Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
28.04.2007. Die FAZ meldet als "Coup", dass sich die Universität Stanford an Suhrkamp beteiligen will. Die SZ kann dies aber schon dementieren. In der FAZ erklärt auch Ezhar Cezairli, Vertreterin der säkularen Muslime bei der Islamkonferenz, warum sie am Koordinierungsrat der Muslime zweifelt. In Spiegel Online antwortet Necla Kelek auf den linken Antifeministen Feridun Zaimoglu. Wolfgang Sofsky rechnet in der NZZ mit der extremen Unziemlichkeit der modernen Prahlhänse ab. Die Welt druckt eine Reportage Hanna Kralls über einen Gefängnisbesuch beim ehemaligen RAF-Terroristen Stefan Wisniewski. Die taz begutachtet die Kunstszene in Syrien. Und alle ehren den verstorbenen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch.

NZZ, 28.04.2007

Publizist Wolfgang Sofsky hält in der Beilage Literatur und Kunst eine fulminante Brandrede gegen den vulgären Charakter, nach der man unwillkürlich den Rücken durchdrückt. "Er findet sich überall, auf der Straße, im Stadion, in der Schule, in Fernsehstudios, Bierzelten, Konferenzzimmern oder auf Theaterbühnen. Überall ist der vulgäre Charakter eine Erniedrigung der Freiheit. Prompt gehorcht er seinem Ausdrucksdrang. Noch bevor er weiß, was er empfindet, bekundet er Abscheu, Erstaunen oder Wohlgefallen. Vulgarität ist die Extremform der Unziemlichkeit. Nicht aus Unkenntnis, Gedankenlosigkeit oder Protest missachtet der Rüpel die Etikette, sondern aus innerer Unfreiheit. Er ist dem Wechsel seiner Neigungen unterworfen."

Der Kilmawandel ist in der Mongolei schon angekommen, schreibt Galsan Tschinag, Romanautor und Oberhaupt der turksprachigen Tuwa, im Feuilleton. "Im Sozialismus, der sieben Jahrzehnte gedauert und das Denken der heutigen Bevölkerung weitgehend geprägt hat, sprach man von sechs Todfeinden der Mongolei: dem chinesischen Maoismus, dem Weltkapitalismus und den vier Jahreszeiten. Mittlerweile hat das Steppenland mit seinem südlichen Nachbarn wieder Frieden geschlossen und bastelt selber am damals so verhassten Kapitalismus. Die übrigen vier Feinde jedoch sind geblieben. Aber nicht nur das - sie scheinen noch erbitterter geworden zu sein."

Weiteres: Peter Hagmann vermerkt mit Befriedigung, dass das Moskauer Bolschoi-Theater sich der Moderne nicht mehr so strikt verweigert. Selbst wenn Günter Grass seine SS-Mitgliedschaft schon 1963 einmal gestanden hat, verurteilt Joachim Güntner immer noch das spätere Schweigen. Alfred Zimmerlin schreibt zum Tod des Cellisten Mstislaw Rostropowitsch. Barbara von Reibnitz empfiehlt Afrika-Interessierten die aktuelle Ausgabe der Lettre International.

In der Beilage Literatur und Kunst porträtiert Peter Hagmann den britischen Komponisten Brian Ferneyhough, dem Siemens-Preis-Träger 2007. Edu Haubensak stellt den amerikanischen Komponisten Harry Partch vor. Und Rudolf Stamm erinnert an den kroatischen Dissidenten und Dichter Vlado Gotovac.

Besprochen werden eine Ausstellung zum Architekten Oskar Strnad im Jüdischen Museum in Wien, und Bücher, darunter die von Christopher Tolkien herausgegebene Geschichte J.R.R. Tolkiens "Die Kinder Hurins", Einar Karasons neuer Roman "Sturmerprobt" sowie Eric Voegelins nicht mehr vollendetes Hauptwerk "Ordnung und Geschichte" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Spiegel Online, 27.04.2007

