Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Mai 2007

Heute in den Feuilletons

31.05.2007. Im Zeit-Feuilleton - heute von Wolfgang Tillmans kuratiert - warnt Polly Toynbee vor einer Allianz aus Muslimen und christlichen Kirchen. Die Welt stimmt einen Abgesang auf die Arbeit an. Die SZ sieht die Welt von nutzlosen Zäunen durchzogen. Die NZZ plädiert für den Bau der Moschee in Köln. Die taz verspürt angesichts der Ausstellung "Art goes Heiligendamm" ein leichtes Unbehagen. Die FR begutachtet in der Neuen Nationalgalerie französische Originale zu berühmten Postermotiven.

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30.05.2007. In der Berliner Zeitung stellen Kathrin Passig und Holm Friebe das nächste große Ding im Internet vor. In der FR sieht Carlos Fuentes den Plurikulturalismus der Mestizen als Symbol für die lang ersehnte Moderne in Europa. In Spiegel Online untersucht Gerd Koenen die Wege des linken Populismus in Lateinamerika. Die Welt warnt vor Heckenschützen in Internetforen. Außerdem erklärt Fatih Akin, warum er jetzt nicht gegen den G8-Gipfel protestieren kann. Die taz fragt nach der gesellschaftlichen Relevanz der allerneuesten Kunst.

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29.05.2007. In der FR erinnert György Dalos an Matthias Rust, der vor zwanzig Jahren mit seiner Cessna neben dem Roten Platz landete und das Moskauer Politbüro durcheinanderbrachte. Die FAZ zeigt sich tief beeindruckt von Sasha Waltz' Inszenierung des "Medea-Materials" in Luxemburg. In der New Republic diagnostiziert Paul Berman in einem riesigen Artikel über Tariq Ramadan einen "reactionary turn" in der intellektuellen Szene. Das Festival von Cannes hat die Kritiker in diesem Jahr begeistert - auch mit der Goldenen Palme für Cristian Mungiu zeigt man sich zufrieden. Alle Zeitungen bringen außerdem Nachrufe auf Jörg Immendorff.

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26.05.2007. In der Welt deckt Benny Morris die wahren Gründe für die enge Bindung der USA zu Israel auf. Die NZZ schildert den irren Kampf ums Überleben in der lateinamerikanischen Literatur. In der SZ schreibt Chris Abana über Los Angeles, eine Stadt, die nur in den Köpfen ihrer Bewohner existiert. Die FR besingt die Helden Hollywoods, die im wirklichen Leben sterben. Die taz plädiert für funke wisdom. Im Tagesspiegel beichtet Thomas Brussig.

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25.05.2007. Die NZZ empfiehlt den Comicautor Patrice Killoffer, der auch sehr hübsche Schweizer Briefmarken gezeichnet hat. Die taz schildert die uneimlichen Symptome des Colony Collapse Disorder unter den Bienen. Der Tagesspiegel staunt über Sasha Waltz' Medeamaterial in Luxemburg: "Die Seele rast, aber man tanzt Slowmotion." Die FR sucht den deutschen Super-Künstler. Die FAZ beschreibt die chinesische Konzeption der Menschenrechte: Man hat sie nicht, sondern zahlt sie zurück.

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24.05.2007. Die deutsche Filmkritik ist sich einig: Fatih Akins Film verdient die Goldene Palme - neben all den anderen Filmen, die die Goldene Palme ebenfalls verdienen. In der Zeit greift die Chansonsängerin Ingrid Caven die Fassbinder-Nachlassverwalterin Juliane Lorenz als moralisch ungeeignet für ihren Posten an. Außerdem recherchierte ein gut verkleideter Günter Wallraff für das neue Zeitmagazin über die muz-Arbeitsbedingungen in deutschen Callcentern. Die FAZ konstatiert aus Anlass des Kasus Kapuscinski Überdruss über die Stasiaktenfledderei in Polen. In der FR fürchtet Richard Wagner um die junge rumänische Demokratie.

