Sven Regener

Magical Mystery

oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt. Roman
Cover: Magical Mystery
Galiani Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783869710730
Gebunden, 512 Seiten, 22,99 EUR

Klappentext

Als Karl Schmidt, Opfer eines depressiven Nervenzusammenbruchs am Tag der Maueröffnung, nach Jahren der Versenkung von alten Kumpels zufällig in Hamburg als Bewohner einer drogentherapeutischen Einrichtung wiedergefunden wird, ist das der Anfang einer seltsamen Zusammenarbeit: Die alten Freunde, mittlerweile zu Ruhm und Reichtum gelangt, wollen mit ihrem Plattenlabel auf einer Tour durch Deutschland den Rave der 90er Jahre mit dem Hippiegeist der 60er versöhnen und brauchen dazu einen, der immer nüchtern bleiben muss. Das kommt Karl Schmidt gerade recht, denn der hat keine Lust mehr, sich in einer Parallelwelt aus Drogen-WG, Hilfshausmeisterjob und gruppendynamischen Wochenendausflügen zu verschanzen. Und so beginnt eine Reise durch ein Land und eine Zeit im Umbruch, unternommen von einer Handvoll Techno-Freaks, betreut von einem psychisch labilen Ex-Künstler, für den dies der Weg zurück in ein unabhängiges Leben sein soll.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.09.2013

Zum Glück ganz ohne Berufsjugendlichkeit kommt der vierte Teil der Herr-Lehmann-Saga daher, erklärt Rezensent Till Briegleb, der den neuen Roman von Sven Regener launig als nüchternen Schelmenroman aus dem Mittelalter der Popmusik abfeiert. Dass Regener Satire kann und plastisches Sittengemälde aus Rauschmomenten und Entzugsalltag, dass er einfache Typen liebt und niveauvolle Laber-Flashs zu schreiben vermag, erfahren wir vom Rezensenten. Die im Buch verhandelte Euphorie der Bumm-Bumm-Techno-Ära mag Briegleb zwar, genau wie Karl Schmidt im Buch, immer noch nicht teilen, darüber zu lesen aber scheint ihm von nun an möglich.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.09.2013

Bestens unterhalten sich Jonas Rest mit Sven Regeners neuem Roman, der Mitte der neunziger Jahre in Berlin spielt, also fünf Jahre nachdem Herr Lehmann seinen Freund Karl Schmidt am Tag des Mauerfalls mit einem Nervenzusammenbruch ins Urban-Krankenhaus bringen musste. Karl Schmidt ist jetzt die Hauptfigur (aber dennoch sehr lehmannesk, wie der Rezensent versichert), er organisiert für die Techno-Szene die Magical-Mystery-Tour, mit der die zugedröhnten Raver morgens aus den Clubs geholt werden. Auch in diesem Roman gibt es absurd-redundante Dialoge, freut sich Rezensent Rest, auch die Regenersche Typologie hat er wiedergefunden. Vor allem aber überzeugt ihn, wie Regener diesen "Alles-easy-Kosmos" der Technoszene einfängt, in dem die Leute  zugleich "doof und schlau und lustig" sind, "nur Scheiße bauen und trotzdem alles richtig machen", und schließlich auch noch mit ihrem Hippie-Getue wirtschaftlich supererfolgreich sind und gesellschaftlich voll kompatibel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.09.2013

Allein den ersten Satz aus Sven Regeners neuem Roman "Magical Mystery" möchte Rezensent Edo Reents schon als Kandidat für die nächste Umfrage der besten Romananfänge vorschlagen. Gleichsam hymnisch fährt der Kritiker fort: Die Geschichte um Karl Schmidt, der in den "Lehmann"-Romanen nur eine Nebenrolle spielte, nun aber, fünf Jahre nach dem Mauerfall und entlassen aus der Psychiatrie, in einer Wohngemeinschaft für ehemalige Drogensüchtige in Hamburg-Altona lebt, hat Reents dank des typisch unprätentiösen und mitreißenden Regener-Sounds sofort in ihren Bann gezogen. Und so folgt der Rezensent ganz angetan diesem Wiedergänger von Döblins "Biberkopf", der nicht nur mit Pillen gegen seine Depressionen und seine paranoiden Schübe kämpft, sondern nach seinem Ausbruch aus der Wohngemeinschaft gemeinsam mit alten Berliner-Freunden und einem Wanderzirkus aus Disc-Jockeys versucht, den Geist der Sechziger in die Zeit von Techno und Rave Mitte der Neunziger Jahre hinüberzuretten. Einmal mehr gelinge es Regener, mit Herzblut und Wärme einen gebrochenen Helden vorzuführen, der sein Schicksal mit beeindruckender Nüchternheit erträgt, lobt der Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.09.2013

Richtig dicke fühlt sich Thomas Winkler mittlerweile mit den Figuren aus Sven Regeners Romanen. Da geht es ihm ähnlich wie dem Autor selbst, der beim Interview über sie mittlerweile  wie von echten Menschen aus seinem Freundeskreis spricht, merkt Winkler an. Stand bislang Frank Lehmann im Mittelpunkt der Romane des Rockmusikers, ist es nun dessen bester Freund, der impulsive, am Ende von "Herr Lehmann" als Drogenwrack gestrandete Karl Schmidt, der nun ins Zentrum rückt: Sechs Jahre nach "Herr Lehmann" und dem Mauerfall lebt er in Hamburg als cleaner Ex-Junkie unter sozialpädagogischer Beobachtung und wird von einem Freund gebeten, den Aufpasser einer großen Techno-DJ-tour zu geben. Diesen Kunstgriff einer äußeren Perspektive auf den wummernden Techno-Boom der 90er rechnet Winkler dem Autor hoch an. Dass, wie stets bei Regener, im Grunde nicht viel passiert, sondern die Protagonisten "plappern und schwätzen, sabbeln und schwafeln, quasseln und faseln", trägt zur Lakonie und glänzenden Situationskomik bei, die der Rezensent spürbar genießt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.09.2013

Der waltende Blödsinn in der Welt kann einen dazu verleiten, sein Glück "jenseits der blökenden Menschheit" zu suchen, weiß Marie Schmidt, man kann aber auch wie Sven Regener der Verlässlichkeit der Redundanz huldigen und es sich gleichmütig gemütlich machen. In seinem neuen Roman "Magical Mystery" greift Regener einen wohlbekannten Charakter aus seiner Lehmann-Trilogie heraus, berichtet die Rezensentin: Karl Schmidt, den "Kraftmensch mit Vokuhila", der Kunstwerke aus Altmetall schweißt und nachts vor und hinter den Theken Berlins herumlungert. Das Buch spielt Mitte der Neunzigerjahre in Hamburg, Schmidt ist inzwischen trocken und bekommt die Gelegenheit, als Fahrer die Technoband BummBumm auf einer Tour durch Deutschland zu begleiten und deren Drogenkonsum zu überwachen, fasst die Rezensentin zusammen. Dieses Buch sprudelt vor "authentischem Gerede", staunt Schmidt und fragt sich, ob Regener bei den Touren seiner eigenen Band Element of Crime akribisch Protokoll geführt hat. Mit etwas Glück löst dieses Buch die "misanthropischen Blockaden", die so manchem den Alltag vermiesen, glaubt die Rezensentin.