John R. Searle

Wie wir die soziale Welt machen

Die Struktur der menschlichen Zivilisation
Cover: Wie wir die soziale Welt machen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518585788
Gebunden, 351 Seiten, 28,95 EUR

Klappentext

"Angela Merkel ist die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland", "Das Stück Papier in der Hand des Kassierers ist ein Fünfzig-Euro-Schein", "John Searle ist verheiratet" mit Sätzen wie diesen sagen wir etwas über die Welt: dass es in ihr Dinge wie Bundeskanzler, Geld und Ehen tatsächlich gibt. Jedoch existieren diese sozialen Tatsachen nur, weil wir glauben, dass sie existieren. Das gilt für natürliche Tatsachen, die Schwerkraft etwa, nicht. Zerfällt die Welt somit in unterschiedliche Sphären des Seins? Gibt es womöglich zwei oder gar drei Wirklichkeiten? Nein, sagt John Searle, es gibt schlicht nur eine einzige Realität, deren Grundlage die Welt der Natur ist, wie sie Physik, Biologie und Chemie beschreiben. Wie sich die Bestandteile der sozialen Welt dennoch nahtlos in diese Realität einfügen lassen, warum sie ebenso wirklich und objektiv sind wie die Dinge, die unabhängig von menschlichem Zutun existieren, zeigt er in seinem neuen Buch und schlägt dabei einen großen argumentativen Bogen. Sprache und Denken, Geist und Natur, Freiheit und Determinismus werden ebenso behandelt wie das Wesen von Institutionen, das Phänomen der Macht oder der Status der Menschenrechte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.07.2012

Dass der Autor gegen alle nur denkbaren Einwände gegen sein neues Buch gewappnet ist, daran hat Hans Bernhard Schmid gar keinen Zweifel. Schließlich vergleicht man John Searle gern auch mit John Wayne, einem Meister des Hüftschusses. Auf die Schwierigkeiten, die Schmid mit Searles pünktlich zu dessen 80. Geburtstag auf Deutsch erscheinender Revision seiner alten Sehweise der Seinsweise sozialer Fakten vorlegt, hat der Meister also sicher eine Antwort. Für den Rest gilt laut Schmid: Steht alles schon in Searles "Die Konstruktion der sozialen Wirklichkeit" von 1995. Die Neuerung beschreibt Schmid nun mit Searles Feststellung einer sprachlichen Verfassheit der Institutionen. Schön gemacht, räumt Schmid ein. Nur kann er die kollektive Akzeptanz der Deklarationsmacht von Sprache nicht ausblenden, und genau das macht der Autor seiner Meinung nach. Fragt man Searle, sieht der das natürlich ganz anders.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 31.07.2012

Tim Caspar Boehme nutzt diesen Band, der nichts grundsätzlich Neues zu bringen scheint, um Searles Sprechakttheorie noch einmal darzulegen. Demnach gibt es verschiedene Funktionen der Sprache: Sie beschreibt entweder in "Assertiva" die Welt, visiert in "Expressiva" eine Möglichkeit der Veränderung der Welt an oder verändert die Welt gar mittels "Deklarativa". Letztere Akte (typisch in: "hiermit erkläre ich Sie für verheiratet") sind für Searle zentral und bilden laut Boehme die Grundlage der ganzen Searleschen Philosophie. Durch "Deklarativa", so der Rezensent, sieht Searle die ganze soziale Welt begründet - und dieser Aspekt, der Boehme ein bisschen überstrapaziert vorzukommen scheint, ist auch der Mittelpunkt des neuen Buchs. Boehme legt es mit höflichem Interesse zur Seite, auch wenn er sich über den bei Sprechakttheoretikern unvermeidlichen Hang zur Systematisierung milde mokiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.07.2012

Vieles in diesem neuen Buch des Sozialontologen John Searle kommt Thorsten Jantschek sehr bekannt vor. Macht aber nichts, meint Jantschek, schließlich ist Redundanz eine gute Sache, wenn die Botschaft stimmt. Searle lockt den Rezensenten darüber hinaus mit Gewichtsverschiebungen innerhalb seines Grundanliegens, soziale Tatsachen mit Naturtatsachen zu vereinen und Statusfunktionen wie den Sprechakt herauszuarbeiten. Zwar erkennt Jantschek die Notdürftigkeit des ein oder anderen hier vorgetragenen Gedankenganges, die weitgehende Tauglichkeit von Searles mittlerweile nicht mehr ganz jungem Theoriegebäude muss er allerdings auch respektvoll feststellen. Und eine Theorie gewöhnlicher politischer Macht, wie sie der Autor in seinem neuen Buch entwirft, hätte der Rezensent Searle gar nicht (mehr) zugetraut.
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