Steffen Martus

Die Brüder Grimm

Eine Biografie
Cover: Die Brüder Grimm
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2009
ISBN 9783871345685
Gebunden, 608 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Ihre Sammlung der Kinder- und Hausmärchen ist das weltweit meistgelesene deutsche Buch, als Gelehrte haben sie das Wissen über unsere Sprache und Geschichte revolutioniert und wie niemand vor ihnen haben sie "Brüderlichkeit" als Lebensform begriffen: Seit ihrer Kindheit lebten Jacob und Wilhelm Grimm meist unter einem Dach und arbeiteten gemeinsam. Ihre Berliner Wohnung war eines der kulturellen Zentren Preußens. Der weit gereiste Diplomat Jacob, der 1814/15 am Wiener Kongress teilnahm und 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung wurde, und der Familienvater Wilhelm, geselliger Erzähler und Freund der Dichter waren höchst ungleiche Brüder, die leidenschaftlich und rücksichtslos die Vergangenheit von Literatur, Recht und Religion erkundeten, um ihre Gegenwart zu verstehen. In der zerbrechenden alteuropäischen Welt suchten sie nach den kulturellen Fundamenten der Moderne.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2010

Rezensent Hans-Albrecht Koch hat keinen Zweifel, dass die Biografie eines Autors eine notwendige Bedingung zum Verständnis seines Werks ist. Das Opus magnum von Steffen Martus hält er schon deswegen für einen wichtigen Beitrag zur Grimm-Philologie. Allerdings überzeugt ihn die Doppelbiografie auch durch ihre Präzision, ihren Detailreichtum, ihre Souveränität im Umgang mit Forschungsergebnissen und ihre erzählerische Qualität, also Lesbarkeit. Dass der Autor bei aller brüderlichen Verbundenheit der Grimms auch die Spannungen und Differenzen zwischen den Brüdern thematisiert, findet Koch richtig. Besonders reizvoll war für ihn, den von Martus anhand der Briefquellen nacherzählten Alltagsgeschichten (etwa zur Berliner Wohnungssuche) oder den gekonnten zeitgeschichtlichen Kontextualisierungen des Autors zu folgen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.02.2010

Manfred Kochs Glauben an die Germanistik erfährt mit Steffen Martus' Biografie der Urväter der deutschen Philologie, der Brüder Grimm, eine Bestärkung. Denn er stellt hocherfreut fest, dass der Autor neben Kompetenz und Sorgfalt auch eine gut lesbare, anregende Schreibe zu bieten hat, wenn es darum geht, die Brüder Grimm als "Forschungsverbund" darzustellen, die zu ihrer Zeit zum "Markenzeichen" wurden. Dass er die Zwiegestalt Grimm'scher Forschungsbemühungen, nämlich einer "mythisch überhöhten Vergangenheitsbeschwörung" mit modernsten Mitteln, stets im Auge hat, sagt dem Rezensenten ebenso zu, wie er Martus' Darstellung der "Lust am Ungewissen", die insbesondere Jakob Grimm umtrieb, mit Spannung gelesen hat. Und so zeigt sich Koch rundum zufrieden mit dieser Doppelbiografie, die in seinen Augen die "ideologische Anfälligkeit der frühen Germanistik" ebenso anschaulich herausarbeitet wie die enorme Forschungsleistung auf dem Gebiet der Philologie, die das Werk der Brüder Grimm auszeichnet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.12.2009

Sehr angeregt fühlt sich Rezensentin Judith von Sternburg von dieser Biografie der Brüder Grimm aus der Hand des Kieler Germanisten Steffen Martus. Sehr plastisch und "sprachlich geschliffen", betont Sternburg, porträtiere Martus die beiden Brüder, die sich nie trennten und dabei doch so gegensätzlich waren: Der jähzornige, verschrobene und menschenscheue Jacob Grimm auf der einen Seite, der flexible, kränkelnde und nachtragende Wilhelm auf der anderen Seite. Aber auch über ihre Arbeit und am Wörterbuch und den Märchen hat Sternburg so viel Interessantes erfahren wie selbst in all ihren Germanistik-Seminaren nicht. Zum Beispiel dass die Gebrüder Grimm den angeblichen Volksmärchenton selbst erfunden haben und von Auflage zu Auflage verfeinerten. Aber auch ihr Wissen um Vorläufigkeit aller sprachlichen und orthografischen Regeln hat die Rezensentin sehr beeindruckt, die diese Biografie zugleich als Riesenessay und geisteswissenschaftliche Einführung ins 19. Jahrhundert lobt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.12.2009

Dringend gefehlt hat eine solche Biografie der Brüder Grimm, meint Rezensent Johan Schloemann, der sie im Aufmacher der Weihnachtsbeilage der SZ bespricht und sie entsprechend empfehlen kann. Mit Spannung hat er verfolgt, wie die beiden Germanisten-Brüder Jacob und Wilhelm etwa an ihren Volksmärchen arbeiteten, bis sie endlich eine Edition zustande brachten, die sich auch verkaufte. Hierfür allerdings musste dem bildungsbürgerlichen Selbstbild entsprechend erst einmal aus der bösen Mutter eine böse Stiefmutter werden. Aber auch über ihre philologische Arbeit, ihr politisches Engagement und über ihren stetigen Versuch, aus der Erforschung des deutschen Altertums Anregung zur kulturellen und geistigen Erneuerung zu ziehen, hat Rezensent Schloemann viel erfahren. Angenehm war ihm auch, dass der Autor Steffen Martus, selbst Germanist in Kiel, nie die Unterschiedlichkeit der beiden ungleichen Brüder stilisiert, sondern sie immer neben ihre "rührende Anhänglichkeit" stellt. Überhaupt lobt der Rezensent den Autor für sein frisches Erzählen und sein "Gespür für persönlich-historische Konstellationen". Allein, ein wenig Wucht und Feuer vermisst Schloemann.
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