Mariam Kühsel-Husseini

Gott im Reiskorn

Roman
Cover: Gott im Reiskorn
Berlin University Press, Berlin 2010
ISBN 9783940432889
Gebunden, 309 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Das Buch erzählt die Geschichte einer alten afghanischen Kalligraphenfamilie: Ende der fünfziger Jahre nimmt sie einen europäischen Gast auf, den jungen Kunsthistoriker Jakob Benta aus Berlin. Sayed Da ud Hussaini, der Kalligraph des Königs, und dessen Sohn Rafat führen ihn in die Herzkammern des Orients, in die Schreibkunst, in die Poesie. Jakob Benta erlebt zauberhaft machtvolle Augenblicke: Momente der Schöpfung mit dem Kalligraphen, einen Dichter-Wettstreit mit dessen Sohn Rafat unter den Buddha-Statuen in Bamiyan und schließlich Gott im Reiskorn . Als Benta Afghanistan nach Jahren verlässt, ist ihm das Rätsel des Orients noch verschlossener und größer als zu Beginn seiner Begegnung.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.01.2011

Glatter Verriss. Für den Rezensenten Walter von Rossum ist dies Buch geradezu ein Paradebeispiel für den von Edward Said beklagten Orientalismus des Westens. Mariam Kühsel-Hussaini erzählt die Geschichte einer berühmten Kalligrafenfamilie, die einen deutschen Kunsthistoriker bei sich aufnimmt und viele Wochen in ihrem Haus wohnen lässt. Es ist die Geschichte ihrer Eltern und Großeltern, so Rossum. Doch dürfen die hier nicht einfach in ihrer Größe und Fremdheit sein, wer sie waren, nein, sie werden zu Metaphern für den Orient, für eine gefühlte statt verstandene, "ideale Welt der Andersartigkeit", kritisiert der Rezensent. Auch mit der Sprache Kühsel-Hussainis kann Rossum nichts anfangen. Poetisch ist sie, gibt er zu, aber  oft auch einfach "verblasen".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.10.2010

Ob hier der Lektor geschlafen hat? Roman Bucheli glaubt dies auf keinen Fall. Eher noch vermutet er bei den Textwächtern in diesem Fall eine Ahnung von der Größe im Widerspruch, im Mangel, im Gestelzten, den Stilblüten etc. Solcherart, in seiner Ausgesetztheit und Unbedingtheit, wird der Debütroman der aus Kabul stammenden Mariam Kühsel-Hussaini für Bucheli zum Ereignis. Wie die deutsche Sprache hier im Verein mit dem Persischen klingt, das hätte der Rezensent gar nicht für möglich gehalten, fremd und vertraut zugleich, musikalisch, tänzerisch wie gedankenschwer schwelgend. Die beiden westöstlichen Begegnungen, die die Autorin verhandelt, und dass sie dabei von der afghanischen Revolution erzählt, vom Einmarsch der Sowjets und von der Möglichkeit, zugleich im Orient und im Okzident zu Hause zu sein, dies alles scheint fast zu verblassen vor dem Fest der Farben und Töne und dem Bruch mit uns vertrauten ästhetischen Konventionen, den Bucheli begeistert konstatiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2010

Voll kühner Gedanken und sprachlich überraschend findet Rezensentin Felicitas von Lovenberg das Debüt der in Deutschland lebenden Mariam Kühsel-Hussaini über ihre afghanische Familie und den Dialog zwischen Orient und Okzident, das Lovenberg im Aufmacher der Literaturbeilage zusammen mit dem neuen Roman von Thomas Lehr bespricht. Die Reife der jungen Autorin äußert sich für Lovenberg in einem ganz eigenen kalligrafischen Stil, aber auch im Selbstbewusstsein, mit dem sie aus der Erinnerung schöpft und von der Schönheit ihrer Heimat erzählt, etwa von den Buddhas von Bamiyan oder einem so nicht mehr existenten Kabul. Den hohen Ton, den sie dabei anschlägt, nimmt die Rezensentin als Ausweis echter Wehmut und eines feierlichen Stolzes, u. a. darauf, in beiden Kulturen zu Hause zu sein.
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