Laird M. Easton

Der Rote Graf

Harry Graf Kessler und seine Zeit
Cover: Der Rote Graf
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2005
ISBN 9783608936940
Gebunden, 575 Seiten, 39,50 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Kochmann. Harry Graf Kessler (1868 -1937) war Kunstsammler, Museumsdirektor, Mäzen, Essayist, Literat, Publizist, Politiker, Diplomat und Pazifist. Er gehört zu den faszinierendsten Gestalten des deutschen Kulturlebens in der Zeit des Umbruchs zwischen Kaiserreich und Diktatur. Mit der vorliegenden Biografie liegt eine umfassende Gesamtdarstellung des Lebens und Wirkens dieses Weltmannes vor - kompetent wie ein Standardwerk und gut lesbar geschrieben wie ein Roman. Wie in einem detailgenauen Portrait werden in dieser Biografie die Ereignisse und Bezüge eines unglaublich reichen Lebens geschildert: seine noble Herkunft, sein Weltbürgertum, sein Talent für Freundschaft und Gesellschaft, seine unzähligen Verbindungen in die Welt der Kunst und seine Rolle als Mäzen, Verleger und auch Diplomat. Hauptmerkmale des Dandys und Reisenden Kessler sind seine Präsenz und sein "Talent, bei den europäischen Hauptereignissen zugegen zu sein" - und seine einzigartige Beobachtungsschärfe. Die große Wende in Kesslers Leben wird verständlich gemacht: die vom Ästheten zum engagierten prominenten Pazifisten. Tragisch aufscheinend Kesslers Jahre der Emigration und der einsame Tod bei Lyon. Easton stellt seinen Helden in die Atmosphäre seiner Zeit. Auf der Grundlage auch persönlichster Dokumente und des gesamten Werks ist diese Biografie die Entdeckung einer Jahrhundertfigur.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Man kann Kessler auch erst über die Lektüre der Tagebücher kennenlernen. Wer lieber erst etwas über den Mann wissen möchte, der lese zunächst Eastons große Biografie. Aber auch wer die Tagebücher liest, wird bald zu dieser Biografie greifen, um Näheres über den einen oder anderen Namen oder über die Bedeutung der einen oder anderen Person in Kesslers Leben zu erfahren. Die Tagebücher selbst nämlich sind zwar sehr schön gemacht, aber leider verzichten sie auf Anmerkungen. Außer höchst spartanischen Erläuterungen zu den erwähnten Personen findet sich nichts Erklärendes in den Bänden...
Lesen Sie mehr in Arno Widmanns 'Vom Nachttisch geräumt'

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.12.2005

Gefallen hat Rezensent Jens Malte Fischer eine umfangreiche Biografie über Harry Graf Kessler, die der amerikanische Historiker Laird M. Easton den ersten Bänden der schon publizierten und ebenfalls voluminösen Tagebücher an die Seite gestellt habe. Die auf der Grundlage noch unveröffentlichten Materials basierende Biographie sei von "großer historischer Kompetenz getragen" und vorzüglich übersetzt. Sie vermittle nicht nur das anschaulichen Bild eines bewegten Lebens, sondern zeige auch die inneren Entwicklungen auf, die den Adeligen zum politischen Genossen werden ließen. Vom Kunstfreund, Sammler und Mäzen, der in den Berliner Salons der späten Kaiserzeit von sich reden machte, über den Verfechter des Ersten Weltkriegs zum Pazifisten und politisch engagierten Europäer in der Weimarer Republik, zu dessen bleibendem Werk auch eine Biographie über Rathenau gehöre, resümiert der Rezensent. Genau hier liege auch die Stärke der Biografie, die Kesslers Rolle in der Weimarer Republik in den Blick nehme und weniger die "künstlerisch-ästhetische Seite", zu der auch eine Leidenschaft fürs Theater gehörte. Trotzdem hat der Rezensent mit Gewinn gelesen und findet Graf Kessler als "Mann der Zeitgeschichte" hervorragend porträtiert.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.11.2005

Einen der "faszinierendesten Intellektuellen der Kaiserzeit und der Weimarer Republik" sieht Volker Ulrich in Harry Graf Kessler, der mit der Edition seiner Tagebücher im Frühjahr 2004 wiederentdeckt wurde. Von dem erhöhten Interesse profitiert seiner Ansicht nach auch diese nun auf deutsch vorliegende Biographie über Kessler, die der amerikanischen Historiker Laird M. Easton 2002 publiziert hat. Dass es die "erste umfassende Biografie" des Grafen ist, wie der Verlag behauptet, hält Ulrich für eine Übertreibung. Er verweist auf die vor zehn Jahren erschienene Lebensbeschreibung des deutschen Historikers Peter Grupp, die nicht die verdiente Beachtung fand. Verglichen mit dessen "nüchterner, dichter" Beschreibung findet er Eastons Darstellung zwar "detailreicher" und "farbiger", aber auch "ein wenig unsystematisch, impressionistisch angelegt". Dennoch zeigt sich Ulrich angetan von Eastons Buch. Er lobt den offenen Umgang mit der Homosexualität des Grafen. Zu den interessantesten Partien des Buches zählt er das Kapitel über Kesslers Zeit in Weimar, wo dieser das Museum für Kunst und Kunstgewerbe leitete. Mit den "größten Sympathien" begleite der Autor die Phase des politischen Wirkens des Grafen, der sich vom kriegsbegeisterten Offizier zum Pafizisten wandelte und nach 1918 in den Organisationen der Friedensbewegung engagierte.