Norbert Mappes-Niediek

Balkan-Mafia

Staaten in der Hand des Verbrechens - Eine Gefahr für Europa
Cover: Balkan-Mafia
Ch. Links Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783861532842
Broschiert, 200 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Mit 30 Abbildungen. Die Balkanstaaten drohen zur Beute korrupter Eliten und organisierter Verbrecher zu werden. In Serbien unter Milosevic erhielten Kriminelle planmäßig Polizeiausweise, 142 ungeklärte Morde wurden seitdem registriert. In Mazedonien unterhält die Polizei eigene Bordelle und in Tirana tritt die kolumbianische Mafia als Investor auf. In Bosnien und Mazedonien wird mit jeder Regierung der Zoll- und der Polizeichef ausgewechselt, blüht die Korruption. Wie können die EU-Staaten angemessen darauf reagieren? Soll man warten, bis die jungen Nationalstaaten mit dem Problem selbst fertig geworden sind, oder eingreifen, damit sich keine mafiaähnlichen Strukturen festsetzen? Norbert Mappes-Niediek beschreibt nicht nur die Praktiken der kriminellen Clans und zeigt ihr Vordringen nach Westeuropa auf, sondern unterbreitet auch Vorschläge, wie dem politisch begegnet werden kann.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.06.2003

Der Balkan wird als europäischer Krisenherd im Westen oft als Opfer nationalistischer Bewegungen wahrgenommen, stellt Rezensent Ernst Lohoff zu Beginn seiner Besprechung fest. In Wirklichkeit, meint er, seien es jedoch kriminelle Netzwerke, die keinerlei Interesse am Aufbau regulärer marktwirtschaftlicher und rechtsstaatlicher Verhältnisse haben und dafür sei ein Verzicht auf Staatlichkeit nun einmal ein Standortvorteil. In seiner These sieht sich Lohoff von dem vorliegenden Buch bestätigt. Anhand des Mordes an dem serbischen Ministerpräsidenten weise Norbert Mappes-Niediek, wie eng auf dem Balkan Politik und kriminelle Netzwerke verwoben sind. In dem instrumentellen Verhältnis der Konfliktparteien zu Werten und Ideologien sieht er ein Kernproblem der Misere in Südosteuropa. Als Beleg dafür nennt er das Kosovo, dort sei "aus der Befreiung der Albaner eine Schreckensherrschaft für alle geworden". Auch die Kritik des Autors am "nation-building" des Westens wird vom Rezensenten geteilt. Ebenso wie der Autor hält er die Idee, aus der Spaltmasse Jugoslawiens funktionierende Nationalstaaten zu schaffen, für bereits gescheitert. Nur mit den Lösungsansätzen Mappes-Niedieks mag er sich nicht so recht anfreunden. Er sieht in dem Buch an keiner stelle einen Beleg für die These, die rasche und totale Integration des Balkans in die EU könne die Probleme schneller lösen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.04.2003

Rezensent Jens Becker zeigt sich recht angetan von diesem Buch, das die mafiaartigen Strukturen in Staat und Gesellschaft als Grundübel der Anfang der 1990er Jahre neu entstandenen Staaten Südosteuropas sichtbar mache. Etwa die Verbindungen von Mitgliedern der alten Nomenklatura mit kriminellen Zirkeln. Einleuchtend findet Becker, wie der Autor, ein langjähriger Balkan-Journalist, den bizarren Kult um "Arkan", jenen Prototyp des staatlich geförderten "Kriegs- und Friedensverbrechers" auf serbischer Seite, nachzeichnet. "Solche Figuren illustrieren", erklärt Becker, "wie fließend die Grenzen zwischen ethnischen Konflikten und kriminellen Interessen sein können." Becker nennt Serbien mit 150 mafiabedingten Morden seit 1991 als Extrembeispiel "im Zwischenreich von Politik, Polizei und Verbrechen" (Mappes-Niediecks). Doch Albanien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Kroatien und Bulgarien haben vergleichbare Probleme, berichtet Becker: "Schwarze Löcher", Bereiche, in denen keine Gesetze gelten beziehungsweise der Staat keine Anstalten macht, sich Autorität zu verschaffen. Hier, pflichtet er Mappes-Niedieck bei, gilt es, die polizeiliche und juristische Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu reformieren und künftig stärker durchzugreifen. Mappes-Niediecks "Balkan-Mafia" hat Becker rundum überzeugt, weil es "sorgfältig recherchiert" und "gut geschrieben" ist. Fazit des Rezensenten: ein "exzellentes Sachbuch".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.03.2003

Thomas Schmid weist Norbert Mappes-Niediek als langjährigen Balkan-Korrespondenten verschiedener deutscher Blätter aus, unter anderem auch der Zeit selbst. Der Rezensent rechnet dem Autor hoch an, dass er mit den mafiosen Strukturen auf dem Balkan endlich ein Thema behandelt, das in bisherigen Publikationen nur am Rande behandelt wurde. Denn die Verquickung von Politik, Geschäft und Unterwelt funktioniert in Kroatien, Montenegro und Albanien ebenso reibungslos wie in Serbien, wo der Mord an Premier Zoran Djindjic den traurigen Höhepunkt einer Serie von insgesamt 150 ungeklärten Mafiamorden darstellt, so Schmid. Er umreißt das Thema in seiner Rezension geschickt, sagt aber bedauerlicherweise nicht, inwieweit diese Informationen dem vorgestellten Buch zu entnehmen sind.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2003

Als gruselig empfindet Cathrin Kahlweit die Lektüre dieses Buchs über die Balkan-Mafia, das nach dem Mord am serbischen Premierminister Zoran Djindjic ungeahnte Aktualität erhält. Auch von Djindjic wurde mehrfach behauptet, er habe Geldspenden von Schmuggelbanden angenommen. Das tragische Fazit des Buches jedenfalls lautet, dass die neuen und alten Staaten des Balkans alle von mafiösen Strukturen durchzogen sind. Mit anderen Worten: Mafiabanden haben die politische Konstituierung und die ethnischen Konflikte zum Ausbau der eigenen Machtsstrukturen genutzt. Das Buch wimmelt nur so von Zahlen und Einzelbeispielen für die mafiosen Verstrickungen, berichtet Kahlweit, dass es die Lektüre für den Laien etwas unübersichtlich gestalte. Dass Autor Norbert Mappes-Niedeck die Zahlen häufig nicht belegen kann, hält sie für verständlich: Verbrecherorganisationen lassen sich nun mal ungern in die Karten schauen, meint Kahlweit. Doch wenn nur die Hälfte des angesammelten Materials stimmen würde, wäre dies schlimm genug. Wo westliche Staaten meinten, in ethnischen Konflikten zu vermitteln, arbeiteten sie stattdessen kriminellen Organisationen in die Hände.
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