Robert Gernhardt

Im Glück und anderswo

Gedichte
Cover: Im Glück und anderswo
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783100255037
Gebunden, 286 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Robert Gernhardt liegt die Welt zu Füßen, hier und anderswo, im Licht wie im Schatten. Des Menschen Glück als Liebender, als Reisender, als Speisender, fasst er in seine Verse, des Menschen Unglück, als Alternder, als nur noch Begehrender und Verzehrender, bannt er in seine Strophen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

"Im Glück und anderswo" heißt Robert Gernhardts neuer Gedichtband, und für den Rezensenten Fritz J. Raddatz ist es tatsächlich anderswo, das Glück - dies wird in seinem sturzflutartigen Verriss mehr als deutlich. Es reiche eben einfach nicht aus, einen Dichter zum "Nachfolger Brechts" auszurufen, damit dem auch so sei. Denn für Raddatz bewegt sich Gernhardt unmissverständlich und ausschließlich auf dem Gebiet der "Unterhaltungsliteratur". Daran hat der Rezensent, das spürt man, prinzipiell nichts auszusetzen, doch ist es Gernhardts Art, sich "auf die Schulter der Großen zu stellen", die ihm partout nicht schmecken will und die eine nicht versiegen wollende Reihe von unschmeichelhaften Bezeichnungen aus dem Begriffsfeld des "Gebrauchtwarenhändlers" und des schnellen Pseudo-Künstlers aus ihm hervorsprudeln lässt: "literarischer Pflastermaler", "schnippischer Verkäufer", "Mogelpackung" und so weiter. Gernhardts Lyrik sei "gedankenarm, doch reich an Schick", seine Bilder "schief oder gefällig", seine Motive "nicht variiert, sondern wiederholt" in einer "raumlosen Addition ohne Inhalt - von Gehalt ganz zu schweigen". Nicht "Heines Kühnheit" lasse ihn Worte reimen, sondern "Saloppheit". Seine Gedichtparodien hätten die "parodistische Energie eines Schülerzeitungs-Redakteurs". In schierer Verzweiflung, so scheint es, erinnert der Rezensent schließlich an das, was Literatur ist oder sein sollte: ein "ins Unbekannte führen" und "hinter den Erfahrungshorizont greifen".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.11.2002

Hans Christian Kosler bespricht den bislang umfangreichsten Gedichtband von Robert Gernhardt und ist begeistert. Gernhardt sei nicht im geringsten müde geworden und weiterhin wesentlich mehr als der "Humorlieferant", als der er so lange gehandelt worden sei. Vielmehr sei er ein "zeitgenössischer Chronist", der auch die dichterische Verarbeitung des Tagesgeschehens aus den Zeitungen nicht scheue, "ein Gelegenheitsdichter in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen". Dass der Witz dabei nicht fehle, verstehe sich von selbst, so der Rezensent. Dennoch werde dieser zu durchaus ernsten und ernsthaften Zwecken benutzt, so dass Gernhardt der Position eines Klassikers auch mit diesem Band wieder ein großes Stückchen näher komme.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Auch wenn es geradezu verwerflich erscheine, Robert Gernhardt zu kritisieren, traut sich Michael Braun dennoch, ein paar kritische Worte über dessen neuen und umfangreichsten Lyrikband zu äußern. Der Rezensent pflichtet allen "bedingungslos schmunzelbereiten Gernhardt-Adjutanten" darin bei, dass der Autor es verstehe, in einer wohlbekannten Mischung aus "Ironie" und Koketterie" manch renommierten Dichter und Denker wie Adorno, Benn oder Husserl aufs Korn zu nehmen. Doch es gibt an diesem Band auch einiges, das Braun missfällt. Zum einen stört ihn die "Eitelkeit", mit der Gernhardt diesen Band präsentiert und auf einen "Klassiker-Status" poche: die Gedichte werden nicht in einem Inhaltsverzeichnis präsentiert, sondern in einem "Alphabetischen Verzeichnis der Gedichtanfänge und -überschriften". Zum anderen erscheinen dem Rezensenten die Gedichte so "formsicher", dass sie auf ihn wie solide gefertigte "Fließbandprodukte" wirken. Es ist schon schade, bedauert Braun, dass sich anscheinend kein Lektor mehr an den "sakrosankten Dichter" herantraut. Manch "uninspiriertes Gedicht" wäre dem Leser sicher erspart geblieben, wenn man es noch wagen würde, auch einen Meister wie Robert Gernhardt zu verbessern, meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.09.2002

In Würde zu altern ist ein männliches Privileg, meint Kristina Maidt Zinke zugeben zu müssen und spricht damit zugleich ein großes Lob über den neuen Gedichtband des 63-jährigen Robert Gernhardt. Denn der verstehe es zu reimen wie kaum ein anderer und blicke "abgeklärt" auf verschiedene Phasen des Lebens zurück. Längst sei der einst "gefürchtete" Schriftsteller der "meistgeliebte und gesellschaftsfähigste" unter den deutschen Poeten. Und das, meint die Rezensentin, registriert der Autor mit einen gewissen "Koketterie". Und doch ist Gernhardt nicht eitel und angepasst, freut sich Maidt Zinke. Sein neuer und bisher umfangreichster Gedichtband habe genau diese "Doppelbödigkeit" von Ruhm und Anpassung zum Thema. Schon das Inhaltsverzeichnis lese sich wie "ein lyrisches Gebilde sui generis". Nach wie vor verstehe es der Autor, auch noch mit "der kleinsten Kunst zu spielen", "unerschöpflich" jongliere er mit der Sprache und mit Zuständen, mit "Formen und Finten, Rhythmen und Reimen". Einmal mehr wird deutlich, beobachtet die Rezensentin, mit welch "unzeitgemäß feinnerviger Wahrnehmung" Gernhardt geschlagen ist - was leicht zu "tiefer Schwermut" führen könnte, gäbe es für Gernhardt nicht die Dichtung. Und wieder einmal präsentiert er eine "bunte" Welt, die die "Niederungen der weinseligen Sportreportage" genauso zulässt wie "die Höhen einer wundersam melodiösen Naturlyrik", schwärmt Maidt Zinke.
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