Bereits gestern antwortete Necla Kelek in einem Gastkommentar auf Feridun Zaimoglus Anwürfe, Islamkritikerinnen wie sie diffamierten gläubige Muslime und Musliminnen. Dabei stellte er in Aussicht, seinen Platz in der Islamkonferenz für eine Neo-Muslima zu räumen: "Es scheint ihm entgangen zu sein, dass sich die Mitglieder der Islamkonferenz in einem konstruktiven kritischen Diskurs befinden. Die Islamkonferenz ist die erste Institution, in der tatsächlich ein Dialog zwischen Muslimen und mit den staatlichen Institutionen stattfindet. Es ist geradezu revolutionär, dass konservative und säkulare Muslime, Sunniten, Aleviten, Schiiten so intensiv und über lange Zeit miteinander diskutieren. Diese Streitkultur entspricht unserer demokratischen Gesellschaft und ist auch neu für die Vertreter der Islamvereine... Dass Zaimoglu dies zu denunzieren versucht, ist beschämend und zeigt, dass dieser Schriftsteller an demokratischen Prozessen und Diskursen kein Interesse hat. Es ist deshalb konsequent, wenn er diese Konferenz verlässt. Fortschritt und Freiheit für die muslimischen Frauen werden die sich selbst erstreiten müssen. Ich bin dabei."

Berliner Zeitung, 28.04.2007

Im unterhaltsamen Wochenendinterview mit Ulrich Seidler rät der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, davon ab, zum restlos ausverkauften Theatertreffen zu gehen, zu dem er nicht eingeladen wurde. "Das Theatertreffen ist ein stark ideologisiertes Minderheitenprogramm einer bestimmten Gruppe von Kritikern geworden, denen das Theater zum Hals raushängt und die seit Jahren das Gleiche einladen, gleichzeitig immer nach dem Reiz des Neuen gieren - möglichst jung, möglichst weiblich. Auf diese Art und Weise haben diese Überdrusskasperln ja auch schon Christoph Marthaler und Frank Castorf aussortiert. Aber ich will auch nicht zetern. Das Theatertreffen ist unsere Börse, und vielleicht ist das Theater ja so arm, wie es das Theatertreffen erscheinen lässt."

Welt, 28.04.2007

Die Literarische Welt druckt eine Erzählung von Hanna Krall, in der die Reporterin von ihrem Besuch beim RAF-Terroristen Stefan Wisniewski im Gefängnis und dessen polnischem Vater erzählt. Der hatte als Zwangsarbeiter die Konzentrationslager nur mit Glück überlebt. "Stani erzählte von zwei Begebenheiten: wie sie barfuß rund um die Baracke rennen mussten, durch den Schnee, bei Frost, und wie sie beim Appell abgezählt hätten: 'Eins zwei DREI vier fünf SECHS sieben acht NEUN.' Die Häftlinge mit der Drei, der Sechs und der Neun traten aus der Reihe, und das Abzählen begann von vorn: Eins zwei DREI vier - fünf SECHS. Zum Schluss verließen die Dreien, die Sechsen und die Neunen das Lager, die restlichen Häftlinge rückten zur Arbeit aus. Es hieß, die Dreier, Sechser und Neuner arbeiteten im Dorf, beim Bauern. Stani beneidete sie. Er träumte von einer leichteren Arbeit und von einer Verpflegung beim Bauern, und er betete, dass beim nächsten Abzählen die Drei, die Sechs oder die Neun auf ihn fiele. Er wurde nicht erhört. Nach dem Krieg erfuhr er, die Dreier, Sechser und Neuner waren nicht zum Bauern, sondern zur Erschießung gegangen. Das erzählte sie Stefan, als er größer war, aber der Sohn missbilligte den Vater. 'Er hätte kämpfen sollen.'"

Im Feuilleton: Manuel Brug schreibt zum Tod des "revolutionären Cellisten" Mstislaw Rostropowitsch. Gernot Facius klärt über die gegenseitige Anerkennung der Taufe auf, die die Kirchen morgen mit einem Festakt in Magdeburg besiegeln wollen. Hanns-Georg Rodek erinnert an Regisseur Fred Zinnemann, der vor hundert Jahren geboren wurde. Zum 125. Gründungsjubiläum der Berliner Philharmoniker schreibt Volker Tarnow. Im Interview mit Matthias Heine erklärt Regisseur David Lynch, was ihm die Transzendentale Meditation gebracht hat: "Du lernst, in den inneren Ozean des Bewusstseins einzutauchen. Und indem du das tust, belebst du ihn." Peter E. Müller hat sich in Berlin das Musical "Daddy Cool" angesehen.