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23.05.2007. Die SZ fragt aus Anlass des G8-Gipfels: Welche Kosmetik ist tränengastauglich? Die FAZ geißelt die Heuchelei der Öffentlich-Rechtlichen in ihrer Berichterstattung über Doping im Radsport. Alfred Brendel gratuliert der Pianistin Katja Andy in NZZ und FAZ zum Hundertsten. Welt und FR studieren die Stasi-Akten Ryszard Kapuscinskis.Tagesspiegel und Berliner Zeitung recherchieren zu den Vorgängen um das Haus Suhrkamp.

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22.05.2007. In der FAZ gibt Neo Rauch Auskunft über sein malerisches Programm. Und sonst dominieren Cannes und die Journalistenschelte: Die taz ärgert sich über die hämische Suhrkamp-Berichterstattung der Kollegen, die SZ geißelt das grausame Seminardeutsch von Popjournalisten, die Welt wirft Herges Tim vor, nie einen Artikel geschrieben zu haben. Und Roman Polanski schickt laut FR sämtliche Journalisten zum Teufel.

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21.05.2007. Stein spaltet Kritik.Laut FAZ pulst und lebt und bebt der "Wallenstein" in Peter Steins Inszenierung zehn Stunden lang. Die SZ staunt wie viele andere über Klaus Maria Brandauer, der mit öligen Ablauten einen Anarchen und Spieler gibt. Die taz findet den Hochkulturkonsum alles in allem gar nicht so schlimm. Die NZZ beklagt Verfremdungseffekte, die Stimmung drainieren, Atmosphäre verneinen. Die Welt hat an sich nicht vor, sich von etablierten alten Knackern bilden zu lassen. Und die New York Times singt eine Hymne auf grüne deutsche Architektur.

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19.05.2007. Die NZZ schreitet mit der Gemächlichkeit einer schwangeren Nonne voran, die zur Beichte geht. Die FAZ findet: Türkische Musik tut nur exotisch, und Anna Netrebko tut nur expressiv. Die Berliner Walter-Kempowski-Ausstellung beeindruckt taz und FR. Die SZ trifft die saudische Schriftstellerin Rajaa Alsanea, deren Roman "Girls aus Riad" das traurige Leben der Girls von Riad offenbart. In der Welt denkt Azer Nafisi, Autorin des Buchs "Lolita lesen in Teheran", über eine Demokratisierung der Religion im Iran nach.

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18.05.2007. Die ersten Depeschen aus Cannes widmen sich Wong Kar-Wais "Blueberry Nights", die bei der taz in Kunsthandwerksverdacht geraten. Auch FAZ und Welt sind mild enttäuscht. Nur die SZ jubiliert. Weitere Geschichten: Die Bundeskunsthalle gerät wegen ihres Haushaltsgebarens in die Kritik, berichten SZ und FAZ. In der taz gibt Alfred Grosser seine Einschätzung zu Nicolas Sarkozy: "Nun, er ist nicht Thatcher." Im Kölner Stadtanzeiger ruft Ralph Giordano dazu auf, den Bau der Kölner Großmoschee zu stoppen. Die Welt bereitet uns auf den Stein-Wallenstein vor, der morgen Premiere hat. Und die NZZ schildert die Probleme der Welt online mit dem Web 2.0.

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16.05.2007. In der SZ protestiert Jürgen Habermas gegen die Verkaufspläne der bisherigen Gesellschafter genau dieser Zeitung und fordert staatliche Förderung für die unabhängige Meinungsbildung in den Zeitungen. In der Stockholmer Zeitung Expressen äußert sich Ayaan Hirsi Ali über die von Perlentaucher und signandsight.com entfachte Multikulturalismus-Debatte.Die Zeit hat nachgezählt: 68 war eigentlich 67. Die Welt sieht mit Unbehagen den Einfluss der russischen Orthodoxie im Westen wachsen. In der taz protestiert Ilija Trojanow gegen die Ausbeutung Afrikas durch westliche Popstars. In der FAZ wird nachgewiesen: Ich war es nicht gewesen, sondern mein Gehirn hat mich diese Zeilen schreiben lassen.

