Martin Heidegger

Überlegungen II-VI (Schwarze Hefte 1931-1938)

Gesamtausgabe, IV. Abteilung: Hinweise und Aufzeichnungen. Band 94
Cover: Überlegungen II-VI (Schwarze Hefte 1931-1938)
Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt/Main 2014
ISBN 9783465038146
Broschiert, 600 Seiten, 58,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Peter Trawny. Band 94 der Gesamtausgabe Martin Heideggers ist der erste von drei Bänden, in denen die "Überlegungen" zur Veröffentlichung kommen. Das erste Heft dieses Bandes beginnt im Herbst 1931, das letzte schließt im Juni 1938. Die Auseinandersetzung mit der Entscheidung zum einjährigen Rektorat an der Freiburger Universität 1933/34 nimmt einen großen Raum ein. Es wird deutlich, dass Heidegger bei aller Zustimmung zum politischen Umbruch der Nationalsozialisten von Anfang an Bedenken gegen diese hegt. Die Niederlegung des Amtes gibt neuen Raum frei für die Ausarbeitung des seinsgeschichtlichen Denkens, das unmittelbarer als in allen anderen Schriften Heideggers auf alltägliche Phänomene in Religion, Kunst und Wissenschaft angewendet wird. Insbesondere diese seine seinsgeschichtlichen Lagebeurteilungen bestimmen den Charakter dieser Hefte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.04.2014

Uwe Justus Wenzel hat sich sehr ernsthaft auf die mühsame Lektüre von Martin Heideggers "Schwarzen Heften" (1931-1941) eingelassen. Diese Aufzeichnungen des Denkers des "Seyns", die jetzt als Bände 94 bis 96 der Gesamtausgabe erschienen sind, umkreisen, wie er detailreich erläutert, in immer neuen Skizzen Aufgang und Untergang des "Seyns" und des "Menschentums" - und die Rolle des "Judentums" hierbei. Die Zitate, die Wenzel in seiner Besprechung bringt, vermitteln einen guten Eindruck von dem für Heidegger typischen raunenden, schwülstigen, dunklen und mystisch wabernden Sound. Im Blick auf Heideggers Antisemitismus erklärt der Rezensent um Korrektheit bemüht, dass antisemitische Passagen bezogen auf den gesamten Umfang der "Schwarzen Hefte" eher selten vorkommen, nämlich ungefähr ein Dutzend Mal auf 720 Seiten. Diese Passagen findet er gleichwohl sehr "abstoßend". Wenzel zitiert Hans Jonas, der im Blick auf Heidegger vom Rätsel sprach, "dass man ein Denker sein kann und dabei ein niedriger Mensch", um seinerseits zu dem Schluss zu kommen, dass dieses Rätsel mit der Publikation der "Schwarzen Hefte" noch größer geworden ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.03.2014

Für Thomas Meyer bietet dieser Teil der Heidegger-Gesamtausgabe Gelegenheit, die Selbstüberhebung eines Denkens ins Totalitäre zu beobachten. Dass Heideggers Schwarze Hefte Teil des Gesamtwerks sind, daran hat Meyer keinen Zweifel, auch wenn ihm die Lektüre der "Überlegungen" deutlich die Mischung aus Klarsicht, Selbstüberschätzung und Verzweiflung Heideggers vor Augen führt. Klärend und präzisierend wirken die Aufzeichnungen für den Rezensenten auf den Rest des Werkes, indem sie die Denkbewegung des Autors freilegen, wie Meyer schreibt. Dass dies vom Autor so gewollt sein sollte, erstaunt Meyer. Verständlich aber scheint ihm der Philosoph deswegen noch lange nicht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2014

