen wohin mit ihrem Geld. "Auch mir gefällt es, mit meiner Freundin am Strand zu liegen und mit meinem Hund zu spielen. Das ist gut für drei Stunden am Tag. Weitere drei schlafe ich. Aber was macht man mit den restlichen achtzehn?"
Stichwörter: Bertone, Geld, Hanim, Latife

Magazinrundschau vom 30.10.2007 - Foglio

Ugo Bertone stellt den amerikanischen Philanthropen Phil Harvey vor, der mit seiner Organisation DKT nicht nur kostenlos Kondome in Entwicklungsländern verteilt, sondern auch als einer der wenigen gegen Reagans Obszönitäts-Task-Force bestanden hat. Denn Harvey ist auch Gründer von Adam&Eve, "'Tim und ich', erinnert er sich, 'haben alles Mögliche versucht zu verkaufen: Pullover, T-Shirts, Freizeittaschen, Flugzeugmodelle bis hin zu Souvenirs und Armbanduhren.' Nichts. Dann eine Entdeckung. Jedesmal, wenn wir in den Katalog irgendetwas auch nur vage Erotisches aufnahmen, schoss die Nachfrage in die Höhe.' So wurde Adam&Eve geboren, der multinationale Porno-Koloss, der seit 1995 Filme produziert, Marktführer sowohl im Internet als auch in den Läden, die in den USA überall aus dem Boden wachsen, um sage und schreibe 15.000 Apparaturen für sexuelle Zwecke zu vertreiben, vom 'Muschi-Vergrößerer' bis zum 'Skorpion mit dem Doppelstachel' (Probieren Sie es aus, heißt es in der Werbung für Homosexuelle und Heteros)." Spätestens mit seinem nach beinahe zehn Jahren vor dem Supreme Court gewonnenen Prozess gegen die US-Regierung dürfte Harvey der legitime Nachfolger von Larry Flynt sein.