Helene Bessette

Ist ihnen nicht kalt

Roman
Cover: Ist ihnen nicht kalt
Secession Verlag, Zürich 2012
ISBN 9783905951097
Gebunden, 188 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christian Ruzicska. Die Ausgangssituation: eine Frau verlässt ihren Mann. Sie, Dora, ist in die Schweiz gefahren, auf Kur, und kommt nicht zurück. Er ist Pfarrer, es sind die Worte der Liebe, die er seiner Gemeinde predigt, er, dem die eigene Liebe den Rücken gekehrt hat. Jetzt schreibt er ihr Briefe, morgens, wenn es graut, abends, wenn es dämmert, nachts, wenn es dunkel ist: er fleht, er beschimpft, er räsoniert, er zerstört, er droht, er fleht, er skizziert das Bild seiner eigenen Zerrissenheit - und sie, antwortet sie?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2012

Jürgen Ritte erahnt in diesem erstmals 1963 erschienenen Briefroman von Helene Bessette schon die Revolte gegen die Doppelmoral und die Lage der Frauen, die sich wenig später Bahn brechen sollte. Ansonsten gefällt ihm das Buch als in der Art des "roman poetique" gehaltene Geschichte einer gescheiterten Beziehung. Ein Pastor fleht darin seine Geliebte an, zu ihm zurückzukehren, vergeblich. Die Zeichnung der Illusionslosigkeit bei gleichzeitigem professionellen Aufrechterhalten der Moral gelingt der von Queneau verehrten Autorin laut Ritte mittels präzisen, kurzen Sätzen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.04.2012

Die Autorin Hélène Bessette wird in Frankreich wiederentdeckt, und zur Freude des Rezensenten Helmut Böttiger hat das neu erwachte Interesse auch auf den Secession Verlag übergegriffen, der nach dem Roman "Ida oder das Delirium" nun "Ist Ihnen nicht kalt" in deutscher Übersetzung herausgegeben hat. Bessette lebte als Konversationslehrerin in der Schweiz und als Hausangestellte in England, ihre vierzehn Bücher machten sie zu einer unter Literaten anerkannten Autorin, ließen sie aber dennoch schnell in Vergessenheit geraten. Dabei erkennt Böttiger viel Modernes in ihren Roman und sogar einen "Ansatzpunkt für heutiges Schreiben", mithilfe der von ihr beherrschten "Techniken der Kälte" gelinge es ihr nämlich, das Bürgertum zu demaskieren, wie im vorliegenden Roman der untreue Pfarrer, der in Briefen die Rückkehr seiner Frau erfleht, erschimpft und erdroht, um gesellschaftliche Unbill zu vermeiden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.04.2012

Kaum auszuhalten, aber dennoch von enormer Sogwirkung sind die Briefe eines von seiner Ehefrau verlassenem Pfarrers, aus denen sich der Roman der französischen Schriftstellerin Helene Bessette aus den 1960er Jahre zusammensetzt, meint Anja Hirsch. Aus diesen verzweifelten, anklagenden, zwischen Pathos und Rechtfertigungen schwankenden Monologen, in denen die abwesende Frau als Projektionsfläche ihres Mannes Kontur gewinnt, ergibt sich, wie die beeindruckte Rezensentin feststellt, eine scharfsinnige Zustandsbeschreibung des sich im Umbruch befindenden Verhältnisses der Geschlechter. Nicht zuletzt der eigenwillige Rhythmus dieser Suaden, in denen Sätze unvermittelt abbrechen, schlägt die Rezensentin in den Bann. Bessette gilt als Wegbereiterin des "Nouveau roman", war aber trotz ihrer Wertschätzung bei Schriftstellerkollegen nicht sonderlich erfolgreich mit ihren Romanen, lässt Hirsch wissen. Dass sie jetzt wieder entdeckt werden kann, freut die Rezensentin sehr.
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