Die "Schwarzen Hefte" des Philsophen Martin Heidggers, die nun in mehreren Bänden als Abschluss der Gesamtausgabe seiner Werke erschienen sind, zementieren für Dirk Pilz, was er schon lange wusste: der Denker des Seins war - trotz seiner Kritik am "Vulgärnationalsozialismus" der machthabenden Nazis - ein waschechter geistiger Nationalsozialist mit einer nationalsozialistischen und vor allem antisemitischen Philosophie. Daran ist nach Ansicht des Rezensenten nach der Lektüre der nun vorliegenden Bände nicht mehr zu rütteln, zumal Heidegger seine Aufzeichnungen aus den Jahren 1931 bis 1941 um 1970 noch einmal durchgesehen und als Abschluss seiner Werkausgabe bestimmt hat. Wohl, wie Pilz vermutet, weil er darin sein "philosophisches Vermächtnis" sah.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.03.2014

Nach der Lektüre der jetzt im Rahmen der Gesamtausgabe erschienenen "Schwarzen Hefte" des Philosophen Martin Heideggers ist für Rezensent Micha Brumlik der letzte Zweifel ausgeräumt: der Denker des Seins war ein "überzeugter Nationalsozialist". Brumlik hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es sich bei den von 1939 bis 1941 verfassten "Schwarzen Heften" nicht etwa um schnell hingeworfene Notizen handelt, sondern um Niederschriften, die präzise, sorgfältig und wohlüberlegt daherkommen, und die Heidegger selbst als Abschluss der Gesamtausgabe seiner Werke sehen wollte. In diversen Passagen wird für den Rezensenten deutlich, dass Heidegger kein konventioneller Antisemit wie zahlreiche andere Philosophie-Professoren war, sondern dass er tatsächlich versucht hat, die politische Form des Nationalsozialismus und dessen Antisemitismus philosophisch zu artikulieren. Insofern charakterisiert Brumlik das Denken Heideggers als bis in die Details nationalsozialistisch.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.03.2014

Mag es bisher noch jene Verteidiger Heideggers gegeben haben, die seinen Antisemitismus als normal-katholisch herunterspielten (oder ihn ganz bestritten), mit der Veröffentlichung der "Schwarzen Hefte" ist damit endlich Schluss, hofft Thomas Assheuer. Denn in Heideggers Denktagebüchern aus den Jahren 1931 bis 1941 wird nicht nur klar, dass der Philosoph ein überzeugter Nationalsozialist war und lange Jahre in Adolf Hitler eine Heilsgestalt erblickte, die alle Welt aus der verderblichen "Seynsvergessenheit" der Moderne reißen sollte, sondern auch, wie eng seine politisch-philosophischen Vorstellungen mit seinem Judenhass zusammenhingen, erklärt der Rezensent. In späteren Einträgen distanzierte Heidegger sich zwar von Hitler und den "Braunhemden", jedoch nur, weil für ihn die Nationalsozialisten "mit ihren Stiefeln fest in den Endmoränen der Neuzeit" steckten, die es ihm zu zerstören galt, so Assheuer, dem bei Sätzen wie "Alles muss durch die völlige Verwüstung hindurch" fröstelt. Vielleicht versetzen diese Bände der Selbstverständlichkeit, mit der Heidegger inzwischen begegnet wird, einen ordentlichen Schlag, hofft der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.02.2014

Achtung Heidegger-Adepten!, ruft Jürgen Kaube. Wie sich Heidegger zwischen 1931 und 1938, zur Zeit seines Freiburger Rektorats, die Welt vorgestellt hat, die philsophische Welt und vor allem seine philosophische Welt, das vermag der Rezensent der nun veröffentlichten ersten Abteilung von Heideggers "Schwarzen Heften" mit einigem Unbehagen zu entnehmen. Die Krise des Philosophen manifestiert sich laut Kaube in Verachtung des philosophischen Betriebs, in der Erahnung einer Weltstunde der deutschen Philosophie, die durch den Nationalsozialismus hindurch gehen müsse, sowie in Maßlosigkeit und Ahnungslosigkeit. Unter welchen Umständen sich Isolation als Voraussein deuten lässt, das kann Kaube nach dieser ernüchternden Lektüre ermessen.
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