Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
18.05.2002. Die SZ berichtet über ein Erdbeben in Ungarn: Peter Esterhazy hat festgestellt, dass sein Vater für die ungarische Stasi spitzelte und ein Buch darüber geschrieben. Die FAZ macht die faule Harmonie der politischen Klasse für den Rechtspopulismus in Europa verantwortlich. Die taz fordert demokratische Teilhabe für alle. In der FR diskutieren Natan Sznaider und Navid Kermani über den Nahostkonflikt.

FAZ, 18.05.2002

Dirk Schümer sucht nach Gründen, warum überall in Europa rechtspopulär gewählt wird. "Nicht eine homogene Welle von rechts, sondern die faule Harmonie der Verwalter und Troubleshooter in Europas Politik hat die Populisten geboren", meint Schümer. "Europas Establishments haben sich eben darauf geeinigt, bestimmte Konflikte zu Tabus zu erklären und ihnen im politischen Diskurs keinen Zentimeter Raum zuzuerkennen." Dazu gehören vor allem die Einwanderung und Europa, beides Themen, die von "höchster Virulenz sind. Und doch gibt es keine demokratische Partei auf dem Kontinent, die an die Tabus rühren würde und die negativen Folgen der Zuwanderung bekämpfte oder die Schattenseiten von Europa durch demokratische Überprüfung auflichtete. Und so haben die vereinten Sozial-, Christ- und Liberaldemokraten die beiden wichtigsten Zukunftsfragen obskuren Demagogen, Amateuren und Bauernfängern in die Hand gegeben."

Christian Schwägerl berichtet von einem Streit über die neuen Biotechnologien, den der Politologe Francis Fukuyama und Gregory Stock im Internet ausgetragen haben. Francis Fukuyama, dessen Buch "Our Posthuman Future" heute erscheint, fordert im Namen des Liberalismus mehr Grenzen: "Wäre das Projekt einer gentechnischen Verbesserung von Intelligenz oder Aussehen erfolgreich, könne sich eine auserlesene Untergattung vom naturbelassenen Rest abspalten. Dann aber breche ein liberales Staatswesen mangels Gemeinsamkeit seiner Mitglieder auseinander." Gregory Stock dagegen, Autor von "Redesigning Humans" und Vertreter der kalifornischen Hippie-Kultur, "plädiert für einen Ausstieg aus den Konventionen der Vererbung und des natürlichen Zufalls" zum Wohle der ganzen Menschheit. "Selbstverwirklichung ist für Stock ein lusterfülltes biologistisches Projekt, eine neue molekulare Ausdrucksfreiheit." Damit nicht nur Reiche davon profitieren, müsse man die neuen Techniken eben allen zugänglich machen.

Angelika Heinick erzählt die traurige Geschichte eines elsässischen Kunstliebhabers und -diebs, der insgesamt 172 Kunstobjekte aus Museen in der ganzen Welt gestohlen hat. Nachdem er geschnappt worden war, zerstörte seine Mutter die Beweismittel. Sie zerschnitt unter anderem Gemälde von Boucher, Watteau und Brueghel und warf die Reste in den Rhein-Rhone-Kanal.

Weitere Artikel: Andreas Rossmann berichtet über den Museumskomplex am Kölner Neumarkt, der nach Abriss des Josef-Haubrich-Forums gebaut werden soll. Wilfried Wiegand hat in Cannes Filme von Rosanna Arquette, Mike Leigh und Mario Bellocchio gesehen. Edo Reents war beim Konzert von Wilco in Hamburg. Gerhard Stadelmaier kündigt den Tod des TAT an. Niklas Maak hat das Legoland in Günzburg besucht. Andreas Rosenfelder meditiert über Johannes Raus Wille zur Einigkeit. Jörg Magenau berichtet über die Eröffnung der Hermann-Hesse-Ausstellung "WeltFlechtWerk" (mehr hier) im Berliner Kulturforum durch Johannes Rau. Tw. gratuliert dem Produktdesigner Dieter Rams zum siebzigsten Geburtstag. Michael Jeismann schreibt zum Tod der Publizistin Salcia Landmann. Und auf der Medienseite porträtiert Michael Hanfeld Philipp Baum und Hartmut Schulz, die Sprecher von ZDF und Kirch.

