Michael Lentz

Liebeserklärung

Roman
Cover: Liebeserklärung
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783100439239
Gebunden, 189 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Michael Lentz erzählt die Geschichte einer Trennung, einer neuen Liebe und einer winterlichen Reise durch Deutschland.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.10.2003

Dieser Roman, in dem sich ein "unglücklich verliebter" Ich-Erzähler auf einer Zugreise über Gott und die Welt und die Liebe seine Gedanken macht, erinnert die Rezensentin Nicole Henneberg nicht wenig an die "Schimpftiraden" Thomas Bernhards. Denn das "Staatsschimpfen" nimmt ziemlich viel Raum in dem Buch ein, bemerkt die Rezensentin, die um so erfreuter ist, dass sich in den monologischen Gedankengängen des Erzählers immer wieder Erinnerungen an die Kindheit einstellen, die "verblüffend" zart und verletzlich wirken. Henneberg gefällt der "Kontrast", den diese Erinnerungen zu den unfrohen Gedanken bilden, und zeigt sich berührt von den "schmerzvoll-ironischen Bildern", die dabei auftauchen. Hier entsteht so etwas wie ein "Dialog" mit den Lesern, so die Rezensentin, die insbesondere an diesen Passagen die "Überzeugungskraft" und den "Reiz" des Romans festmacht. Die "Liebeserklärung" von Lentz richtet sich letztlich, da alle anderen Beziehungen gescheitert sind, an die Sprache, erklärt die Rezensentin. Und wenn sich dabei hin und wieder auch "Plattitüden" in das Buch einschleichen, so Henneberg kritisch, trägt die "erotische Kraft" der Sprache doch über seine ganze Länge.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.10.2003

Susanne Messmer zeigt sich beeindruckt von der "bewundernswerten Eindringlichkeit", die dieser Text ausstrahlt. "Die Schwierigkeit, dem Thema Liebe noch etwas Neues abzuringen - das ist der Motor, der diesen furiosen Text so beweglich macht", staunt Messmer, die ansonsten nicht so viel für das Thema übrig zu haben scheint. Vor allem ist nach Meinung der Rezensentin bemerkenswert, wie Lentz es schafft, sich auf die Essenz des Scheitern der Liebesgeschichte zu konzentrieren - Erklärungen werden gar nicht erst im Freundeskreis oder bei den fehlenden gemeinsamen Interessen gesucht. Dass dabei nicht unbedingt eine leichtgängige Lektüre herausgekommen ist, versteht sich nach Messmers Meinung von selbst: "Kein süffiges Buch also, aber ein Buch, das einen eigenen Sog entwickelt, eine Spannung, die entstehen muss, wenn im Bekannten etwas Unbekanntes gefunden werden soll".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.10.2003

Ganz hingerissen ist Beatrix Langner von Michael Lentz' "triumphalem" Romandebüt. Für die Rezensentin bedeutet die "Liebeserklärung" den langersehnten Abschied von der "schlichten Erlebnisprosa deutscher Autoren, Abschied von der gespielten Unschuld". Vor dem Hintergrund einer "schönen" Geschichte, den Bahnfahrten eines liebeskranken 36-Jährigen von der Ehefrau zur Geliebten und zurück, gelinge es Lentz, Gedanken über Liebe und Poesie zu entfalten, von denen die Rezensentin sichtlich beeindruckt ist. Langner lobt die Reflexivität des Textes, der sich und seine Sprache nie aus dem Blick verliere, ebenso wie den zum Inhalt passenden zerrissenen Sprachrhythmus und die Anspielungen auf Kleist, Hoffmannsthal und andere. "Große Literatur", resümiert Langner, "in seinen elegischsten Passagen meint man den leibhaftigen Thomas Bernhard zu hören".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.09.2003

Friedhelm Rathjen vergleicht dieses Buch, in dem ein Ich-Erzähler, der seine Ehefrau wegen einer Neuen verlassen hat, mit der Bahn durch Deutschland reist, mit der Erfahrung der Liebe selbst. Nach einem rasanten, beglückenden Anfang kommt irgendwann die Ernüchterung und dann die Langeweile, so der Rezensent, der an dem Roman das selbige bemängelt. Nachdem er den Anfang für seine "Direktheit" gepriesen hat, geht es, wie der Rezensent enttäuscht feststellt, stetig abwärts. Es gehe Michael Lentz nicht um das Erzählen spezifischer "Situationen", sondern vielmehr um das "Benennen" der Zustände, erklärt Rathjen noch zustimmend, und er findet es nur angemessen, dass der Autor das über "dualistische Strukturen" erzählter Sprach- und Ortlosigkeit zu erreichen versucht. Dass sich der Text dabei allerdings zum "sprachlichen Fleischwolf" und zum "verbalen Patchwork" entwickelt, sagt dem Rezensenten weniger zu. Außerdem bemängelt er, dass Lentz seine Geschichte mit Zitaten aus der "Hoch- wie Tiefliteratur" anreichert. So verkomme der "konkretistische Umgang mit der Sprache", der ihn am Anfang so gefallen hat, zum Kalauern. Dazu hätte dem Buch die Kürzung auf die Hälfte oder gar ein Drittel seines Umfangs gut getan, meint ein am Ende gelangweilter Rezensent, der ein "großes Gähnen" nicht unterdrücken kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.09.2003

Julia Encke musste an Rolf Dieter Brinkmann denken bei Michael Lentz' trauriger Herbst- und Liebesgeschichte: Diese Erzählerstimme, schwankend zwischen "Laut und Leise, Aggression und Zärtlichkeit", wahrscheinlich "tief und rau", würde sie wirklich erklingen. "Wie ein Herumschwanken, nachts" sei dieser Roman, der vom Ende einer Ehe erzählt, und von einer neuen Liebe, einem neuen Ringen, keiner Erlösung. Und zwischen den Szenen des Kampfes um die Liebe: Blicke auf "ein im Abschwung begriffenes Land". Was fehlt, bedauert Encke ein bisschen, sei eine gelegentliche Leichtigkeit, wie bei Brinkmann. Bei Lentz sei der Herbst "grau und düster, niemals heiter". Dennoch: der schönste Roman für diese Jahreszeit, den man sich vorstellen kann.
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