Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Februar 2006

Heute in den Feuilletons

28.02.2006. Der Tagesspiegel sieht einen "Orest" der tausend Diskurse. In der Welt erklärt der Islamwissenschaftler Ralph Ghadban, wie China Saudiarabien hilft, vom Westen unabhängig zu werden. Die taz porträtiert drei Hippiemädchen aus den Sechzigern, die wieder en vogue sind. Die NZZ feiert Peter Konwitschnys geniale "Holländer"-Inszenierung. In der FAZ ärgert sich Hubert de Givenchy über Mode und Models von heute. Die SZ überfällt beim Gespräch mit Richard Sennett anfallsartige Zuneigung für den Soziologen.

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27.02.2006. In der Welt fragt Viktor Jerofejew: Wann hört der russische Winter endlich auf? In der taz lässt sich Gabriele Goettle die Kunst der Patientenabformung erklären. Die NZZ spottet über die deutsche Angst vor Überfremdung. Lars-Ole Walburgs Münchner Inszenierung des "Kirschgartens" laboriert nach übereinstimmender Meinung der Korrespondenten an ihrer Überdeutlichkeit

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25.02.2006. Die Welt staunt, wie Günter Grass vom einstigen Opfer sittenstrenger Normalbürger zu ihrem Verteidiger werden konnte. In der NZZ erinnert Drago Jancar an die Massaker, die Titos Partisanen nach Kriegsende in Slowenien verübten. In der SZ beklagt Karen Greenberg die amerikanische Politik der Folter. In der FAZ liefert Rechtschreibreform-Gegner Theodor Ickler eine Chronik "fortlaufenden Schwachsinns". Die Berliner Zeitung blättert durch das virtuelle Poesiealbum Myspace.com. Und die FR bewundert die Schauspielerin Astrid Meyerfeldt in goldglitzernden Stilettos.

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24.02.2006. In der FAZ wirft Necla Kelek ihren Kritikern vor, den Islam zu verharmlosen. Die Welt geht einigen Spuren des "Da Vinci Codes" nach, findet aber keinen Gral, sondern überteuerte Totenmessen. Die NZZ fürchtet 50 Jahre nach Chruschtschows Rede vom 20. Parteitag eine Rückkehr des Stalinismus. In der Berliner Zeitung verlangt Yoko Ono eine Entschuldigung von Dänemark. In der SZ erklärt der Schriftsteller Richard Swartz, warum Serbien seine Kriegsverbrecher nicht ausliefert.

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23.02.2006. In der SZ wendet sich Peter Esterhazy gegen die Prosaschriftstellerinnenintoleranz der Ungarn. Die Zeit würdigt die Kunst des neunschwänzigen Verrisses. In der FAZ wehrt sich Yasemin Karakasoglu gegen die Angriffe von Alice Schwarzer. Im Tagesspiegel ruft Peter Schneider den Islam zur Öffnung auf. Die taz feiert Wisit Sasanatiengs Eastern-Melodram "Tears of the Black Tiger".

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22.02.2006. Das "Tal der Wölfe" und Gerhard Stadelmaier treiben die Feuilletons weiter um. Ersteren hält die taz für einen antisemitischen Hetzstreifen, die FR als Beispiel für straffreien schlechten Geschmack. In der Welt verteidigt Hellmuth Karasek den FAZ-Kritiker, die SZ tadelt salomonisch beide Seiten. In der SZ fordert auch Jim Rakete für den deutschen Film mehr riskante Stoffe. Die NZZ erklärt ein französisches Grundprinzip: "Je schmaler die Einsicht, umso pompöser der Stil". 

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21.02.2006. In der FAZ beschreibt Kerstin Holm, wie Wladimir Putin in Russland muslimische Empfindlichkeiten exekutiert. In der SZ fragt Regisseur Nicolas Stemann, wer in der Stadelmaier-Affäre eigentlich der freie Künstler ist und wer der Fundamentalist. In der Welt datiert Niall Ferguson die große Zeitenwende von 1989 auf 1979 um. Die NZZ wandelt durch die neue Kunststadt Mailand. Die FR lobt Martin Kusejs Totentanz der Verlorenen. Die taz probiert Couscous mit Blutwurst.

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20.02.2006. Die Stadelmaier-Tragödie hält die Feuilletons weiter in Atem. Die FR ist nicht einverstanden mit der Darstellung der FAZ, deren Kritiker am Donnerstag vom Schauspieler Thomas Lawinky angepöbelt worden war, und bezichtigt die Oberbürgermeisterin Petra Roth der Willfährigkeit gegenüber der FAZ. Die FAZ äußert sich zufrieden über den Rausschmiss des Schauspielers. Die SZ gibt Stadelmaier Gelegenheit zu nochmaliger Darstellung des Angriffs. In der Berliner Zeitung erklärt Regisseur Sebastian Hartmann: "Mich hat von denen keiner angerufen." Den Berlinale-Berichterstattern fehlten im Wettbewerb die großen Autorenfilmer.

