Mark Z. Danielewski

Das Haus

House of Leaves. Roman
Cover: Das Haus
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2007
ISBN 9783608937770
Gebunden, 827 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Christa Schuenke, unter Mitarbeit von Olaf Schenk. Als der Pulitzer-Preisträger Will Navidson mit seiner Frau und den beiden Kindern in das Haus zieht, ahnt er nicht, wie hier sein Leben aus den Fugen geraten wird. Ganz beiläufig filmt er die alltäglichen Vorgänge in den Zimmern und Fluren; ganz beiläufig muss er feststellen, dass dieses Haus über Räume verfügt, die kein Grundriss verzeichnet. Nachdem Navidson bei einer ersten Erkundung dieser Räume fast den Rückweg nicht mehr findet, holt er Hilfe - ein Ingenieur und ein professioneller Höhlenforscher sollen die unermesslichen Räume im Hausinneren erforschen helfen. Und immer läuft die Kamera mit - und zeichnet auf, was über den Verstand aller Beteiligten geht und ganze Generationen von Filmkritikern und Kinogängern schaudern lassen wird.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.01.2008

Als "maximal üppig" und überaus auf der Höhe der Zeit bewertet Rezensent Diedrich Diederichsen diesen Roman, dessen Handlung aus seiner Sicht "über die Hochebenen der Kulturtheorie" in typografische Labyrinthe und Textspiralen führt - anscheinend ohne je zu langweilen oder die Architektur des Romans auszuleiern. Vorwerfen kann Diederichsen dem Autor höchstens, dass er zu viel auf einmal wollte: nämlich Pynchon und Derrida imaginär applaudieren zu hören und es auch dem Klientel von "Blair Witch Project" recht zu machen. Das ausgiebige Fußnotenwesen des Buches dagegen gefällt dem Rezensenten sehr. Und die Geschichte sowieso, die anhand eines Fotografen, der mit zwei Kindern und seiner Model-Ehefrau ein Haus auf dem Land kauft und bezieht, Fragen und Debatten illustriert beziehungsweise an sie andockt, die gerade jetzt die Gegenwartskünste- und -diskurse massiv beschäftigen: nämlich "Sound, Raum und die strukturale Celebrity-Kultur"- was immer das zu bedeuten hat. Jedenfalls müssen die Diskurse und Handlungen im Roman derart plastisch Form annehmen, dass bei Diederichsen am Ende von einem "bewohnbaren Buch" die Rede ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.11.2007

Guido Graf hat Ungeheuerliches gelesen, ein Monstrum von einem Roman mit 800 Seiten und 450 Fußnoten - und er ist begeistert. Einen "unheilvollen Sog entwickelten die beiden Geschichten, die der amerikanische Autor Mark Danielewski hier miteinander verbinde oder vielmehr ineinander verschachtele. Aber da Danielewski die "Klaviatur postmoderner Erzählkunst" beherrsche, lässt sich Graf gern ein wenig Konstruktion gefallen. Es geht, lesen wir, um einen jungen Schreiberling, dem das Manuskript eines verstorbenen Blinden in die Hände fällt, der sich darin mit einem Dokumentarfilm auseinandersetzt, den es nicht gibt. In dem Film wiederum geht es um ein Haus, das ein seltsames Eigenleben führt. Unplausibel scheint das an keiner Stelle zu werden, und wenn dann höchstens in voller Absicht, so dass der Rezensent schließlich davon schwärmt, wieviel "Schuld und Sehnsucht, Verlorenheit und unendlicher Traum" in dieses Buch Eingang gefunden haben. Ach ja, die Übersetzung von Christa Schuenke findet Graf auch "fantastisch".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2007