Auf den Forumsseiten erinnert Helga Hirsch an die Aktion Weichsel, in deren Rahmen Polen mehr als hunderttausend Ukrainer aus den östlichen Gebieten nach Norden und Westen zwangsumsiedelte. Dies sollte helfen, die ukrainische Untergrundarmee zu zerschlagen, die ihrerseits die brutale Vertreibung der Polen aus der Ukraine betrieben hatte.

TAZ, 28.04.2007

Im taz Magazin stellt Judith Luig die syrische Kunstszene von Damaskus vor, die zwischen Selbstzensur und Moderne-Zitat schwankt. "'Syrische Kunst gibt es nicht.' Mahmoud Shahin ist sich sicher. 'Zumindest noch nicht. Vielleicht in 50, vielleicht in 100 Jahren haben wir den Charakter einer arabischen Kunst gefunden - aber jetzt?' Der Professor für Bildhauerei wirft einen Blick auf die Objekte seiner Studenten und sagt: 'Wir stecken mitten in der Testphase.' Die am Vortag im Goethe-Institut in Damaskus' gutsituiertem Stadtteil Malki eröffnete Ausstellung scheint seine These zu belegen. Auf einem Podest umschlingen sich zärtlich halbabstrakte Keramiktauben, in der Ecke kauert ein Gipsmädchen, an der Wand hängt Surrealismus neben Realismus."

Auf den Kulturseiten schreibt Isolde Charim über das heute eröffnende Jüdische Museum im österreichischen Hohenems, das auf Erinnerung und Erfahrung statt auf Gedenken und Glauben setzt. Cristina Nord berichtet vom Westschweizer Festival Visions du Reel, auf dem eine Werkschau des niederländisch-indonesischen Filmemachers Leonard Retel Helmrich gezeigt wurde. Zu lesen ist ein Interview dem jungen Regisseurs Tilmann Köhler aus Weimar, der am Gorki Theater Berlin die Uraufführung der "Separatisten" von Thomas Freyer herausbringt. Besprochen wird Zhang Yimous neues Opus "Der Fluch der Goldenen Blume".

Auf der Meinungsseite erklärt der israelische Politologe Moshe Behar, warum die "Mizrachim", die aus orientalischen Länder nach Israel gekommenen Juden, noch immer einen so geringen sozialen Status haben. Christian Semler fordert von Seiten der Politik und Sicherheitsorgane, ihre Rolle im Kampf gegen die RAF so selbstkritisch zu reflektieren, wie es die linken Aktivisten getan hätten. Und in tazzwei analysiert Martin Reichert angesichts täglicher RAF-Talks und dem neuerlichen Zitieren der Abschreckungsspirale des Kalten Krieges, warum alte Ängste wieder hip sind.

Im tazmag außerdem viele Buchbesprechungen, darunter Olivier Adams französischer Bestseller "Keine Sorge, mir geht's gut", der Roman "Oktober und wer wir selbst sind" von Peter Kurzeck und in der Abteilung Politisches Buch eine Untersuchung von Klaudia Wick zur Rolle von Familienserien im Fernsehen. (mehr dazu in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr)

Schließlich TOM.

FR, 28.04.2007

In einem ausführlichen Nachruf würdigt Stefan Schickhaus den verstorbenen Cellisten und Dirigenten Mstislaw Rostropowitsch. "Flach war an Mstislaw Rostropowitschs Cellospiel allerdings wirklich nur die Lage des Instruments, das er mehr auf als vor sich zu halten pflegte. Der Ton selbst, sein Musizieren hatte immer Fülle, Größe, Ausdruck und Farbe, war so verschwenderisch und vollschlank, wie man heute nicht mehr unbedingt jede Musik angehen würde. Rostropowitsch, der letzte seiner Generation, war ein emotionaler Vollblutmusiker, ein überbordend Expressiver, ein Glühender, der sich ganz versenken konnte in jede Gestimmtheit der Musik. Distanz gab es bei ihm nie."

Weiteres: Judith von Sternburg informiert darüber, dass Karl Kraus' "Fackel" (April 1899 bis Februar 1936) als Teil des Austrian Academy Corpus, einer elektronischen Textsammlung zur österreichischen Sprache und Literatur, kostenlos im Internet zugänglich ist. Mark Obert porträtiert den Schriftsteller, Sachbuchautor und FR-Mitarbeiter Michael Rudolf, der seit fast drei Monaten vermisst wird.