Besprochen werden eine Ausstellung über Hexenwahn im Berliner Kronprinzenpalais, eine sensationelle Aufführung von Schönbergs "Moses und Aron" in Palermo und Bücher, darunter zwei Bände über Nietzsche und die Architektur und John Wrays "großer Österreich-Roman" "Die rechte Hand des Schlafes" (siehe auch unsere Bücherschau Sonntag ab 11 Uhr).

Was von Bilder und Zeiten übrig blieb: Julia Spinola hat Györgi Ligeti besucht, der sich daran erinnert, wann er das erste Mal elektronische Musik (Stockhausens "Gesang der Jünglinge") gehört hat: "Es war am 7. November 1956 während des Aufstands in Ungarn, im Radio. Es war nachts, draußen wurde wild geschossen, und die Störsender waren ausgefallen. So konnte man zum ersten Mal etwas aus dem Westen hören, ohne diese Störsender, die immer so jaulten." Schließlich hält Peter Stepan ein Plädoyer für die Meisterforschung, die anonyme afrikanische Kunsthandwerker namentlich zu identifizieren sucht.

In der Frankfurter Anthologie stellt Tilman Spreckelsen "Wiedersehen mit Berlin", ein Gedicht von Hans Sahl vor: "War ich je hier? Ich war es immer / und sah Berlin in vielen Träumen brennen. / (Das Nahe ist nie nah, nur das Entfernte.) / Ich gehe durch die Stadt, die ich verlernte, / ich werde wieder Straße, Nacht und Regen / und gehe mit den Toten in der Menge ..."

NZZ, 18.05.2002

Joachim Güntner greift eine Geschichte des Spiegels auf und spinnt sie fort: Danach hat der Piper Verlag lange Jahre den SS-Mann Hans Rössner als Verlagsleiter beschäftigt, ohne dass die Autoren - darunter Hannah Arendt - davon wussten. "Eine Foto zeigt, wie sich Verlagsleiter Rössner lächelnd über die beiden Mitscherlichs beugt, als sie ihr Buch 'Die Unfähigkeit zu trauern' präsentieren - ausgerechnet. Und als Ingeborg Bachmann beruhigt werden soll, als sie mit Piper bricht, weil der ihre geliebte Anna Achmatowa vom Nazi-Barden Hans Baumann übersetzen ließ, wer reist da in diplomatischer Mission nach Rom? Dr. Rössner."

Weitere Artikel: Andrea Köhler berichtet von zwei Bestsellern in den USA, die geeignet sind, "das Bild einer einhellig patriotischen Nation zumindest in Frage zu stellen": Noam Chomskys "9-11" (Nation Booksauf deutsch (naja) "The Attack") und Gore Vidals "Perpetual War for Perpetual Peace. How We Got to Be So Hated" (Nation Books). Beide suchen die Schuld für die Terroranschläge bei den USA. Daniele Muscionico beschreibt das "Piratenschiff" Arteplage Mobile du Jura, das auf der Expo 02 die Drei-Seen-Landschaft verunsichert. "Wenn es eines der vier Expo-Territorien zwischen Biel und Yverdon attackiert, camoufliert es sich akustisch nach Belieben als Vogelschwarm, Hochseedampfer oder Speed-Metal-Band, als wär's ein Geisteskind der Künstlerin und Ex-Expo-Muse Pipilotti." Gebaut hat es aber der Pariser Architekt Didier Faustino. Matthias Wegner gratuliert dem Schriftsteller Hans Sahl zum hundertsten Geburtstag. Und Beatrice Eichmann-Leutenegger schreibt zum Tod der Publizistin Salcia Landmann. Besprochen wird die Ausstellung "Iconoclash" im ZKM Karlsruhe.

