Umberto Eco

Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana

Illustrierter Roman
Cover: Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205277
Gebunden, 499 Seiten, 25,90 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber. Giambaltista Bodoni, Antiquar, erwacht aus dem Koma und hat einen Teil seines Gedächtnisses verloren. Auf der Suche nach seinen persönlichen Erinnerungen fährt er ins Haus seiner Kindheit und findet dort alles wieder: Bücher und Bilder, Comics und Kino, Pastadosen und Zigarettenschachteln. Was für Bodoni eine Reise der Wiederentdeckungen durch sein Leben und seine Lieben wird, gerät Eco zur Zeitreise durch das 20. Jahrhundert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.10.2004

Wenn Umberto Eco das Thema Erinnerung aufgreift, schreibt der Rezensent Christian Semler, erwartet man als Leser eine historisch gesättigte Erörterung der "ars memoriae" auf mittelalterlichem Hintergrund. Weit gefehlt, so Semler, denn Ecos Hauptfigur Bodoni ist ein Antiquar des 20. Jahrhunderts, der nach einem Unfall das Gedächtnis verloren hat und verzweifelt versucht, dieses zurückzugewinnen. Mit einer Besonderheit jedoch, denn während Bodoni Frau und Kind nicht erkenne, sei die Erinnerung an seine Lektüren, sprich sein "papiernes Gedächtnis" intakt, womit man wiederum beim waschechten Eco gelandet wäre. Und so entspinne sich bei Bodonis Versuch, durch die Aufarbeitung seiner Jugendlektüren seine Identität zu rekonstruieren, das virtuose und "hinreißende Panorama" einer Generation und ihres Imaginationshorizontes, die - auch dank der reichen Illustrationen des Buches - sogar dem heutigen Leser zunehmend vertraut werden. Wieder einmal, schwärmt Semler. erweist sich Eco als "gewiefter" Zeichendeuter und "subtiler Philologe der Trivialliteratur", der aufs Anregendste das Verhältnis zwischen der "Welt der Phantasmen" und der nicht deckungsgleichen "Realgeschichte" hinterfragt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2004

So ein postmoderner Roman ist schwere Arbeit: Man muss, so Robin Detje, was man für beliebig hält, dennoch in eine Form bringen, muss die Zeichen frei flottieren lassen und dennoch Bedeutung schaffen, insbesondere, wenn man wie Umberto Eco auf "zeichendeuterische Allmacht über das eigene Leben" nicht verzichten will. Bei den meisten führt das zu Schweißausbrüchen, aber natürlich nicht bei Signor Eco, "der bärig- bärtigen Verkörperung des Weltgeistes". Der schwitzt nicht, sondern schreibt "mit viel Eleganz und großem, alles umgarnenden Charme" seine Autobiografie als Verweiscollage - und leider mit einer großen Leere im Innern. Sein Protagonist, ein Antiquar (!) namens Bodoni, hat die Erinnerung verloren und nähert sich seinem Leben, seiner Kindheit, über die Betrachtung der Dinge, die es hinterlassen hat - oder besser, er versucht sich zu nähern, aber es gelingt nicht, und so gelingt es auch dem Buche zur Enttäuschung des Rezensenten nicht, mehr als gepflegte Langeweile zu verbreiten. Nur kurzzeitig, so Detje, gerät er ins Erzählen - ausgerechnet, als es gerade mal nicht um Bodoni/Eco geht. "Das fremde Material kann Umberto Eco spannend gestalten, das eigene knetet geduldig er zu süßem Kuchenteig", schreibt Detje, und: "Die Selbstverliebtheit dieser 500 Seiten erzeugt schwere Beklemmungsgefühle." Fazit: Die Eitelkeit steht dem Schriftsteller auch nicht besser zu Gesicht als die schweißtreibende Anstrengung.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2004

Beigeistert zeigt sich Maike Albath von Umberto Ecos neuem Werk, das sie als "Bilderbuch", "romanzo illustrato", "Autobiografie seiner Generation" beschreibt. Im Mittelpunkt sieht sie den Antiquar Giambattista Bodoni, genannt Yambo, der nach einem Infarkt aus dem Koma aufwacht und nicht mehr weiß, wer er ist - bis er im Landhaus seiner Eltern auf die Zeugnisse seiner Kindheit stößt und in Kisten voller Zeitungen, Modejournale, Abenteuergeschichten, Comicserien, Kakaobüchsen, Zwiebackschachteln, Zigarettenpackungen, Friseurkalendern, Schellackplatten und alten Schulheften versinkt. Yambos Papierrausch versteht die Rezensentin als "Bestandsaufnahme der Erziehung in den dreißiger und vierziger Jahren". Eco rekonstruiere eine Epoche, die sich vor allem durch widersprüchliche Inhalte ausgezeichnet und viele Schlupflöcher geboten habe: Faschistische Propaganda neben amerikanischen Comichelden, Schnulzen über den süßen Zauber der Liebe neben triebfeindlichen Unterweisungsbüchlein aus dem Religionsunterricht, und so weiter. Herausgekommen sei ein "vergnügliches Museum der Trivialmythen, das vor allem bei italienischen Lesern Erinnerungsschübe provozieren dürfte". Albath hebt hervor, dass Ecos "Bilder-Bildungsroman" selbstverständlich verschiedene Ebenen ausweist. Yambos zielloses Versinken in den Textwelten seiner Kindheit deutet sie etwa als "Parabel auf die Gefahren des Medienzeitalters".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Einmal mehr zeigt sich Umberto Eco als ausgefuchster Erzähler, befindet Dieter Hildebrandt nach der Lektüre von Ecos neuem Roman. Bei einem Unfall hat der Protagonist sein persönliches, nicht aber sein literarisches Gedächtnis verloren, und dementsprechend versucht er nun, sein Erinnerung mit Hilfe allerlei alter Druckerzeugnisse wieder zu finden - und der Leser wühlt sich mit ihm da hindurch. Das Durchsuchen von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften führt durch das 20. Jahrhundert, und der Leser nimmt daran nicht nur durch die Erzählung teil, sondern auch durch die Abbildungen der Fundstücke in diesem "illustrierten Roman", erklärt Hildebrandt. Man findet eigentlich alles, was zu einem typischen Eco-Roman gehört, so der Rezensent: "Gott und die Welt - und ständig der Flirt mit der Trivialität".
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