Besprochen werden eine Ausstellung mit Arbeiten der aus Pommern stammenden Modejournalistin und Fotografin Re Soupault im Berliner Martin-Gropius-Bau, außerdem eine Ausstellung der "raffinierten" Plakatkunst von Gunter Rambow im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst und das Buch zur Identitätskrise "Anleitung zum Männlichsein" von Andreas und Stephan Lebert. (siehe hierzu unsere Bücherschau des Tages ab 14 Uhr)

FAZ, 28.04.2007

Ezhar Cezairli, Vertreterin der säkularen Muslime bei der zweiten Islamkonferenz am kommenden Mittwoch, zweifelt im Interview mit Karen Krüger die Legitimation des neu gegründeten Koordinierungsrats der Muslime an: "Sollte die Bundesregierung den Dachverband als Vertreter aller Muslime anerkennen, wäre das ein schwerer Schlag und die Islamkonferenz in Frage gestellt." Cezairli möchte an der Islamkonferenz festhalten, die ins Leben gerufen wurde "um einen Dialog zwischen Muslimen und staatlichen Vertretern zu initiieren. Das ist gelungen. Außerdem diskutieren dort säkulare Muslime mit solchen Muslimen, deren religiöses Weltbild konservativ, mitunter sogar fundamentalistisch ist. Diese Diskussion ist wichtig, denn es gibt die starke Tendenz, soziale Probleme religiös umzuformulieren und sie damit unter die Zuständigkeit der religiösen Verbände zu bringen. Das aber ist ein Etikettenschwindel, gegen den wir uns wehren müssen."

Weiteres: Hubert Spiegel hofft, das etwas dran an dem Gerücht sei, die Universität Stanford könnte bei Suhrkamp einsteigen: "Dabei kann man sich mit ein wenig Phantasie durchaus folgendes Szenario ausmalen: Stanford unterbreitet Andreas Reinhart ein großzügiges Angebot und übernimmt 29 Prozent von Suhrkamp. Reinhart, der eigenem Bekunden zufolge nichts mehr mit dem Verlag zu tun haben möchte, löst die Vereinbarung mit den Investoren Grossner und Barlach und kann das Kapitel Suhrkamp beenden."

Weiteres: "Schäbig" findet es Gerhard Stadelmaier, dass Peter Zadek der Europäische Theaterpreis aberkannt wurde, weil er durch die Erkrankung seines Hauptdarstellers Otto Sander verhindert war. Wolfgang Sandner schreibt nicht nur zum Tod des russischen Cellisten, Pianisten und Dirigenten Mstislav Rostropowitsch. Er freut sich auch ungemein darüber, dass dem Beethoven-Haus nun das Original-Manuskript der Diabelli-Variationen angeboten wurden. Patrick Bahners würdigt den gestorbenen Historiker Arno Borst. Hingewiesen wird auf den Start der Kurzfilmtage in Oberhausen.

Auf der Schallplatten- und Phonoseite geht es um das neue Album "Beyond" der alten Band Dinosaur Jr., "Leaving the Cave" vom deutschen Jim Wayne Swingtett, neue Aufnahmen von Schubert-Liedern sowie eine Liszt-Platte des russischen Pianisten Arcadi Volodos.

In Bilder und Zeiten knüpft sich Julia Voss die Tiere der Politiker vor. Paul Ingendaay erinnert an die Probleme der Hunde in Spanien. Matthias Hannemann erzählt den ehemaligen Motorradrocker und jetzigen Elefantenpaten Chris Gallucci. Tilmann Lahme unterhält sich mit der Verhaltensbiologin Julia Fischer über Unterhaltungen innerhalb der Tierwelt.

Besprochen werden die Schau zur französischen Gegenwartskunst "Airs de Paris" im Centre Pompidou in Paris, die Schau der "Moderne in Liegnitz" im Architekturmuseum im polnischen Breslau, ein Auftritt des Rappers Sido in Frankfurt, die Retrospektive des Fotografen Brassai im Berliner Martin Gropius-Bau, und Bücher, darunter Jachym Topols Roman "Zirkuszone" und Julian Barnes' Roman "Arthur & George" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Hans-Ulrich Treichel bereichert die Frankfurter Anthologie um den Kommentar zu Joseph von Eichendorffs "Täuschung"

"Ich ruhte aus vom Wandern,
Der Mond ging eben auf,
Da sah ich fern im Lande
Der alten Tiber Lauf,
Im Walde lagen Trümmer,
Paläste auf stillen Höh'n
Und Gärten im Mondesschimmer -
O Welschland, wie bist du schön!
..."

