Thomas Brasch

Die nennen das Schrei

Gesammelte Gedichte
Cover: Die nennen das Schrei
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518423455
Gebunden, 1030 Seiten, 49,95 EUR

Klappentext

Thomas Brasch, Dichter, Dramatiker, Filmschaffender und Übersetzer, ist eine der markantesten Figuren der jüngeren deutschen Literatur. Neue deutsche Dichtung, die von Goethe, Heine, Brecht, von Spruch und Lied herkommt, hat in ihm ihren Meister gefunden und viel zu früh verloren. Vom Widmungs- und Gelegenheitsgedicht über Ballade und Lied bis hin zu Stückcollage und Fototext die "Gesammelten Gedichte" ermöglichen es zum ersten Mal, sich ein umfassendes Bild des im Verlauf von 40 Jahren entstandenen lyrischen Werks zu machen. In zeitlicher Folge enthält die Ausgabe sämtliche zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichte - darunter Raritäten wie die in der Reihe "Poesiealbum" veröffentlichte Sammlung von 1975, Braschs einzige DDR-Publikation von Gedichten, oder "Kargo. 32". "Versuch auf einem untergehenden Schiff aus der eigenen Haut zu kommen" aus dem Jahr 1977. Hinzukommen die verstreut veröffentlichten Gedichte, die für diesen Band zusammengetragen wurden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2014

Große Wucht bescheinigt Rezensentin Jutta Person diesem Ziegelstein von einem Buch, das neben all den bereits veröffentlichten Bänden von Thomas Brasch zu einem guten Drittel auch bisher unbekannte Gedichte und Gelegenheitsarbeiten umfasst. Sehr schön beschreibt Person, was der Dichter Brasch mit dem Reim so alles anstellen konnte: Wie Heine konnte er mit ihm alle großen Dinge, das Leben und den Tod mit ihm aufheben, oder er konnte den Humor "über eine scharfe Klinge springen lassen. Dabei war Braschs Witz nie bitterironisch, wie die Rezensentin darstellt, denn das hätte eine gewisse Rsignation mit sich gebracht, sondern immer "beschwingt aggressiv". Besonders gut gefallen hat ihr, wie Brasch es in seinen Gedichten knallen lassen kann: Mit "Sprengstoffwörtern wie "Ich bin der Sterbewitz". Oder mit Zeilen wie die über den Bauernkrieg: das hemd ist schon zerrissen / die haut ist längst zerfetzt / wenn wir doch sterben müssen / dann jetzt."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.10.2013

Fritz J. Raddatz gedenkt in seiner Besprechung von Thomas Braschs Gesammelten Gedichten auch, oder gerade, des Mannes Brasch, seines Freundes. Brasch führte einen Krieg gegen sich selbst, bewaffnet mit Kokain und radikalen Selbstzweifeln, die aber nie in Selbstmitleid umschlugen, berichtet der Rezensent, "was sie da hören, bin ich nicht", heißt es in einem der Gedichte. Das ganze Leben war für Brasch "Un-heil", erklärt Raddatz: "Leben ist Fahren: im Kreis", zitiert der Rezensent, nur die Frauen versprachen zeitweilig Sinn. Später zerstörte das Kokain dann sein Vermögen zu formen, die "Verse im scheppernden Ton des Zerscherbelns" zeugen davon, berichtet Raddatz.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.08.2013

Als nomadisierenden Odysseus erkennt Rezensent Michael Braun Thomas Brasch in den hier erstmals vereinten "Gesammelten Gedichten" wieder. Was die Herausgeberinnen Martina Hanf und Kristin Schulz nach, wie Braun anerkennend erwähnt, jahrelanger Recherche in den Archiven an nie gelesener Brasch-Lyrik zutage fördern und knapp textkritisch begleiten, bedeutet dem Rezensenten ferner die Paradoxien eines Lebens ohne Halt, eines Lebens auf der Flucht, wie in den "Sindbad"-Texten oder dem Zyklus "Papiertiger". Die ebenfalls enthaltenen späten Gedichte wieder zeigen Brasch bei der poetischen Selbsterkundung, bewegend und anrührend, meint Braun.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.08.2013

Jens Uthoff begrüßt diesen von Martina Hanf und Kristin Schulz herausgegebenen Sammelband mit Thomas Braschs lyrischem Gesamtwerk. Neben den Gedichten zu Lebzeiten findet er in dem Band zahlreiche Texte aus dem Nachlass, darunter Prosagedichte, Collagen und Skizzen. Eingehend würdigt Uthoff den 2001 verstorbenen Dichter, Schriftsteller, Film- und Theatermacher, beschreibt ihn als "pausenlosen Denker mit Hang zum Exzess" und vergleicht ihn mit Figuren wie Arno Schmidt oder Rolf Dieter Brinkmann. Er geht auch auf die Biografie Braschs ein, die er als eng mit der deutsch-deutschen Geschichte verwoben darstellt. Der nun vorliegende Band offenbart für den Rezensenten Braschs "ganze literarische Wucht und Radikalität". Damit scheint ihm das 1030 Seiten umfassende Werk auch hervorragend dazu geeignet, den etwas in Vergessenheit geratenen Dichter wiederzuentdecken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.2013

Eine ganze Menge zu Leben und Werk des Dichters schreibt Dirk von Petersdorff in seine Besprechung des Bandes mit den erstmals vollständig gesammelten Gedichten von Thomas Brasch hinein. Den vorliegenden Band findet er schön gestaltet, er registriert auch die Anmerkungen und dass einige der Texte aus dem Nachlass stammen. Dem Titel folgen und Brasch als neo-expressionistischen Dichter verstehen möchte der Rezensent jedoch nicht. Für ihn ist Brasch eher ein Sänger in der Tradition Brechts, aber beseelt von amerikanischer Rockmusik und mit ganz eigenen Bild- und Sprachmischungen, so wie dieser hier: "Ich habe keinen Stein ins Rollen gebracht."
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