Ute Schneider

Der unsichtbare Zweite

Die Berufsgeschichte des Lektors im literarischen Verlag
Cover: Der unsichtbare Zweite
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892447580
Gebunden, 399 Seiten, 44,00 EUR

Klappentext

Literaturkulis, geistige Geburtshelfer, graue Eminenzen: Diese und ähnlich plakative Begriffe werden gerne zur Beschreibung des Lektors im literarischen Verlag herangezogen. Die Anonymität der Lektoren, diffuse Vorstellungen von ihrer Tätigkeit und ein nicht definierter beruflicher Qualifikationsweg werfen die Frage auf: Handelt es sich überhaupt um einen Beruf? Um 1900 stellten literarische Verleger erstmals Lektoren ein, die ihnen als Berater zur Seite standen und Autoren im Schreibprozeß begleiteten, aber erst 50 Jahre später übernahmen Lektoren auch Programmverantwortung. Neben der Arbeit am Manuskript wurde die Planung und die Profilierung des Verlagsprogramms zu einem charakteristischen Merkmal. Ute Schneider analysiert die Kontinuität und die Wandlungen der komplexen Funktion des Lektors im Verlagsalltag vor dem Hintergrund der Buchmarktentwicklung und des dynamischen Literaturbetriebs im 20. Jahrhundert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2005

Recht instruktiv findet Martin Bauer diese "voluminöse, aber gut lesbare" Berufsgeschichte des Lektors, die Ute Schneider vorgelegt hat. Die Autorin zeichne die Entwicklung des Berufs nach, von seiner Geburt 1895, als Samuel Fischer mit Moritz Heimann den ersten Lektor in der Geschichte des deutschsprachigen Verlagswesens einstellte, bis in die Gegenwart. Deutlich wird für Bauer dabei, dass die Lektoren mehr und mehr zu "Amphibienwesen" wurden, "die Geist und Markt, symbolisches wie materielles Kapital, gleichermaßen zu bewirtschaften haben". Schneiders historische Analyse lege zudem "überzeugend" dar, dass die Kompetenzen des Lektors erst wichtig wurden, nachdem Verlage entstanden, die eine kontinuierliche Betreuung von Autoren und deren Lebenswerken anstrebten. Die gegenwärtige Situation sieht Bauer von einer massiven Ausdünnung der Lektorate geprägt, wie Schneider zu Recht betone. Marketingabteilungen, in denen die entscheidenden Strategien entstehen, besetzten die organisatorische Mitte der meisten Verlage, während sich umtriebige Agenten um die Autoren kümmerten, womit der Verlagslektor zum Auslaufmodell zu werden drohe. "Es ist kein Zufall", resümiert der Rezensent, "dass wir jetzt seine fast hundertjährige Geschichte nachlesen können. Lektorendämmerung nicht nur in Frankfurt, nein, allüberall".
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