Silke Scheuermann

Shanghai Performance

Roman
Cover: Shanghai Performance
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2011
ISBN 9783895613739
Gebunden, 312 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Die berühmte Performance-Künstlerin Margot Wincraft arbeitet mit Models auf der ganzen Welt. Eines Tages nimmt sie überraschend das Angebot einer unbekannten Galerie in Shanghai an. Ihre Assistentin Luisa kann dem Projekt nicht viel abgewinnen. Für sie ist China als Kunstmarkt passe, in der jungen Galeristin, die alles für Margot organisiert, wittert Luisa eine Konkurrentin. Zu allem Überfluss hat sich ihr Freund auch noch von ihr getrennt, und schuld daran ist sie selbst mit ihren leichtfertigen Seitensprüngen. Und so versteht sie auch nicht, warum Margot in der Megacity Shanghai beginnt, sich immer seltsamer zu verhalten. "Shanghai Performance" ist ein Roman über Sehen und Gesehenwerden, Kunst und Identität sowie eine Gesellschaft, die ihren ganz eigenen Regeln folgt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.07.2011

Insbesondere sprachlich hatte Rezensent Rainer Moritz von der bereits als Lyrikerin erfolgreichen Silke Scheuermann mehr erwartet. Aber nach der Lektüre von "Shanghai Performance" muss der Rezensent enttäuscht feststellen: hier wird "Erwartbares in erwartbaren Phrasen" wiedergegeben. Schon die Geschichte um die Performance-Künstlerin Margot, die zwar  zu Weltruhm gelangt, privat aber ein "kapriziöses Ekelpaket" und ein seelisches Wrack ist, erscheint dem Rezensenten wenig originell: Mit ihrer Assistentin Luisa begibt sie sich auf die Reise nach Shanghai, zunächst um eine Performance mit sich im "Schlamm wälzenden Frauen" vorzubereiten, schließlich aber auch, um die vor dreißig Jahren zur Adoption freigegebene Tochter aufzusuchen. Leider, so Moritz, erzählt Scheuermann die Geschichte aus der Perspektive der nicht gerade tiefsinnigen Luisa, der die chinesische Glitzerwelt "hyperreal" vorkommt und deren promiskuitives Sexleben höchstens den "Reiz von eingetrocknetem Bohnerwachs" verströmt. Auch wenn der Kritiker dem Einblick in die leere Kunstwelt noch etwas abgewinnen kann - insgesamt hat ihn dieser Roman verärgert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.04.2011

Christine Regus hält nicht viel von diesem Roman, der ihrer Meinung nach genau das liefert, was die Autorin dem Kunstbetrieb doch vorwerfe: Peepshow statt Reflexion. Silke Scheuermann erzählt in "Shanghai Performance" von der erfolgreichen Künstlerin Margret Winkraft, die, ganz wie die reale Vanessa Beecroft, mit nackten Models skandalträchtige Performances schafft. Ihren Weg zum Erfolg pflastern Enttäuschte, Verbitterte und andere Opfer des unbedingten Kunst- und Karrierewillens. Dazu kommen eine Assistentin, die ihr Privatleben ebenfalls nicht im Griff hat, und eine verlorene Tochter, die nach kurzer euphorischer Wiederbegegnung auch schon wieder dem Vergessen anheim gegeben wird. Regus ist das alles zu abgeschmackt. Die Künstlerin als "kaltes Biest" würde sie sich ja noch gefallen lassen, wenn Scheuermann der Kunstwelt mehr abgewinnen würde als nur Klischees und eine funkelnde Kulisse, wie Regus schimpft. Vielleicht eine These zu Ästhetik und schöpferischem Impuls.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.03.2011

So richtig warm geworden ist Rezensentin Marie Schmidt nicht mit diesem Roman. Das liegt vor allem an der Eiseskälte, mit der die Vanessa Beecroft nachempfundene Performancekünstlerin Margot Wincraft gezeichnet ist: Menschen, selbst die eigene Tochter, sind für sie nur Material ihrer Kunst. Aber auch die Erzählerin Luisa, Wincrafts Assistentin, die ebenfalls ganz in der Kunstwelt aufgeht, bis sie kündigt und zu ihrem Geliebten zurückkehrt, ist nicht wirklich nach Schmidts Geschmack. Beide Frauen sind ihr zu einseitig gezeichnet, zu sehr "modische Figurenkonstellation". Andererseits ist Silke Scheuermann eine ausgezeichnete Autorin, gibt Schmidt zu bedenken, so dass hinter dem ganzen eine Absicht stecken mag. Ganz überzeugt scheint die Rezensentin davon aber nicht zu sein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.03.2011

Liest sich Silke Scheuermanns Roman "Shanghai Performance" zunächst als reine Evokation der schönen glatten Kunstwelt, so entpuppt er sich am Ende in den Augen der beeindruckten Barbara von Becker als veritable "Zivilisationskritik". Assistentin Laura erzählt hier von einem Kunstprojekt, das die von ihr fast religiös verehrte Performance-Künstlerin Margot Winkraft rund um das Thema weibliche Schönheit und Vergänglichkeit in Shanghai umsetzt, erfahren wir. Die Autorin inszeniert hier scheinbar wertfrei die obercoole, der Oberfläche verpflichteten Kunstszene und ihrer Stadtkulisse plus einen hippen "modernen weiblichen Lebensentwurf", erklärt die Rezensentin. In der Abkehr Lauras, die am Ende zu ihrem Exfreund zurückkehrt und Wissenschaftlerin wird, setzt sie aber der Künstlichkeit und Leere etwas entgegen, so Becker einverstanden, die sich bei dem Ganzen auch noch gut unterhalten hat, wie sie betont.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2011

In Jörg Magenaus Augen hat Silke Scheuermann für ihren in Shanghai spielenden Roman über den "Schönen Schein" in der Kunst, hinter dem sich Versagen, Schuld und Tragik verbergen, genau die richtige Kulisse gefunden. Nach Shanghai begleitet die Ich-Erzählerin Luisa ihre bewunderte Chefin, die Performance-Künstlerin Margot Wincraft, und während sich Luisa dort von einer gescheiterten Liebe zu erholen sucht, endet die Suche Wincrafts nach der eigenen Tochter tragisch, lässt Magenau wissen. Ihm gefällt der schlichte Duktus der Geschichte, auch wenn er die Dialoge mitunter unbeholfen findet und ihm die Erzählerin manchmal allzu "erinnerungsschwer" im Ohr klingt. Zudem lobt er Scheuermann dafür, ihre einzelnen Erzählfäden überzeugend auszuführen. Und selbst der quälend langweilige Anfang des Romans, in dem das Casting von Mädchen, die in der Shanghaier Kunstperformance nackt in einem Gewächshaus ausgestellt werden sollen, rekapituliert wird, findet der Rezensent dem Thema Oberflächlichkeit, um das es hier geht, angemessen, zumal die Geschichte bis zu ihrer Schlusstragödie dann erheblich an Fahrt gewinnt, wie er verspricht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2011

Über moderne weibliche Biografien lernt Sandra Kegel in diesem Roman über zwei junge Deutsche auf Kunstmission in Shanghai von Silke Scheuermann eine ganze Menge. Aktuell also erscheint ihr das Buch, doch das ist längst nicht alles. Mit seinem filmischen Tempo, seinem nüchternen, kühl distanzierten Stil, seinen klugen Analysen und seinem Blick auf Shanghai als Zentrum des rasenden Fortschritts nimmt es die Rezensentin rasch gefangen. Wenn dahinter ein Lehrstück über Kunst und Menschlichkeit steckt, umso besser, findet die Rezensentin.
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