In der Wochenendbeilage Literatur und Kunst erzählt Stefan Weidner vom Balanceakt - in dem er auch eigene Erfahrungen hat -, orientalische Literatur zu vermitteln. Verlage haben nicht viel Geld für solche Experimente, weshalb "alles, was derzeit an arabischer Literatur in Deutschland vermarktet wird, die persönliche Handschrift literaturvermittelnder Einzelkämpfer" trägt. Das ist besser als nichts, führt aber auch zu Spannungen: "Als der Verfasser dieses Artikels vor zwei Jahren eine Anthologie moderner arabischer Lyrik herausgab, musste er erleben, wie tief getroffen zahlreiche Autoren waren, die zunächst in die engere Auswahl kamen und dann, vor allem aus Platzgründen, doch nicht in die Anthologie aufgenommen werden konnten ... Unter anderem wurde dem Herausgeber die böswillige Verfälschung des Bildes der arabischen Dichtung und die Verleumdung der Araber vorgeworfen ... Zwar lassen sich solchen Kritiken meistens persönliche Motive unterstellen; dennoch sind sie deswegen sachlich nicht unberechtigt", grübelt Weidner.

Wie wichtig ist eigentlich der Lektor für das Gelingen einer Übersetzung? Die Übersetzerin Melanie Walz und der Lektor Karl Heinz Bittel, die beide an der deutschen Ausgabe von Lawrence Norfolks "In Gestalt eines Ebers" gearbeitet, liefern einen Werkstattbericht.

Weitere Artikel: Matthias Frehner hat den Künstler Helmut Federle in Wien besucht. Felix Philipp Ingold stellt den exilrumänischen Schriftsteller Gherasim Luca (mehr hier) vor, von dem jetzt eine Textauswahl bei Gallimard erschienen ist. Gabriele Killert und Richard Schroetter beschreiben die Metamorphosen des Künstlers Alberto Savinio (mehr hier). Angelika Affentranger-Kirchrath untersucht Aspekte des Romantischen im Werk des Künstlers Franz Gertsch (mehr hier). Besprochen wird Valere Novarinas Theaterstück "L'Origine rouge".

TAZ, 18.05.2002

Im Magazin der taz denkt Verena Kern über das Nachdenken über unsre Gesellschaft nach, das seit Erfurt wieder Konjunktur hat. Viel zu einseitig sei unser Selbstbild, meint sie, als dass eine zukunftsweisende Antwort draus würde. "Immer fallen dieselben Wendungen: Unsere Gesellschaft ist pluralistisch, sie ist von Individualismus geprägt, sie ist dem Liberalismus verpflichtet, sie ist offen, zivil, frei ... Aber - hier liegt das Problem - im Kern sind die Selbstzuschreibungen nichts als defensiv ... Der Punkt ist, dass die Gesellschaft den gewachsenen Anspruch ihrer Mitglieder auf demokratische Teilhabe, auf Partizipationsmöglichkeiten und Chancengleichheit bislang nicht beantwortet hat. Sie nimmt ihn nicht einmal zur Kenntnis. Sie macht keinerlei Anstalten, ihre Spielregeln nach der Maßgabe aller zu bestimmen, unter Einschluss und Berücksichtigung aller Interessen."

Kulturell geht's weiter mit der Checkliste Medizin, in der sich Gerrit Bartels um den Diabetes mellitus kümmert, und mit Besprechungen: Zu einer Richard Prince-Werkschau im Kunstmuseum Wolfsburg, zu Marco Bellochios weihgeräuchertem Cannes-Beitrag "L'ora di religione", und zu Walter Kempowskis neuestem Echolot-Band "Barbarossa 1941" (mehr hier), den Ansgar Warner mitnichten für eine "didaktikfreie Geschichtszone" hält. (Siehe unsere Bücherschau morgen ab 11 Uhr.)

Schließlich Tom.

