Thomas Medicus

Melitta von Stauffenberg

Ein deutsches Leben
Cover: Melitta von Stauffenberg
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783871346491
Gebunden, 414 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Als Melitta von Stauffenberg im Januar 1943 von Hermann Göring höchstpersönlich das Eiserne Kreuz zweiter Klasse erhält, ist dies der vorläufige Höhepunkt einer fast unglaublichen Karriere. Nicht nur beherrscht sie als Testfliegerin und Ingenieurpilotin alle damals bekannten Flugzeugtypen, hat sagenhafte zweitausend Sturzflüge absolviert, selbst ausgewertet und so den Bombenkrieg der Luftwaffe perfektioniert - sie bewahrt auch ein Geheimnis: "Flugkapitän Gräfin Stauffenberg" ist nach den Kriterien der Nazis eine "Halbjüdin". Nur mit Hilfe von ganz oben gelingt es ihr, den Fängen der Rassenjustiz zu entkommen - bis zum 20. Juli 1944. Enkelin eines jüdischen Textilhändlers aus Odessa, Schwägerin des späteren Hitler-Attentäters, Flugpionierin, tragische Himmelsstürmerin: Melitta von Stauffenbergs Geschichte erscheint fast wie ein Spiegelbild des 20. Jahrhunderts, das Eric Hobsbawn das "Zeitalter der Extreme" genannt hat. Ihre Liebe zum feingeistigen Althistoriker Alexander von Stauffenberg war genauso bedingungslos wie ihre Hingabe zur Fliegerei, die ihr am Ende zum Verhängnis wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.10.2012

Gleich mehrfach interessiert den Rezensenten Harry Nutt diese Biografie der Ingenieurin Melitta von Stauffenberg, die als Testpilotin (Spezialgebiet Surzflug) eine steile Karriere im Nationalsozialismus machte. Nutt sieht in ihr ebenso den Weimarer Typus der Neuen Frau verkörpert wie die Tragik des assimilierten Judentums (ihr Vater, ein preußischer Beamter, war Jude). Beklommen bemerkt Nutt auch, dass ihr die Ehe mit Alexander von Stauffenberg erst zum fragwürdigen Attribut der Ehrenarierin verholfen hat, nach dem Attentat des Schwagers Claus Schenk Graf von Stauffenberg aber zum Nachteil der Sippenhaft. Richtig findet Nutt, dass Biograf Thomas Medicus diesen Lebensflug durchs 20. Jahrhundert ungeschönt dargestellt, Melitta von Stauffenberg nicht zur Heldin und nicht zum Opfer erklärt, sondern als "selbstbewusste Frau" in "monströsen Macht und Gewaltverhältnissen" darstellt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.07.2012

Zunächst skeptisch angesichts der Tatsache, dass mit Melitta von Stauffenberg nun die zweite Reihe des Adelsgeschlechts verbiografiert wird, kann sich Cord Aschenbrenner am Ende doch zu verhaltenem Lob durchringen. Das staunenswerte Leben und Wirken der halbjüdischen, später aufgrund ihrer Bedeutung für den Luftkampf für "deutschblütig" erklärten Testpilotin und Schwägerin Claus von Stauffenbergs kann ihm Thomas Medicus ebenso gut recherchiert wie geschrieben nahebringen. Dass Medicus bei aller Genauigkeit seiner Beschreibung dennoch Distanz hält, flößt Aschenbrenner Respekt ein. Die ein oder andere pathetische Formulierung oder "kühne" Vermutung verzeiht er dem Autor großzügig.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.04.2012

Eine ungewöhnliche Frau sieht Anja Maier in Melitta von Staufenberg, deren Leben Thomas Medicus in vorliegender Biografie erzählt. Eingehend rekapituliert sie die "unglaubliche Geschichte" dieser technikbegeisterten Kampffliegerin, die für die Nazis Flugzeuge und Navigationsgeräte testete und mit Alexander Graf Schenk von Stauffenberg, dem älteren Bruder des Hitler-Attentäters Claus Schenk von Stauffenberg, verheiratet war. Offenbar war sie für die Nazis so wichtig, dass sie trotz ihrer jüdischen Herkunft vom Reichssippenamt einer "arischen Person" gleichgestellt wurde. Geradezu irritierend empfindet Maier dabei das Bild, wie Melitta mit ihrem Flugzug über dem KZ-Buchenwald kreist, in dem ihr Mann nach dem Hitler-Attentat inhaftiert war. Sie hebt hervor, dass die Quellenlage dürftig ist und dass es zahlreiche Theorien zu Melitta von Stauffenberg gibt. Als Mensch bleibt diese "Amazone des Dritten Reichs" in Medicus' Biografie zu ihrem Bedauern allerdings "seltsam blass".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.03.2012

Dem Buch des Publizisten Thomas Medicus über Hitlers Testpilotin Melitta von Stauffenberg traut Rainer Blaisus nicht recht über den Weg. Nicht ganz so sensibel, wie er sich in den letzten Flug der Pionierin einfühlt, scheint ihm Medicus mit den spärlichen Quellen umzugehen, um die Fliegerin erneut vom Himmel zu holen. Dass sie nicht in die Attentatspläne ihres Schwagers Claus Stauffenberg eingeweiht beziehungsweise daran beteiligt gewesen sei, scheint ihm noch richtig zu sein. Die Mutmaßung, Melitta von Stauffenberg sei von ihren Geschwistern fälschlich zur Widerstandskämpferin stilisiert worden, glaubt er dem Autor allerdings nicht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2012

Als "grauenhaft gescheitertes" Beispiel deutsch-jüdischer Assimilation bezeichnet Johannes Willms das Leben der Melitta von Stauffenberg, von dem Thomas Medicus in seiner "brillant geschriebenen" und bestens dokumentierten Biografie erzählt. Geboren als Melitta Schiller war sie die Tochter eines zum Christentum konvertierten jüdischen Ingenieurs aus Leipzig, die als Testpilotin zu einer der Vorzeigepilotinnen des Dritten Reichs wurde. Als sich ihr Mann, der Althistoriker Alexander Schenk Graf von Stauffenberg, der Bruder des Hitler-Attentäters, verbeamten lassen wollte, erklärte sie das "Reichssippenamt" in einer Ausnahmeregelung für "reichsblütig" (!). Willms entnimmt der Darstellung von Medicus, dass sich Melitta von Stauffenberg für diesen Wahnwitz mit 150-prozentiger Anpassung bedankte. Dass sie in die Attentatspläne eingeweiht gewesen soll, verabschiedet Willms nach dieser Biografie getrost ins Reich der Legenden.
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