Rafael Seligmann

Hitler

Die Deutschen und ihr Führer
Cover: Hitler
Ullstein Verlag, München 2004
ISBN 9783550075896
Gebunden, 335 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Der Publizist und Zeithistoriker Rafael Seligmann fragt in seiner Hitler-Biografie nach der Ursache für die bislang unverständliche Loyalität der Deutschen zu Adolf Hitler. Seine Antwort: Hitler und die Deutschen wurden von den gleichen Ängsten vor der Moderne geplagt. Daher gelang es Hitler, sich als einzig legitimer und glaubwürdiger Vertreter des deutschen Volkes zu präsentieren. Er griff dabei den traditionellen Antisemitismus auf und radikalisierte ihn im Denken wie im Handeln. So wurde Hitler zum Führer der Deutschen in einem Kreuzzug gegen Vernunft und Menschlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.11.2004

Keineswegs überzeugt zeigt sich Henning Köhler von Rafael Seligmanns Betrachtungen über das Verhältnis der Deutschen zu Hitler. Was Seligmann anbietet, hält Köhler für nicht befriedigend, laufe es doch auf "bloßes Psychologisieren bei erheblich gestörten Bezügen zur historischen Realität" hinaus. Seligmanns Darstellung von Hitlers Eintritt in die Politik 1919 findet Köhler "eigenartig verschwommen", die Abhandlung seiner Aktivitäten bis 1923 zeugen für ihn von einem Unverständnis über das Ausmaß der Krise von 1923. Einverstanden ist Köhler weder mit Seligmanns Einschätzung der Weimarer Republik als "sozialliberale und humanistische Demokratie", noch mit dessen Bewertung ihrer führenden Politiker. Der "Röhm-Putsch" von 1934 werde ebenso "schief und fehlerhaft" dargestellt wie die Rheinlandbesetzung von 1936. Und auch den Ablauf der "Reichskristallnacht" 1938 findet er bei Seligmann "falsch akzentuiert". "Fragwürdig" erscheint ihm oft, was der Autor über die Deutschen und Hitler zu sagen wisse. Im Detail gibt es noch etliche weitere Punkte, die nach Köhlers Ansicht historisch nicht richtig sind.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.06.2004

Die Mitscherlichs haben in den 60ern festgestellt, die Deutschen hätten Adolf Hitler geliebt. Aber warum war das so? Dieser Frage, die weder Joachim C. Fest noch Ian Kershaw in ihren dickleibigen Untersuchungen so recht beantwortet haben, wolle Rafael Seligmann in seinem Buch "Die Deutschen und ihr Führer" auf den Grund gehen, schreibt Angela Gutzeit. Jedoch: "Der behaupteten bedingungslosen Liebe und Treue der Deutschen zu Adolf Hitler vermag Seligmann nicht glaubhaft auf die Spur zu kommen." Seligmann wird von der Rezensentin mit einer beeindruckenden Mängelliste konfrontiert: "Gewollte Vereinfachung" schlage an manchen Stellen um in "unproduktive Verkürzung". Es werde auf "germanischen Mythen" herumgeritten. Womöglich der Moderne inhärente Zerstörungskräfte würden von vornherein ausgeblendet. Die Studie sei "eine Art Geschichtslesebuch, das überwiegend längst Bekanntes zusammenträgt". Auch stilisiere Seligmann Hitler superlativistisch "auf eine Art und Weise zum charismatischen und begabten Führer", von der einem nicht nur "ganz schwindelig" werde, sondern die auch mit Kershaws Analyse kollidiere, wonach Hitlers "große Anspruchshaltung" mit "nur bescheidenen Begabungen" als Staatsmann einhergegangen sei. Vor allem nervt die Rezensentin Seligmanns "ständig spürbarer Drang zur Provokation". Fazit: "Ein Buch mit viel Effekthascherei", aber "wenig Erkenntnisgewinn".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.04.2004

Der Klappentext, der "neue anregende und provozierende Erkenntnisse" zum Verhältnis von Hitler und den Deutschen verspricht, nimmt den Mund sehr voll. Davon bietet das Buch dann, wie der Rezensent Jörg Später resümiert: rein gar nichts. Dass die Deutschen Hitler liebten, schrieben schon die Mitscherlichs. Der Intentionalismus ist alles, nur keine provozierend neue These zur Erklärung des Dritten Reiches. Indem Seligman den Nazismus als Antimodernismus zu begreifen sucht, verpasst er - ohne sie irgendwo zu erwähnen - sämtliche neueren Erkenntnisse der Forschung, die seit geraumer Zeit darauf aufmerksam macht, dass das gerade das Gegenteil der Fall sein dürfte. Im Ton ist die Rezension nicht einmal unfreundlich gehalten, sie lobt - vorsichtig - die "Sprachgewalt" des Autors (die allerdings gelegentlich ins Geschmacklose entgleite) und bescheinigt dem Buch immerhin, "kompakt" und "leicht lesbar" zu sein.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.04.2004

Schon bekannt und dann auch noch zu undifferenziert - diese Kritik muss sich Rafael Seligmann von Rezensent Klaus Hildebrand gefallen lassen. Das neue Buch, in dem Seligmann der Frage nachgeht, warum die Deutschen Hitler derart treu gefolgt sind, liefere dem Leser keine neuen Erkenntnisse. Vor allem die These, dass die "Angst vor der Moderne" die Kraft war, die die Menschen in den Bann Hitlers zog, sei zwar zutreffend, aber "bekannt" und in "zahlreichen Publikationen differenzierter und überzeugender" abgehandelt. Außerdem könne man durchaus Zweifel an der "Zuverlässigkeit" der Darstellung Seligmanns hegen, bemängelt der Rezensent. So sei die Behauptung, dass Hitler Italien im Abessinienkrieg vorbehaltlos unterstützt habe, "zumindest fraglich". Andere Themenkomplexe, wie die Problematik der deutschen England- und Russlandpolitik habe der Autor ungerechtfertigter Weise ganz weggelassen. "Weit hinter dem Forschungsstand zurückgeblieben", resümiert der Rezensent.