Ist
Identitätspolitik eine Ausgeburt der Postmoderne, wie
Yascha Mounk in seinem neuen Buch
"The Identity Trap" behauptet? Überhaupt nicht,
meint der Politikwissenschaftler
Jason Blakely. "Sie geht vielmehr gut anderthalb Jahrhunderte zurück auf die kulturellen Veränderungen, die die moderne Welt hervorgebracht haben. Wie der Philosoph
Charles Taylor in einer Vielzahl von Büchern und Aufsätzen gezeigt hat, wurzelt die Identitätspolitik in einer Verschmelzung der romantischen Ethik der Authentizität und der aufklärerischen Idee der Volkssouveränität. Ziel der Identitätspolitik ist das, was Taylor bekanntermaßen als '
Anerkennung' bezeichnete. Auch wenn es nicht gerne gesagt wird, basiert die älteste Form dieser Politik nicht auf Rasse, Geschlecht oder sexueller Orientierung, sondern auf
Nationalismus", wie Rousseau und Herder ihn verstanden. "Der Nationalismus verbindet diese Forderung nach Selbstbestimmung mit der Vorstellung der früheren Aufklärung, dass eine legitime Regierung auf einem Gesellschaftsvertrag beruht und durch die Volkssouveränität bestätigt wird. Der Staat ist nach dieser Auffassung nur dann legitim, wenn er den Willen eines Volkes repräsentiert. Die
Identität muss repräsentiert werden. Im Falle des Nationalismus wird häufig eine Eins-zu-eins-Identität von Staat und Nation angestrebt. Der Staat wird von Nationalisten sogar als höchster Ausdruck der Anerkennung der Existenzberechtigung der Kultur und Sprache eines Volkes angesehen. ... Wie Tayler kurz und bündig formulierte: 'Die
moderne nationalistische Politik ist eine Art von Identitätspolitik. In der Tat ist sie die
ursprüngliche Spezies', deren 'Modell' des 'Kampfes' dann 'auf den Feminismus ... kulturelle Minderheiten, auf die Schwulenbewegung usw. angewandt wird'." Identitätspolitik, also Anerkennung, ist heute praktisch unvermeidlich, meint Blakely. "Hier könnten LGBTQ-Befürworter und christliche Nationalisten, Feministen und Traditionalisten die schwierige Aufgabe bewältigen, unerwartete Gemeinsamkeiten in der geteilten Sorge zu finden,
ihren Platz in der Gesellschaft zu verlieren."