Lars Gustafsson

Auszug aus Xanadu

Gedichte
Cover: Auszug aus Xanadu
Carl Hanser Verlag, München 2003
ISBN 9783446203648
Gebunden, 104 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen von Verena Reichel und Hans Magnus Enzensberger. Jedes Jahr Ende August pflegte Khubilai Khan von seinem Sommerschloss in Xanadu aufzubrechen. Auf einen Diwan hingestreckt, in einem Haus, das vier Elefanten trugen, ließ er sich nach Peking transportieren. Woran der Khan auf einer solchen Reise dachte? Vielleicht weilte er in Gedanken bei dem verflossenen Sommer. Auch Gustafsson ist in Xanadu gewesen und entführt uns in eine poetische Welt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Wirklichkeit und Reflexion.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.02.2004

Nico Bleutge zeigt sich fasziniert von der Genauigkeit, mit der die Verse des schwedischen Autors Lars Gustafsson "die Welt abtasten" und den "wunderlichen / kleinen Dingen" ihre Geheimnisse entlocken. In diese Gebilde sei "die Vergänglichkeit eingeschrieben", so Bleutge, "ein Jahrmillionen altes 'Vielleicht' / das grau geworden ist", wie es in einem der Gedichte heißt, das es dem Autor ermögliche, "Welt- und Sprachteilchen" auszubalancieren. Dabei verknüpft Gustafsson die Gedichte motivisch miteinander, was zuweilen dazu führt, dass sie sich zur "Sentenz" zu verfestigen drohen, wie der Rezensent kritisch anmerkt. Meist jedoch entgehe der Autor dieser Gefahr und schaffe es mit seinem "einfachen", "nüchternen" Ton den "Wellenschlag der Wörter" zu ändern, bis diese "ruhig" ans Ohr des Lesers gleiten. Dies zu transportieren gelingt der von Verena Reichel und Hans Magnus Enzensberger besorgten deutschen Übersetzung in beeindruckender Weise, lobt Bleutge.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.12.2003

Ein Nachmittags-Gedichtband ist das, meint die Rezensentin Iris Radisch. Nachmittag für Lars Gustafsson, der nun in Rente geht und aus dem texanischen Austin nach Schweden zurückkehrt. Philosophie hat er gelehrt in Austin und wie stets gibt es auch mehr oder minder philosophische Gedichte (Kapitel "Philosophien"): Heidegger, Frege und Athanasius kommen darin vor. Gelobt werden die "betörenden Gedankenspiele" dieses Abschnitts, auch der "romantische Witz". Mehr noch aber haben es Radisch jene Kapitel angetan, die Reminiszenz sind, Erinnerungen an Altschweden, oder noch viel grundsätzlicher: Erinnerungen an eine "ältere Welt" voller Tretschlitten, eine "Welt der sinnlichen Genauigkeit", mit der sich die neue Welt, die Gegenwart nicht mehr messen kann. Es ist diese alte Welt, die Gustafsson in "nachgerade unverschämter Schönheit" heraufbeschwört, so Radisch, offenkundig verzaubert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.11.2003

Ein skandinavisches "Parlando des Zwielichts" hat Burkhard Müller gelesen, und es hat sich so beruhigend auf seine Seele gelegt wie die nächtliche Präsenz der Katze am Fußende des Schlafenden in seinem Lieblingsgedicht von Gustafsson. Es stehen, schreibt er, traurige Gedichte in diesem Band, die der Augenblickhaftigkeit der Existenz ins Auge blicken und sich dann wieder tröstend in der Weite der Natur verlieren oder eben in der diskreten Nähe des Katzenkörpers - nicht, weil der Trost schlüssig, sondern weil er wohltuend ist und bitter nötig. Im Gedicht von "Tante Svea" zum Beispiel werfe "ein kleines kindliches Unglück einen achtzig Jahre langen Schlagschatten über ein Leben": Als Kind bekam sie - ein unerhörtes Glück! - neue Schuhe, die sogleich beim Trocknen am Ofen verbrannten - die Sohlen waren aus Pappe. Worauf das Leben noch achtzig Jahre lang weiterging, "strebsam und bitter". "Eine "rechte Dezemberdichtung" sei es, schreibt Müller, doch eine, die sich "wunderbar vorlesen" lasse und dabei ungeahnte Heiterkeit entfalte - ein Verdienst, so vermutet der des Schwedischen Unkundige, der beiden Übersetzer.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.09.2003

Der Rezensent Hermann Wallmann kommt aus der Begeisterung über Lars Gustafssons neuen Gedichtband gar nicht heraus. Und damit der Leser diese Begeisterung auch nachvollziehen kann, erläutert er haarklein die zwei einleitenden Motti und Prologe des Bandes. Das erste Motto, so der Rezensent, zitiert den Anfang des "Kubla-Khan"-Gedichts von S. T. Coleridge, während das zweite eine Passage aus Goethes Farbenlehre ist, die von der Farbe des Schattens handelt. Die zwei darauf folgenden Prologe, ein erster, "rationalistisch fundierter" und auf Enzensbergers "Poesie-Automaten" anspielender Text und ein zweiter, der auf Coleridges Quelle Marco Polo anspielt, stehen "chiastisch" zu den zwei Motti. Überhaupt sei der ganze Band wie ein Syllogismus komponiert, in dem einer "epischen oder logischen Integration" die "erotische Inventarisierung von Einzelheiten" gegenübersteht, meint Wallmann. Lars Gustafsson, der "Alte Meister sinnlicher und philosophischer Synästhesien" habe mit diesem Band seine "Summa" vorgelegt, lobt der Rezensent. Nur mit Hans Magnus Enzensbergers Übersetzung des Titels ist er etwas unzufrieden, denn im schwedischen Original laute der Titel "En tid i Xanadu", was auf ein "stillstehendes Xanadu" hindeute, "ein Xanadu, das ist und ein gar Nichts ist, ein Nachmittag, der 'seit ein paar Jahrhunderten' existiert".
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