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15.05.2007. Die SZ warnt Kunstsammler vor dubiosen Fonds, die vom Boom profitieren wollen, und feiert das neu normierte versale Eszett. Die Welt ist von Don DeLillos 9/11-Roman "Falling Man" enttäuscht, gerade weil er niemanden enttäuschen will. Die taz zeigt Verständnis für einen BBC-Journalisten, der wie eine Tomate explodiert. Die FAZ besucht die traumatisierte Stadt Algier, deren Kunstszene anfängt, sich mit den blutigen neunziger Jahren auseinanderzusetzen.

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14.05.2007. Die taz freut sich auf kommende Zeitkristalle bei der Documenta. Die SZ findet die Autonomen so sentimental. Die FR fürchtet die Herrschaft des Marktes über die französische Kultur. Die NZZ hat keine Angst vor China. Im Tagesspiegel konstatiert Peter Stein zum Ärger Klaus-Maria Brandauers: Junge Menschen sind zwar nicht interessant, aber sie sehen gut aus.

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12.05.2007. In der Welt erklärt Theodore Dalrymple, warum Nicolas Sarkozy genau der Richtige ist, um die Freiheit in die französischen Townships zu bringen. Ebenfalls in der Welt beschreibt Adam Michnik, wie in Polen der Geist der Freiheit vom Geist der Rache bekämpft wird. Die FAZ plädiert für mehr Kulturrelativismus. Die NZZ berichtet von der Lage irakischer Künstler und Intellektueller, die nicht einmal mehr im Exil sicher sind. Die FR entdeckt eine Oase der Leidenschaft im Literaturbetrieb. Und die taz freut sich, dass es im Theater von Jan Bosse noch oben und unten gibt.

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11.05.2007. In der SZ konstatiert Boris Groys im Streit um die sowjetischen Denkmäler eine Ethnisierung des Kommunismus. Außerdem erklärt Najem Wali, wie in syrischen Gefängnissen mit dem deutschen Stuhl gefoltert wird. In der taz wartet Klaus Theweleit auf eine iranische Pocahontas. Die Welt betrachtet die neue Avantgarde der Traditionalisten in der Architektur. In der FAZ schreibt Amos Oz über die palästinensischen Flüchtlinge. Und in der NZZ schreibt Ibrahim al-Koni über den Fluch des Erdöls - das Blut unserer Mutter.

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10.05.2007. In der Welt fordert Ayaan Hirsi Ali den Westen auf, notfalls mit Hilfe der Armee die Türkei vor der Islamisierung zu retten. In der Zeit erklärt Elif Shafak, dass sie ihre Demokratie lieber selber retten will. Im Tagesspiegel erinnert Andres Veiel an die zehn Millionen heimlichen RAF-Sympathisanten. Die FAZ besucht die letzten Aufrechten des russischen Journalismus. Die FR fragt, warum die Freiheit eigentlich nicht zur Leitkultur der CDU gehört. In der NZZ schreibt Richard Wagner über den Streit um die sowjetischen Denkmäler in Osteuropa.

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09.05.2007. Die FAZ erwartet von der kommenden Documenta Subtiles. Die taz liefert sich der Wucht der rumänischen Theaterszene aus. Die SZ tanzt den Independance cha-cha. Die NZZ lässt sich von einem Riesenschädel aus Küchenutensilien anstarren. In der Berliner Zeitung gibt Peter Stein Auskunft über sein inszenatorisches Ethos.

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08.05.2007. Seine Bücher ziehen vorüber wie Wolken, meint die SZ in einem Artikel über Thomas Pynchon, dem alle brav zum Siebzigsten gratulieren. Auch der Maler Daniel Richter meditiert in der Welt über das flüchtige Wesen der Kunst. Und die NZZ besucht eine dieser Flüchtigkeit geweihte Disco des holländischen Architektenbüros MVRDV. Die FR tanzt den RAF-Calypso. Und schließlich ein bisschen Information: Die Welt nennt ein paar kulturpolitische Ziele Nicolas Sarkozys.

