Rudolf Loch

Kleist

Eine Biografie
Cover: Kleist
Wallstein Verlag, Göttingen 2003
ISBN 9783892444336
Gebunden, 544 Seiten, 37,00 EUR

Klappentext

Rudolf Loch zeichnet ein Bild des vergeblichen Ringens Kleists um Daseinsbewältigung und vermittelt damit einen Begriff von der Modernität dieses Autors. Sein Werk wird als Versuch beschrieben, neuartige Erfahrungen, Charaktere und Konflikte gestalterisch zu fassen. Er zeigt die Widersprüche, Ungereimtheiten und Gefährdungen dieses Lebens auf und setzt sich dabei intensiv mit der Forschung auseinander - einschließlich der Hypothesen zu jenen Lebensabschnitten, die nur bruchstückhaft oder gar nicht dokumentiert sind. Es gelingt dem Autor, eine breit angelegte Forschung zu Kleists persönlichem und intellektuellem Umfeld für seine Darstellung produktiv zu machen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2004

Über Heinrich von Kleist weiß man wenig, also prescht der Biograf entweder mutig nach vorn oder er hält sich besonnen an die Fakten. Ingeborg Harms hat Rudolf Loch, dem Leiter der Kleist-Gedenkstätte in Frankfurt an der Oder, dabei zugesehen, wie er "mit großem Einfühlungsvermögen, gesundem Menschenverstand und erstaunlicher Spitzfindigkeit" aus dem kargen Material den Roman einer "atemlosen Existenz" rekonstruiert, und auch wenn sie ein paar Haltungsnoten abziehen muss - die Rezensentin applaudiert. Vor allem gelinge es Loch, "von lebensgeschichtlichen Konstellationen aus Schlaglichter auf das Werk zu werfen". Harms lobt den Mut zur Interpretation, der sich mit der Tatsache, dass Loch "einen guten Teil seines Lebens in gedanklicher Auseinandersetzung mit dem preußischen Dichter verbrachte", zu wirklichem Erkenntnisgewinn addiere. Unverständlich ist ihr dagegen, warum der Autor sich der aktuellen Kleist- Forschung verschließt, obwohl er doch die Diskussion keineswegs scheuen müsste. So fehlen dann auch allerlei neuere Erkenntnisse, die anderswo gewonnen wurden, aber das wertet Harms nur als einen Schönheitsfehler einer ansonsten vortrefflichen Biografie.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.04.2003

Stimmt schon, meint Steffen Martus, Heinrich von Kleist war ganz sicher eine exzentrische Gestalt. Und es sei auch eine grundsätzlich gute Idee, sein Leben im Spiegel seiner Werke zu beschreiben, schließlich seien die Parallelen zu seinen Erzählungen und Stücken unübersehbar. Für dieses Vorgehen spreche zudem die dürftige Quellenlage zum Leben des Geheimniskrämers Kleist. Aber, beklagt sich der enttäuschte Rezensent beim Biografen Rudolf Loch, warum dieser "fatale Hang zum Allgemeinmenschlichen"? Loch wisse alles, was es zu wissen gebe, doch habe er es unterlassen, Kleists biografische Eigenartigkeiten zeitgeschichtlich einzuordnen. Was nütze es, wenn von sexuellen Verirrungen die Rede ist, aber nicht von der damals vorherrschenden Geschlechterkultur und ihren frühromantischen Erschütterungen? Und wenn doch, dann nur - abgetrennt vom eigentlichen Text - im Anmerkungsapparat? Diese Abtrennung nämlich, so Martus, mache nicht nur das Lesen mühselig, sondern verdeutliche auch Lochs bedauernswerte Grundtendenz, die Exzentrik Kleists aus dessen historischer Lebenswelt herauszulösen. Und die "äußerst spröde Diktion" mache es auch nicht besser. Verschenkt also, findet Martus - schade!
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Gerhard Neumann sieht in Rudolf Lochs Kleist-Biografie den Versuch, das "Faktische des Lebensganzen" und die "Deutung des Lebenswerkes" zu verknüpfen. Loch argumentiert laut Neumann am Faden von Kleists Briefen entlang. Wo es keine unmittelbaren Quellen gebe, suche der Autor den Weg über das Umfeld der ungeklärten Ereignisse, etwa der Pädagogik der Zeit, Kleists Erzieherin, Kleists das Schweizer Umfeld und so weiter. "Viel Neues" fördere Loch dabei mit seiner Beschreibung von Kleists Studium der Kameralwissenschaften in Königsberg zu Tage, freut sich Neumann: "ein minutiöses kulturhistorisches Porträt der komplexen Situation zwischen Finanz- und Rechtswissenschaft, Gewerbe, Militär und Polizei." Neumann hebt hervor, dass Loch von den Bruchstellen in Kleists Leben ausgeht, wobei er dem Gedanken eines Gleichgewichts zwischen Lebensereignis und Kunstwerk verpflichtet bleibt. Auffallend findet er insgesamt die "Spannungslosigkeit" zwischen "vorzüglich recherchierten Fakten" auf der einen und den "leidenschaftslos und mit dem Charme der Trockenheit vorgetragenen Deutungsansätzen der Werke" auf der anderen Seite.