Tilman Fichter, Siegward Lönnendonker

Dutschkes Deutschland

Der Sozialistische Deutsche Studentenbund, die nationale Frage und die DDR-Kritik von links
Cover: Dutschkes Deutschland
Klartext Verlag, Essen 2011
ISBN 9783837504811
Gebunden, 318 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Kein Ereignis der Nachkriegszeit traf die bundesrepublikanische Linken und Grünen so unvorbereitet wie die Wiedervereinigung. Dabei vergisst man, wie Tilman Fichter und Siegward Lönnendonker herausarbeiten, dass die charismatische Führungspersönlichkeit des SDS, Rudi Dutschke, leidenschaftlich für eine Wiedervereinigung eintrat. Der Band behandelt neben diesem Interesse Dutschkes an der nationalen Frage viele andere verdrängte oder unbekannte Zusammenhänge im Verhältnis zwischen der deutschen Studentenbewegung und der DDR. Die Mutmaßungen über eine Fernsteuerung des SDS durch Stasi-Agenten wird dabei ebenso als Geschichtsfälschung entlarvt wie Vermutungen über ideologische Gemeinsamkeiten zwischen den Studenten und dem DDR-Sozialismus: Die Differenzen zwischen den sozialistischen Studenten im Westen und den verknöcherten Staatssozialisten der DDR konnte größer kaum sein. Die Kontakte zwischen der SPD-Führung zur DDR waren vielfach enger und besser als die zwischen den aus der SPD ausgeschlossenen linken SDSlern und den Staatssozialisten im Osten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.03.2012

Zwei Männer mit Wurzeln im SDS und der 68er Bewegung, zwei Autoren mit einer Message. So stellt sich das Herausgeberduo Tilman Fichter und Siegward Lönnendonker dem Rezensenten dar. Was der Soziologe und der Politologe mit ihrem Buch indes vorlegen, nennt Karl Wilhelm Fricke eine mit Insiderwissen gespeiste Chronik des SDS, von der Gründungszeit bis zur Unterwanderung durch das DDR Ministerium für Staatssicherheit. Vor allem jedoch gilt ihr Interesse Rudi Dutschke und seiner Deutschlandpolitik, genauer gesagt seinem Verständnis der Wiedervereinigung als Akt sozialer Emanzipation, das die Autoren laut Fricke kenntnisreich und sorgfältig analysieren. Für Fricke der interessantere Teil. Unter den dazugehörigen angehängten Dokumenten entdeckt er sogar bisher unveröffentlichtes Material.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.07.2011

Gerade im Hinblick auf die Versuche einiger Historiker der letzten Zeit, der Studentenbewegung eine Unterwanderung durch den DDR-Kommunismus und die Stasi zu unterstellen, begrüßt Michael Sontheimer die von Tilman Fichter und Siegward Lönnendonker publizierte "Streitschrift". Die beiden ehemaligen SDS-Mitglieder beschäftigen sich darin nur zu einem Drittel mit Rudi Dutschke, betonen allerdings sein erklärtes Engagement für die Überwindung der deutschen Teilung. Daneben legen sie sehr überzeugend dar, wie sich der SDS bereits seit seiner Gründung sehr kritisch gegenüber dem Sowjetkommunismus verhielt, stellt der Rezensent eingenommen fest. Plausibel entkräften die Autoren in seinen Augen auch den Vorwurf, der Studentenbewegung Verdienste um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit zuzuschreiben sei lediglich eine "Propagandalüge". Mitunter nimmt Sontheimer zwar durchaus so einen Unterton von "Wie wir schon immer gesagt haben" in den Ausführungen wahr. Penetrante "Besserwisserei" allerdings kann er Fichter und Lönnendonker nicht vorwerfen und so zeigt er sich mit diesem Buch, dessen Faktenfülle und Kompaktheit er schätzt, sehr zufrieden.