Hans Blumenberg

Quellen, Ströme, Eisberge

Beobachtungen an Metaphern
Cover: Quellen, Ströme, Eisberge
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518224694
Gebunden, 303 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Ulrich von Bülow und Dorit Krusche. Mit zahlreichen Abbildungen. Um der übermächtigen Wirklichkeit zu entkommen, erfinden Menschen Bilder und Mythen, metaphysische und kulturelle Systeme, denn sie bieten Orientierung, auch wenn sich ihre "Wahrheit" kaum beweisen läßt. Von dieser Überlegung geleitet, interessierte sich der Philosoph Hans Blumenberg lebenslang für bestimmte Metaphern, die als "regulative Ideen" dem Denken einen Rahmen geben, ohne es ganz festzulegen. Metaphern, so war seine Überzeugung, bilden den Untergrund der Ideengeschichte. Seit 1978 schwebte ihm ein eigenes Buch zu den drei "Wassermetaphern": Quellen, Ströme und Eisberge vor, denen er zentrale Bedeutung zumaß. Er sammelte umfangreiche Materialien und Belege in seinen Zettelkästen, und in seinem Nachlass fand sich ein nahezu druckfertig ausgearbeiteter Text, der hier zum ersten Mal veröffentlicht wird. Anhand zahlreicher Beispiele - von den Vorsokratikern bis hin zu Werbetexten der Gegenwart - zeigt er anschaulich: Wasser ist, auch als Metapher, buchstäblich lebensnotwendig.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.09.2012

Ahlrich Meyer kennt seinen Blumenberg, weswegen er sich Gedanken macht über Sinn und Zweck dieses von Marbachs Mitarbeitern Ulrich von Bülow und Dorit Krusche aus dem Nachlass des Metaphorologen besorgten Bandes. Es geht um absolute Metaphern des philosophischen Sprechens, mit denen sich der Autor zeitlebens beschäftigt hat. Die nun veröffentlichten Texte zum Thema jedoch hatte Blumenberg verworfen. Warum, kann auch Meyer nur mutmaßen. Vielleicht, weil Blumenberg seine Beobachtungen zu Metaphern in früheren Arbeiten bereits argumentativ stringenter, besser durchgearbeitet und gegliedert, weniger assoziativ formuliert hatte? Vieles, was er hier, teils gelehrt, teils unterhaltsam gefasst, manchmal brillant formuliert, liest, ist dem Rezensenten jedenfalls bekannt, wenn auch angenehm bekannt. So Blumenbergs Ausführungen zu historischen und philologischen Quellen oder zur Phänomenologie Husserls.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.09.2012

Oliver Müller begrüßt diesen von Ulrich von Bülow und Dorit Krusche herausgegebenen Band mit drei Texten über Wasser-Metaphern aus dem Nachlass von Hans Blumenberg. Er hebt hervor, dass das Buch dem Leser ermöglicht, den Philosophen, der sich in zahlreichen Werken mit dem Sinn und der Funktion von Metaphern befasst und diese eingehend analysiert hat, von verschiedenen Seiten kennen zu lernen. Die Untersuchung der Quellen-Metapher im ersten Teil zeigt Blumenberg für Müller als den bekannten Metaphorologen. Im zweiten Teil, der sich mit der Stöme-Methapher befasst, lernt er den Autor als Phänomenologen in der Tradition Husserls kennen. Im dritten Teil schließlich sieht er Blumenberg als "Sprach- und Jargonkritiker", der sich zahlreiche Beispielen der Verwendung der Eisberg-Metapher in Sachbüchern und der Presse vorknöpft. Die Wassermetaphorik erscheine inspirierend und ergiebig, etwa wenn Blumenberg im 'Schiffbruch erleiden' "ein raffiniertes Diagnoseinstrument für geistige Havarie" sieht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2012

Was für ein Buch, freut sich Rezensentin Petra Gehring über Hans Blumenbergs aus dem Nachlass herausgegebenen dreitgeteilten, doch ohne offensichtliche Gestaltidee überlieferten Textkorpus von 1980. Allerdings, schränkt sie ein, sei das Ganze doch etwas für Spezialisten. Diese können teilnehmen an einer aufregenden Entdeckung: Dass nämlich Blumenberg hier eine Metapherntheorie in Spuren vorlegt. Gehring widerspricht damit dem Ansinnen und dem Vorgehen der Herausgeber, die alle drei Teile des Textes, in dem der Autor Quellen, Ströme, Eisberge bei Benjamin und Heidegger, Heraklit u.a. dokumentiert, dem Oberbegriff "Wasser" zu subsumieren und den Band so als Rohling eines motivgebundenen Blumenbergs zu verbuchen. Für Gehring ist das Buch das Experiment einer Studie über Varianzen des Metaphorischen anhand dreier ausgewählten Gebiete, Ansatz zu einer Theorie der Metapherngeschichtsschreibung.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.07.2012

Allen "schwierigen philosophischen Exkursen" und vielleicht eine Spur zu zahlreich vorgelegten Beispielen zum Trotz hat Rezensentin Elke Dauk diese Fragment gebliebene Projektskizze zur Erforschung der Wassermetaphern "Quellen, Ströme, Eisberge" gern und vor allem mit Gewinn gelesen. Dies zumal, da die historischen Herleitungen und Untersuchungen der drei Metaphern auch für die Gegenwart von Belang sind, wie Dauk anhand zahlreicher Beispiele illustriert: Romantische Ursprungsvorstellungen, die sich an den Begriff der "Quelle" knüpfen, führen direkt zu heutigen Urheberrechtsdebatten und Plagiatsdiskussionen. Aufschlussreich für das digitale Zeitalter mit seinen Daten- und Informationsströmen sind auch Blumenbergs Darlegungen zur Metapher der Ströme, findet die Rezensentin. Und in der Metapher des Eisbergs, der wenig von sich zeigt und seine Masse unheilvoll im Ungefähren versteckt, sieht Dauk mit Blumenberg schließlich die Kultur des Verdachts und des Misstrauens mitbegründet.