FR, 18.05.2002

In einen Auszug aus einem E-Mail-Wechsel zwischen Navid Kermani und Natan Sznaider (der in der nächsten Lettre in erweiterter Form erscheint) erklärt der in Haifa lehrende Soziologe Sznaider, wie sich seine Einstellung zu den Palästinensern mit der Unmittelbarkeit der Bedrohung veränderte: "Es war mir einfach nicht mehr möglich, die Situation der Palästinenser zu verstehen, ihr Leiden in meine Überlegungen einzubeziehen. So selbstlos kann ich leider nicht sein, wenn plötzlich die eigene Existenz auf dem Spiel steht. Ich habe mir ihre Rahmenbedingungen aufdrücken lassen, it's either us or them. Und plötzlich wurde aus 'mir' ein 'uns', und ich war erfüllt von einer Mischung aus Hass und Angst. Sie hörten damit einfach auf, unschuldige Opfer zu sein, sie wurden zu schuldigen Tätern."

Als "Kompensationsgeschäft" für ein missratenes Kanzleramt begreift Christian Thomas die sich zum monumentalen "Ballast der Republik", zur nationalen Schicksalsfrage auswachsende Sehnsucht nach einem Berliner Stadtschloss. "Es ist atemberaubend, wie stoisch Repräsentanten der Bundesrepublik, von Ausnahmen abgesehen, es hinnehmen, dass eine stadthistorische Entscheidung als eine staatsästhetische Kontroverse ausgetragen wird. Ob absichtsvolle Verwechslung oder arglose Konfusion: Diese Übertragung erklärt möglicherweise auch, warum maßgebliche Stadtschlossenthusiasten eine scheinbar nationale Bauaufgabe nicht den Unwägbarkeiten eines Architekturwettbewerbs aussetzen wollen."

Ralf Grötker kommentiert die ablehnende Haltung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zum Boykott-Aufruf gegen Israel, der im Guardian veröffentlicht wurde. Daniel Kothenschulte erlebte "anregende Enttäuschungen" beim Auftakt der Filmfestspiele von Cannes, zum Counterstrike-Urteil meint Christian Schlüter, Spiele seien eben Institutionen der Freiheit, Hans Wolfgang Hoffmann annonciert die Architektur-Biennale in Venedig, Stefan Keim zweifelt laut an der Erhaltungswürdigkeit der Ruhrfestspiele, und Momme Brodersen gratuliert Hans Sahl zum 100. Geburtstag.

Besprechungen widmen sich Kevin Reynolds' "Monte Cristo"-Verfilmung, Martin Heckmanns "Schieß doch, Kaufhaus!" im Dresdner Theater in der Fabrik, einem Bildband der Fotokünstlerin Wiebke Loeper, frühe Aufsätze von Ernst Cassirer und Henning Ahrens' erstaunlichem Romandebüt "Lauf Jäger lauf" (siehe unsre Bücherschau Sonntag um 11).

Das Magazin endlich bietet ein Gespräch, in dem George Lucas die Kunst als tendenziell diktatorisch bezeichnet. Und Egbert Hörmann macht seinem Unmut über Filmfestivals Luft: "Filmfestivals nehmen in ihrem Verlauf von Tag zu Tag immer mehr das derbe Aussehen einer Skizze an, die bösartige Karikaturisten signiert haben ... Filmpremieren mit ihren lächerlichen roten Teppichen sind apokalyptische Version der Deformation menschlicher Träume, aber sie haben auch ihr Gutes: der schiebende, hysterisierte Menschenbrei ersetzt eine gute Massage, Fummler orgasmieren vergnügt."

SZ, 18.05.2002

Peter Esterhazy hat entdeckt, dass sein Vater Matyas Esterhazy jahrelang als Spitzel für die ungarische Stasi arbeitete, berichtet Kathrin Lauer. Der Autor selbst hat am Donnerstag ein Buch über diese Entdeckung veröffentlicht. Und in Ungarn stellt sich nach Lauer nun die Frage, "ob mit dieser Enthüllung eines der großen Bücher von Peter Esterhazy in seinen historischen Fundamenten beschädigt worden ist. Denn der Vater ist eine der Hauptfiguren in Peter Esterhazys Werk, vor allem in seinem bisherigen opus magnum, dem auch hierzulande als eines der großen Bücher der vergangenen Jahre gefeierten Roman 'Harmonia Caelestis' (Berlin Verlag, 2001), als dessen Ergänzung und Fortführung das neue Buch gedacht ist.