Dies ist der "erste große Roman des einundzwanzigsten Jahrhunderts", schreibt Rezensent Richard Kämmerlings. Seine Besprechung versucht, uns in diesen Text einzuführen, der ein Haus sei, "Stein gewordener Poststrukturalismus" voller Anspielungen, Deutungsebenen und permanenten Überschreibungen. Die "vertrackte Herausgeberfiktion" samt Fußnoten, Anhang und Index verschütten und überschreiben die im Zentrum stehende Geschichte des unheimlichen Hauses, in deren mysteriösen Tiefen sich ein Schrecken verberge. Etwas unerklärlich Unheimliches, etwas phantastisch Psychotisches wird durch filmtheoretische Anmerkungen ebenso wieder irritiert und in seiner Bedeutung verändert wie durch Hinweise auf Kriegstraumen; alles dreht sich letztlich um "Schuld und Verlust", meint Kämmerling. Allerdings gibt er auch zu, dass alles auch anders sein könnte... Man komme dem Geheimnis bis zum Schluss nicht auf die Spur. Insofern ist diese Besprechung gewissermaßen eine Warnung vor der Lektüre. Gleichzeitig aber wirft uns Kämmerling derart faszinierende Brocken aus Nacherzählung und Deutung hin, dass kaum eine andere Lösung bleibt, als diesen Roman selbst zu lesen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Jan Süselbecks Rezension von Mark. Z. Danielewskis "Das Haus" fehlt es an Distanz. Das räumt Süselbeck auch freimütig ein und gibt zu, es nach der Lektüre nicht geschafft zu haben, sich den forciert verschlungenen Strukturen dieses Romans zu entwinden. Danielewski lässt seine Erzählerfigur Johnny Truant den Nachlass eines verstorbenen Alten namens Zampano ordnen und sich dabei in den gedanklichen Bizarrerien des Verstorbenen verwirren. Zentrales Stück der Hinterlassenschaft ist eine pseudowissenschaftliche und fußnotengespickte Abhandlung über einen fiktiven Dokumentarfilm. Dabei nehme Danielewski mit der Aufschichtung fiktiver Kommentarebenen nicht nur akademische Gepflogenheiten aufs Korn, sondern spiele mit Querverweisen und streue eifrig und gezielt allerlei literarische Special Effects in die poststrukturalistische Interpretationsmaschinerie. Diesem irrgartenartigen Text verleiht Süselbeck das etwas ambivalente Prädikat des "abgefahrensten Romans des Jahres" und warnt vor dessen Lektüre - ohne im mindesten zu suggerieren, dass diese das Wagnis nicht wert sei. Der Rezensent selbst wirkt ob seiner Verhedderung im Romandickicht im übrigen durchaus wohlgelaunt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.09.2007

Den Autor denkt sich Georg Klein als Gott. Das Buch selbst nicht als Horror- sondern als Künstlerroman, in den Mark Z. Danielewski nicht weniger als seine ganze Welt gepackt hat. Nicht ganz einfach für Klein, sich da durchzugraben. Der "zentrale Plot" einer Haunted-House-Story, lässt er uns wissen, bekommt schon bald Konkurrenz durch weitere Handlungsstränge, pompöse 450 Fußnoten, den kreativen Umgang mit Schrifttypen und andere Einfälle des Autors. Die Glaubwürdigkeit des Ganzen sieht Klein zwar schwinden, und die Text-Konstruktion hört er mitunter ächzen. Doch so komplex und riskant das alles ist, unser Rezensent hält durch und das sogar mit Freude: "Unser Ego darf stolz sein".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.08.2007

Hymnisch preist Angela Schader den Debütroman von Mark Z. Danielewski, der erst sieben Jahre nach dem amerikanischen Original in deutscher Fassung vorliegt, als literarische und gestalterische Meisterleistung. Es handelt sich bei dem Roman nicht nur auf der erzählerischen Ebene um ein wahres Labyrinth, das mit Textverweisen, Fußnoten, falschen Fährten und gestalterischen Eskapaden hohe Anforderungen an Verlag, Übersetzung und nicht zuletzt die Leser stellt, macht die Rezensentin klar, die allerdings beteuert, dass man für die Mühe reichlich entlohnt wird. Der Haupterzählstrang berichtet von Fotoreporter Will Navidson, der mit seiner Familie ein neues Haus bezieht, welches bald ein seltsames Eigenleben entwickelt. Neben vielen anderen Veränderungen bringt das Gebäude einen Korridor hervor, der in ein Labyrinth führt, das nicht nur von einer "schattenhaften Kreatur" bewohnt wird, sondern der ganze Suchtrupps verschwinden lässt, fasst Schader zusammen. Die Komplexität des Romans scheint geradezu uferlos, meint Schader überwältigt und gesteht, dass sie geradezu suchthaft den Wortspielen und Anspielungen nachgespürt hat und sich so das Vergnügen am Text damit noch erheblich gesteigert hat. Sie ist deshalb auch von der Übersetzung ziemlich beeindruckt. Christa Schuenke hat sogar noch einen eigenen Exkurs über das Rätsel eingefügt, das man getrost als "Visitenkarte" der Übersetzerin verstehen kann, so Schader amüsiert.