Eva Illouz

Die Errettung der modernen Seele

Therapien, Gefühle und die Kultur der Selbsthilfe
Cover: Die Errettung der modernen Seele
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518585207
Gebunden, 414 Seiten, 26,80 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Michael Adrian. Wir leben in einer durchpsychologisierten Gesellschaft. Selbsthilfegruppen schießen wie Pilze aus dem Boden, Beziehungsratgeber erzielen gigantische Auflagen und die Einschaltquoten von Serien wie "Die Sopranos" oder Pseudo-Dokus wie "Zwei bei Kallwass" lassen die Herzen der Programmacher höher schlagen. Was früher verschämt verschwiegen wurde, gehört in westlichen Gesellschaften heute zum festen Repertoire einer aufgeklärt-bürgerlichen Mittelschicht: der Gang zum Therapeuten. Ehekrisen löst man nicht mehr in den eigenen vier Wänden, sondern in der Praxis eines Paartherapeuten, Spezialpsychiater für Milliardäre helfen bei der seelischen Bewältigung großer Vermögen und jeder Spitzensportler, der etwas auf sich hält, hat einen Psychologen an seiner Seite.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.07.2009

Einen etwas zwiespältigen Eindruck hat Eva Illouz' Buch "Die Errettung der modernen Seele" bei Dieter Thomä hinterlassen. Er bescheinigt der Soziologin, die Karriere des Therapeutischen in der Moderne mit "kaltem Blick" zu beschreiben. Besonders hebt er die Zusammenhänge zwischen Therapie, Emotionen und Selbsthilfekultur auf der einen Seite und Ökonomie beziehungsweise  Kapitalismus auf der anderen Seite hervor, die die Autorin herausarbeitet. Er konstatiert, dass Illouz nichts von einer Zerlegung der Gesellschaft in verschiedene Sphären oder Systeme, die weitgehend unabhängig voneinander existieren, hält, sondern von einer engen Verbindung psychologischer und ökonomischer Modelle ausgeht, wobei sie oft genug eine Instrumentalisierung der Psychologie durch die Ökonomie am Werk sieht. Dabei ergeben sich für Thomä einerseits immer wieder überraschende Einsichten. Andererseits kritisiert er die Tendenz der Autorin, alles "in einen Topf" zu werfen. Zudem hält er ihr vor, begrifflich oft vage zu bleiben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.06.2009

Die Errettung der modernen Seele ist keine so einfache Angelegenheit. Oliver Pfohlmann weiß das sicher nicht erst nach der Lektüre dieses Buches von Eva Illouz. Die israelische Kultursoziologin vermag ihm allerdings einen materialreich untermauerten historischen und die Funktionweisen untersuchenden Gesamtüberblick über den therapeutischen Diskurs zu vermitteln, der Pfohlmann erst die ganze Vielfalt des Phänomens ermessen lässt. Wenn die Studie nicht unterscheidet zwischen TV-Psycho-Talk und seriöseren Erscheinungsformen der Therapie und ihre Quellen, von Workshops bis zu Lehrbüchern, bunt gemischt sind, geht das für Pfohlmann in Ordnung. Besondere Sympathie hegt er für Illouz' "unaufgeregte", unidealistische, gelegentlich mit einem Schuss Süffisanz vorgetragene Kritik am heutigen Stellenwert emotionaler Intelligenz und anderen Folgen der psychotherapeutischen Bewegung. Dass die Autorin in ihren Analysen dennoch die Spannung aufrechterhält zwischen Pro und Kontra, weiß Pfohlmann allerdings auch zu schätzen.