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18.02.2006. Im größten Frankfurter Theaterskandal des 21. Jahrhunderts wurde der Kritiker Gerhard Stadelmaier von dem Schauspieler Thomas Lawinky bedroht und beleidigt. Gerhard Stadelmaier berichtet in der FAZ. In der FAZ wird auch die empörte Reaktion der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth dokumentiert. Laut einem Bericht der SZ wurde der Schauspieler einvernehmlich gefeuert, die Intendantin Elisabeth Schweeger hat sich entschuldigt, Gerhard Stadelmaier wolle dennoch Strafanzeige stellen. Sonst ist eigentlich nichts passiert.

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17.02.2006. Die Welt fragt: Und was ist, wenn der Karikaturenstreit die Antwort verbitterter Extremisten auf die gelungene Integration vieler Muslime in Europa ist? Die NZZ stellt das christliche britische Online-Magazin Ship of Fools vor, das sich auf religiöse Witze spezialisiert hat. In der FAZ begutachtet Hannelore Schlaffer neue Frauenmagazine für die Frau um 40. In der FR verteidigt Migrationsforscher Mark Terkessides seinen Aufruf gegen Necla Kelek.

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16.02.2006. Die FAZ sieht den türkischen Film "Das Tal der Wölfe" als statement zum clash of civilisations. In der Zeit zeigt sich Robert Menasse verwundert über die Angela-Merkel-Bewunderer. In der NZZ erklärt Jiri Grusa, was Europa und der Rest der Welt von Tschechien lernen können: dass Gott Nuancen hat. In der Welt outet der Theologe Friedrich Wilhelm Graf den Islamismus als Phänomen der Weltwirtschaft. Viel bewundert wird die scheue Intensität der Laien in Valeska Grisebachs Berlinale-Beitrag "Sehnsucht".

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15.02.2006. In der Welt stellt der Soziologe Wolfgang Sofsky die Diagnose: "Die Masse der Frommen will schächten und verbrennen." Die FAZ schlägt neuartige Brüche mit der politischen Korrektheit vor. Die FR begeht den 150. Geburtstag von Heinrich Heine. Michael Winterbottoms Berlinale-Beitrag "The Road to Guantanomo" erntet Jubel und Ablehnung. Der Tagesspiegel veröffentlicht eine Solidaritätsadresse von Karikaturisten für seinen Zeichner Klaus Stuttmann.

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14.02.2006. Der Tagesspiegel bringt ein Interview mit dem Karikaturisten Klaus Stuttmann, der durch eine Zeichnung der iranischen Fußballmannschaft den Zorn der Iraner auf sich zog. Der gestrige Botho-Strauß-Essay aus dem Spiegel versetzt die Feuilletons in Wallung. Die Reaktionen reichen von Anerkennung bis hin zur Diagnose von Stammtischressentiments. Ebenfalls umstritten: Matthias Glasners deutscher Wettbewerbsfilm "Der freie Wille" bei der Berlinale.

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13.02.2006. Im Spiegel dankt Botho Strauß den Islamisten für das Ende der Beliebigkeit. In der FAZ erläutert Frank Schirrmacher Strauß' Begriff der "Vorbereitungsgesellschaft". In der SZ begreift Antje Vollmer die Krise des Hollywood-Kinos als Chance für den deutschen Film. Außerdem meldet die SZ die Rückkehr des Franz-Xaver Kroetz. Oskar Roehlers Verfilmung der "Elementarteilchen" dominiert die Berlinale-Berichterstattung. Manche sind begeistert, andere enttäuscht.

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11.02.2006. In der Debatte um Necla Kelek öffnen sich neue Fronten. Die taz bezichtigt sie, deutsche Ressentiments zu bedienen, während Alice Schwarzer in der FAZ mit Keleks Kritikern abrechnet. Die NZZ führt in die moderne arabische Literatur ein. In der Welt wirft Elif Shafak beiden Seiten im Karikaturenstreit Hassreden vor. Moshe Zimmermann hat dagegen in der SZ schon alles kommen sehen.

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10.02.2006. In der Welt spricht Günter Grass dem Westen ein Recht auf das Recht auf Meinungsäußerung ab. In der NZZ sieht der Islamwissenschaftler Ralph Ghadban im Karikaturenstreit vor allem eine Machtdemonstration der Islamisten. In der FAZ empfiehlt der katholisch-evangelische Theologe Klaus Berger eine virtuelle Eingemeindung der Muslime. Die taz freut sich über die Rückkehr des Braunbärs in die Alpen. Und die SZ hat herausgefunden: Wenn es beim Flachdach ein Problem gibt, dann ist es eine Neigung.