In Cannes konnte Tobias Kniebe feststellen, dass das Festival kein Angst- und schon gar kein Glamourproblem hat: "Da gibt es zum Beispiel eine Taschenkontrolldame vor dem Palais, die sicherlich nicht wegen ihrer finsteren Entschlossenheit ausgewählt wurde, Terroristen zu bekämpfen. Eher schon wegen ihres natürlichen Charmes und einer gewissen Ähnlichkeit mit Emmanuelle Beart - vor ungefähr zehn Jahren. Sie wirft einen schnellen, scheuen Blick in den Rucksack des Kritikers, errötet fast dabei und winkt dann lächelnd weiter. Eine Bombe wird sie so niemals finden; dafür stellt sie sicher, dass Cannes im Rennen um das glamouröseste Festival Punkte macht - und schon am dritten Tag wieder uneinholbar vorne liegt."

Ferner liefert Christine Dössel eine (positive) Zwischenbilanz der Münchner Intendanzen Frank Baumbauers (Kammerspiele) und Dieter Dorns (Residenz), Rainer Erlinger diskutiert die Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung, Alexander Kissler berichtet vom Deutschen Trendtag (wer braucht denn sowas?), Marianne Heuwagen sagt, wie Russland und Deutschland in der Beutekunst-Rückgabe wetteifern, Lothar Müller besucht die Hesse-Stadt Calw im Hesse-Jahr, und Volker Breidecker schreibt zum 100. Geburtstag des Publizisten Hans Sahl.

Besprochen werden der tunesische Film "Satin Rouge" von Raja Amari, ein Konzert mit Andre Previn und dem br-Symphonieorchester im Münchner Herkulessaal, "The Wall" nach Pink Floyd mit dem einstigen Ballett der Deutschen Oper Berlin, eine Werkschau des Landschaftsmalers Johann Wilhelm Schirmer in der Kunsthalle in Karlsruhe, Franzobels Habsburg-Groteske "Mayerling" vom Volkstheater Wien, schließlich Lesefutter: Lucien Febvres endlich übersetztes Buch "Das Problem des Unglaubens im 16. Jahrhundert" sowie frühe Schriften von Norbert Elias (auch in unserer Bücherschau Sonntag um 11).

Anlässlich der 500. Tatort-Folge erklärt der Regisseuer Dominik Graf auf der Medienseite den Schimanski-Effekt: "Wir wollen doch, dass dieser Typ, diese Frau sich vom System absetzt, Dass sie in die Krawalle verwickelt werden, die wir tagtäglich auch an unseren Arbeitsplätzen haben, und die wir vielleicht nicht austragen, obwohl wir sie gerne austragen würden. Da werden diese Figuren durch die Bürokratie, in der sie arbeiten, die aber immer weniger präsent ist, ein Stück von uns."

Und in der Wochenend-SZ stellt uns Joachim Bessing einen Neu-Berliner Lifestyleclub vor, der es drauf anlegt, dass der Gast vergisst, "warum man hier ist, wie lange schon und dass da draussen noch eine andere Welt wartet", und Andrzej Stasiuk ("Neun") wartet mit einer Kurzgeschichte über Baia Mare in der Ungarischen Tiefebene auf, wo die Tiere wieder die Macht übernehmen: "Zwischen Ruinen, inmitten von Schutthalden, auf grünen Flächen von gepeinigtem Gras weideten Kühe. Im Schatten eines gigantischen stählernen Schornsteins stand eine Herde Schafe. In Baia Mare hatte die Zeit einen Kreis beschrieben. Die Tiere traten zwischen die toten Maschinen. Diese scheinbar zerbrechlichen, weichen und wehrlosen Wesen waren seit dem Weltanfang da und trugen einen ruhigen Sieg davon."