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07.05.2007. In der Berliner Zeitung fragt sich Elfriede Jelinek, warum sie Ulrich Matthes so gerne sprechen hört. Liegt es am engen Augenstand? Die FR bewundert einen lüsternen Zwerg von Daniel Richter, der noch nach Farbe riecht. Die NZZ informiert über die Musiktradition Hawaiis. Der FAZ ist die chinesische Harmonie unheimlich. Für die taz besucht Gabriele Goettle eine Tätowiererin, die einem Kunden auch den Schwanz verzierte. Zu seiner Zufriedenheit: "Er guckte seinen Schwanz völlig verliebt an und sein Schwanz guckte ihn an. Ich hätte ein Gesicht drauf machen sollen!"

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05.05.2007. Einfach krass! In der taz fordert Jan Delay die Jugend auf, die RAF zu reflektieren und zu merken: "Damals gab es Menschen, die haben tausendmal mehr Haltung an den Tag gelegt als heute irgendjemand." Die NZZ sieht das Institut du monde arabe in Paris bis heute als Fehlschlag. Und Hans-Jörg Rheinberger erklärt, wie das Neue in die Wissenschaft kommt, wenn man gar nicht weiß, was man nicht weiß. Die SZ zeigt sich tief beeindruckt von Alex Gibneys Film "Taxi to the Dark Side", der Guantanamo anprangert.

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04.05.2007. Die NZZ stellt die bekanntesten islamischen Fernsehprediger vor. In der taz will die sebstbewusste fromme Muslima Ayten Kilicarslan kein Mitleid für ihr Kopftuch. In der FAZ schildert der iranische Autor Amir Hassan Cheheltan die Gleichschaltung des Erziehungswesens im Iran. Spiegel online empfiehlt Alex Gibneys Dokumentarfilm "Taxi to the Dark Side" über einen afghanischen Taxifahrer, der in Guantanamo zu Tode gefoltert wurde. Die SZ hörte Orhan Pamuk einen Satz von 155 Zeilen lesen. Die FR versucht, sich ein Bild von Debbie Tucker Green zu machen. In der Welt erklärt Andre Glucksmann, warum ihm Haudrauf Sarko lieber ist als Madonna Sego.

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03.05.2007. In der Zeit bringt der Historiker Tony Judt  dem Kerneuropäer Jacques Chirac eine letzte Huldigung dar. Laut FAZ stolpern die Ungarn über Gunter Demnigs "Stolpersteine". In der Welt erinnert sich Wim Wenders an das Berlin vor zwanzig Jahren, dem er im "Himmel über Berlin" ein Denkmal setzte. Die SZ verteidigt den avantgardistischen Komponisten Brian Ferneyhough gegen die Ungebildeten unter seinen Nichtkennern. Dieter Bohlen verstopft die FR. Die NZZ fragt: Was wird nach der Abschaffung der Buchpreisbindung in der Schweiz? Spiegel Online zeigt an digg.com sehr schön, wie das Web 2.0 seine Erfinder frisst.

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02.05.2007. In der FAZ begrüßt Orhan Pamuk die säkularen Demonstrationen in der Türkei. In einem seiner zahlreichen Interviews, diesmal in der FR, schwärmt Feridun Zaimoglu von der konservativen Ethno-Avantgarde der Neo-Musliminnen. In der Welt stellt Arnold Schwarzenegger ein hundertprozentiges Elektroauto vor, das sogar seinen wasserstoffgetriebenen Hummer in den Schatten stellt. Die taz suchte bei der Berliner "Manon"-Premiere mit Anna Netrebko vergeblich nach einem Neobürgertum. Die Premiere selbst löst bei den Kritikern eher missmutige Reaktionen aus. Hat die Klassik jetzt endgültig vorm Pop kapituliert?, fragt etwa die SZ.