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09.02.2006. In der FAZ wundert sich Daniel Kehlmann, dass man mit Satire Freunde gewinnen kann. Außerdem weist die FAZ nach, dass keiner der Migrationsforscher, die Necla Kelek kritisieren, je selbst zum Thema der türkischen Zwangsheiraten geforscht hat. Die Welt bringt eine Hommage Claudio Magris' auf Turin. Die NZZ bewegt sich zu den Klängen des Coupe-Decale im Stil des drogbacite (alles mit accent aigu, der von der Perlentaucher Technik zensiert wird!) Zu Beginn der Berlinale wird der deutsche Film in mehreren Zeitungen als Kulturgut, Wirtschaftsfaktor und Arbeitsplatzbeschaffer gewürdigt. Auch über neue Karikaturen zum Karikaturenstreit wird berichtet.

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08.02.2006. Die dänischen Karikaturen sind nach wie vor Thema Nummer 1. In der SZ analysiert Navid Kermani die Genese des Streits. In der taz gesteht Harald Schmidt, dass er sich Witze über den Islam nicht trauen würde. Und Bahman Nirumand berichtet über gemäßigte Stimmen im Iran. Die Welt fragt nach den Motiven des Aufrufs gegen Necla Kelek. In der FAZ jubelt Werner Spies über eine Bonnard-Retrospektive in Paris. Im Tagesspiegel spricht Klaus Theweleit über das meist erwartete Meisterwerk der Berlinale, Terence Malicks Film "The New World", den er als "kolonialistischen Soft-Porno" erlebte.

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07.02.2006. In der SZ beschreibt Gustav Seibt den Kulturkampf im Zeitalter der mobilen Kommunikation. In der taz ruft der gefürchtete Anwalt Jony Eisenberg: Schluss mit der frechen Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch die Religiösen. Die NZZ berichtet, dass sich Nagib Machfus der religiösen Zensur unterwirft.

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06.02.2006. Im Karikaturenstreit melden sich viele beschwichtigende Stimmen zu Wort. Die NZZ fragt, welche Freiheit verlieren wir, wenn wir auf unsere Freiheit verzichten? In der taz rät der Islamwissenschaftler Michael Kiefer: "einfach schweigen." Nur Sonia Mikich ruft: "Ich bin beleidigt." In der Welt will Tariq Ramadan Vernunft und Religion in Einklang bringen. Weiteres: In der SZ versetzt uns Orhan Pamuk in Hüzün. Und George Taboris "Godot"-Inszenierung findet widersprüchliche Aufnahme.

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04.02.2006. In Spiegel Online fordert der Schriftsteller Ibn Warraq vom Westen: Entschuldigt euch nicht! In der Berliner Zeitung fordert Richard Wagner eine Entschuldigung vom iranischen Staatspräsident Ahmadinedschad. In der SZ erklärt Georg Klein die islamistischen Konvulsionen der Frömmigkeit als hoffnungslose Abwehrreaktion gegen den großartig-verführerischen Kult des Konsums. Die FAZ stellt klar: Toleranz darf nur erwarten, wer selbst tolerant ist. Die Welt erklärt, warum die ungarische Filmbranche so sanft zu Istvan Szabo ist. Überall werden Lars Brandts Erinnerungen an Vater Willy besprochen.

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03.02.2006. Necla Kelek in allen Feuilletons. Gestern nahmen sechzig Migrationsforscher ihren Mut zusammen, um sie in der Zeit zu kritisieren. Heute antwortet Kelek in taz, Welt und SZ mit einer Kritik an den Migrationsforschern. Auch die FAZ steht Kelek in dem Streit bei. Im Karikaturenstreit dominieren mutige Aufrufe zu einer zurückhaltenden Veröffentlichungspolitik. Nur der Muslim Ali S. verteidigt im Tagesspiegel den Abdruck der Karikaturen.

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02.02.2006. Der dänische Karikaturenstreit beschäftigt die Zeitungen weiter. Die FR schildert Dänemark als ausländerfeindlich. Die NZZ berichtet über den Vorschlag, zur Versöhnung in Kopenhagen eine schöne Moschee zu bauen. Die FAZ fordert möglichst viele Medien auf, die Karikaturen zu veröffentlichen. Außerdem quält die Zeit Peter Handke mit einem Interview. Und in der SZ fragt sich Gustav Seibt, wozu die Berliner Akademie der Künste eigentlich noch gut ist.

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01.02.2006. Die Welt bringt als einzige deutsche Zeitung die Mohammed-Karikaturen, die Dänemark an den Rand einer außenpolitischen Krise brachten. In der Welt erklärt Simon Rattle, welche Musik ihm Angst macht. In der Welt erklärt Robert Menasse, was ein gutes Kochbuch ist. In der Welt erklärt der ungarische Publizist Paul Lendvai, dass Istvan Szabo keineswegs der einzige prominente Stasi-Spitzel des Landes war. Die NZZ schildert eine perfide Variante des Skulpturendiebstahls: Eine Henry-Moore-Skulptur bringt als Altmetall 5000 Pfund. Die SZ stöhnt über den Fluch des Rohstoffreichtums.