SZ, 28.04.2007

Als komplette Ente beschreiben Jörg Häntzschel und Volker Breidecker den Coup, den die FAZ heute in ihrer Ausgabe erhofft. Demnach plane die amerikanische Universität Stanford angeblich, sich am Suhrkamp Verlag zu beteiligen. "Eine amerikanische Universität als Gesellschafterin eines deutschen Belletristikverlags? - Es ist kein Wunder, dass die Geschichte so unglaubwürdig klingt: Sie ist falsch. 'Nichts daran ist wahr', versicherte Steve Hinton, der Dekan der School for Humanities and Sciences, der von der FAZ als einer der Initiatoren des Einstiegs bei Suhrkamp genannt wird, am Freitagabend der SZ. 'Ich bin sprachlos', sagte er, 'das ist unglaublich'. Die Sprecherin der Universität, Elaine Ray, bestätigte Hintons Dementi. 'Die Zusammenarbeit mit Suhrkamp wird rein akademischer Natur sein. Darüber hinaus gibt es keine Pläne.' Laut Hinton, der gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Komparatistik-Professor Hans Ulrich Gumbrecht, die Verhandlungen mit Suhrkamp führt, gehe es bei dem gemeinsamen Projekt ganz einfach darum, 'Material von Stanford-Symposien und Werke von Stanford-Forschern in einer eigenen Suhrkamp-Reihe zu veröffentlichen.'"

Der ehemalige tschechische Ministerpräsident Vaclav Havel sorgt sich im Interview mit Klaus Brill und Hans Werner Kilz um Russland und Kuba, und plädiert für die Stationierung des amerikanischen Raketenschilds. "Das Projekt Radarschirm ist für die Sicherheit des Staates sehr gut, es ist ein sehr guter Schutz gegen mögliche Bedrohungen. Überdies kostet es uns nichts, und es stärkt die tschechisch-amerikanischen Beziehungen. Es ist immer gut, wenn Amerika ein bisschen in Europa verankert ist. Denn die größte Gefahr für Europa ist Europa selbst. Seien wir uns immer dessen bewusst, welche Weltkriege hier in Europa ausgebrochen sind, und die Amerikaner haben dann immer die Situation gerettet."

Im Feuilleton verabschiedet Wolfgang Schreiber den "legendären" russischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch. Jürgen Berger stellt den jungen Regisseur Tilmann Köhler vor, der mit seiner Weimarer Inszenierung von Ferdinand Bruckners "Krankheit der Jugend" zum Berliner Theatertreffen eingeladen ist und in München mit seiner "Othello"-Inszenierung das Festival Radikal jung im Müncher Volkstheater eröffnet. Constanze von Bouillon resümiert eine Berliner Tagung zum Thema RAF-Terroristen in der DDR. Wolfgang Schreiber zieht eine positive Bilanz der Wittener Tage für neue Kammermusik. Gustav Seibt würdigt in einem Nachruf den Historiker Arno Borst. Ein weiterer Nachruf gilt Jack Valenti, dem Ex-Chef des US-Studioverbandes. Dokumentiert wird außerdem der Text "Die Starnberger Republik", mit dem Stephan Lebert und Stefan Willeke den diesjährigen Herbert Riehl-Heise-Preis gewannen.

Besprochen werden die Ausstellung "Airs de Paris", mit der das Centre Pompidou seinen 30. Geburtstag feiert, eine Ausstellung des "bayrischen Rembrandt" Christopher Paudiß im Dommuseum Freising, eine Inszenierung von Händels "L?Allegro, il Penseroso ed il Moderato" an der Pariser Oper, Birgit Möllers Film "Valerie" über den Absturz eines Models und Bücher, darunter die Studie "Der deutsche Napoleon-Mythos" von Barbara Besslich und der Roman "Die Geschichte der Wapshots" von John Cheever (alle Rezensionen in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

In der Wochenendbeilage porträtiert Antje Wewer den amerikanischen Modeschöpfer Ralph Lauren, der, seit er die Kostüme für die Verfilmung von "The Great Gatsby" schneiderte, ein "gemachter Mann" war. Christoph Schwennickes Porträt des Kulturhistorikers Ernst Franz Sedgwick Hanfstaengl, der Auslandspressechef der NSDAP war. Und ein Interview mit der amerikanischen Musikerin Tori Amos.