Tobias Wolff

Unsere Geschichte beginnt

Erzählungen
Cover: Unsere Geschichte beginnt
Berlin Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783827008527
Gebunden, 224 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Mit einem Vorwort von Jakob Arjouni. Aus dem Englischen von Frank Heibert. Dreißig Jahre sind vergangen. Dreißig Jahre, in denen er Mary Claude nicht gesehen, in denen er ein integres Leben als Ehemann, Vater und Internist geführt - und doch täglich an sie gedacht hat. Ihre Küsse, den Schwung ihres Halses, die Möglichkeit eines anderen Lebens.
Von geheimen Sehnsüchten, Tagträumen und Selbsttäuschung erzählt Tobias Wolff in seinen neuen Storys, von Einzelgängern und Eigenbrötlern, von notorischen Lügnern, missratenen Söhnen und missgünstigen Nachbarn. Die Weisheit eines ganzen Lebens und tiefe Menschenkenntnis sprechen aus diesen Erzählungen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2011

Tilman Urbach fühlt sich behutsam an die Hand genommen von diesem Autor. Wenn Tobias Wolff seine Stories von Außenseitern erzählt, die plötzlich an einem Wendepunkt stehen, genießt der Rezensent diesen Moment schon wegen seiner leisen Bildhaftigkeit. Dass die Geschichten an diesem Punkt Tempo aufnehmen, gefällt ihm aber nicht weniger. Überhaupt erscheinen die hier versammelten Geschichten thematisch, die Stimmung betreffend, disparat genug, um Urbach auf je ganz unterschiedliche Weise zu beglücken.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.08.2011

Schamlose Schamhaftigkeit - für Verena Auffermann ein Attribut des Autors und ein Widerspruch mit Wahrheitsgehalt. Dass Short Stories die besseren Romane sind, beweist ihr Tobias Wolff zudem in jeder seiner hier versammelten 14 Erzählungen, indem er auf engstem Raum schonungslos aufdeckt und Begriffe wie Wahrhaftigkeit und Fühlen anhand von familiären Strukturen erforscht. Wolffs Figuren etwa lügen, dass sich die Balken brechen, und Auffermann kann dazu die psychologische Anamnese lesen, "nackt zwischen den Seiten".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.05.2011

Tobias Wolff ist einfach ein "Könner". Das muss Rezensent Christoph Schröder auch nach der Lektüre von "Unsere Geschichte beginnt", dem neuesten Band von Short-Stories des an der Stanford University "Kreatives Schreiben" lehrenden Autors, feststellen. Wie es Wolff gelingt, nur einen winzigen Ausschnitt aus dem Leben seiner Protagonisten zu erzählen und dennoch damit das Große und Ganze auszudrücken, findet Schröder schlicht "großartig". In "leisen" Texten berichte er von den "Selbsttäuschungen und Lebenslügen" seiner Figuren, so etwa, wenn ein der Fettsucht verfallener Mann sich irgendwann eingestehen muss, nicht die Schilddrüsen, sondern seine Gefräßigkeit sei die Ursache für seinen Zustand. Lügen aus purem Selbstschutz oder auch aus reiner Bösartigkeit - irgendwann entlade sich immer der Druck der Vergangenheit über seinen Helden, denen zwar die Aussicht auf Erlösung verwehrt bleibt, aber die von Wolff immer voller Respekt behandelt werden, so der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.03.2011

"Klassisch", meint der hier rezensierende Autor und frischgebackene Leipziger Buchpreisträger Clemens J. Setz. In diesen Geschichten gibt es keine postmodernen Fisimatenten. Dafür haben sie den Vorzug, den Leser nach kürzester Zeit vergessen zu lassen, dass er ein Buch liest. Er lebt einfach mit, versichert Setz. Der in Stanford Creative Writing lehrende Tobias Wolff ist ein "Experte für die Kunst des Lügens", wie Setz anhand einiger sehr eindrucksvoller Beispiele beschreibt. Wobei mit "lügen" hier wohl nicht die absichtliche Verdrehung von Tatsachen gemeint ist, die dem Lügner einen Vorteil verschaffen sollen. Sondern "lügen" als überraschendes und manchmal auch boshaftes Phantasieren. Dabei sind die Geschichten immer getragen von einem tiefen Respekt für die handelnden Personen, so der Rezensent, dem man zurufen möchte: Verführung zur Lektüre geglückt!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2011

Was macht diesen Erzähler des "dirty realism" für Paul Ingendaay so herausragend? Am Ende seiner Besprechung dieses Erzählbandes von Tobias Wolff wird es deutlich: Formsicherheit, Konzentration, Einfachheit. Und das bedeutet für Ingendaay auch die Zwangsläufigkeit der Geschichten, die hier erzählt werden. So als wären sie über Jahre hinweg gereift. Reife wiederum heißt bei diesem Autor Beunruhigung der Figur und des Lesers, eine seichte Erschütterung des Alltäglichen und das Aushalten einer moralischen Indifferenz. Zusammen mit der Lebenswelt amerikanischer Eigenheime und Landstraßen und mit einer respektvollen wie neugierigen personalen Erzählperspektive wird daraus für Ingendaay eine höchst erfreuliche, auf Erkenntnis zielende Lektüreerfahrung.
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