Ernst-Wilhelm Händler

Welt aus Glas

Roman
Cover: Welt aus Glas
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783627000271
Gebunden, 608 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Jillian und Jacob Armacost betreiben die größte Galerie für Glaskunst New Yorks. Dabei sind sie ein denkbar ungleiches Paar: Während Jillian seit einem Kindheitserlebnis eine Passion für die Blütenlampen von Tiffany hat und mit Mitte Zwanzig bereits eine führende Expertin für Glas ist, treibt der fast dreißig Jahre ältere Frauenheld Jacob die Galerie mit einem absurden Kauf um ein Haar in den Ruin. Jillian trifft eine Entscheidung: Sie wird sich von Jacob trennen. Zuvor aber muss sie die Zukunft der Galerie sichern. Eine äußerst wertvolle Sammlung von Glasvasen in Italien erscheint als die letzte Rettung; ohne einen Moment zu zögern, reist sie nach Europa. Jacob, der nichts von ihren Plänen ahnt, ist unterdessen mit einer Kundin aus den besten Kreisen New Yorks an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze unterwegs, um auf seine Weise wieder an Geld zu kommen. Zur gleichen Zeit, als Jillian in Mailand und Venedig ihren größten Coup landet, wird Jacob in Mexiko entführt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.01.2010

Obwohl er diesen Roman immer wieder "bestechend gut" findet, ist es aus Sicht von Rezensent Christoph Schröder insgesamt keiner von Ernst-Wilhelm Händlers besten Romanen geworden, wenn auch einer seiner zugänglichsten. Vor allem die seitenlangen Beschreibungen hindern ihn daran, den Ideenreichtum des Romans wirklich genießen zu können. Es fängt, schreibt Schröder, schon gut an: mit einer furiosen Verfolgungsjagd und anschließender Gefangennahme der Verfolgten nämlich. Schnell sei man bald auch schon in Strang zwei des Thrillers angelangt, in den unterirdischen Gewölben Mailands, wo eine sagenhafte Glassammlung lagere. Hoch ambitioniert findet der Kritiker Händlers Versuch, aus dieser Konstellation den Versuch einer "philosophisch-reflexiven Verschmelzung von Geist und Materie" zu entwickeln und freut sich in diesem Kontext immer wieder an dieser literarischen Suche nach dem Bleibenden in der zerbrechlichen Welt. Wenn da nicht immer wieder die brennende Sehnsucht nach dem Rotstift des Lektors wie eine Furie in seine Leselust fahren würde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.11.2009

Den Autor kennt Rezensent Manfred Koch als Romane schreibenden Unternehmer. In diesem Buch ist das Unternehmen allerdings nicht gänzlich geglückt, wenn wir Koch richtig verstehen. Seiner Geschichte einer auf nichts als auf der grundlegenden Verschiedendheit zweier Menschen basierenden Beziehung - sie eine lichtscheue, geschäftlich skrupellose Glashändlerin, er ein sehr viel älterer Don Juan - traut der Autor seinem Eindruck zufolge selbst nicht ganz. Dass Ernst-Wilhelm Händler den Leser mit seitenlangen Reflexionen über Sein und Zeit, Gut und Böse, Geist und Materie im Verbund mit einer "durchaus subtil" eingesetzten Kaltes-Herz-Motivik (Glas, Kristall, Kälte etc.) belastet, scheint Koch jedenfalls überflüssig. Die Erzählung von den kommerziellen Mächten der Finsternis hätte schon genügt, meint er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2009

Noch ein Glas gefällig? Rezensent Oliver Jungen greift gerne zu bei diesem Roman von Ernst-Wilhelm Händler. Hat der Autor doch einen ebenso rasanten wie wertphilosophischen Text um zwei Glasliebhaber geschrieben, wie Jungen erklärt. Verhandelt werden die letzten Dinge: Glück, Seele, Liebe etc. und wie sich das alles wertschätzen lässt durch eine Kurskorrektur moralischer Natur. Die Kraft dazu dem Menschen zuzutrauen, wie es der Autor mit seinen Figuren vormacht, hält Jungen zwar für "ein wenig" pathetisch. Vor allem aber erscheint es ihm als ein Standpunkt von "Lutherscher Unverrückbarkeit". Dazu dass Händler seine Figuren die Poesie des Lebens ausgerechnet beim Rendezvous mit dem Wahnsinn und mit dem Exotischen entdecken lässt, fällt Jungen allerdings keine Ehrenrettung ein: Das sei einfach "arg romantisch". Halb so schlimm, findet Jungen. Die Detailfreude, der gläserne Stil und eine gute Realitätssättigung reißen es schon wieder raus.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2009

Rezensent Andreas Dorschel geht mit Ernst-Wilhelm Händlers neuem Roman "Welt aus Glas" streng ins Gericht. Er attestiert ihm zwar ein hohes Maß an Professionalität, sieht ihn aber in "Routine" versanden, oder, was wohl noch schwerer wiegt, in kunsttheoretischer "Langeweile". Dabei hat er sich von der rasanten Verfolgungsjagd, mit der der Roman beginnt, noch durchaus in den Bann ziehen lassen, wie er einräumt. Das Buch erzählt abwechselnd vom in Trennung begriffenen Glashändler-Paar Jillian und Jacob Armacost, wobei sich in der alternierenden Berichterstattung von Jillian aus der gemeinsam betriebenen New Yorker Galerie und dem anderen Frauen hinterher jagenden Jacob schon die den Roman strukturierende Zweiteilung zeigt, erklärt der Rezensent. Die Trennung dieses Paares sieht er dann aber derart schematisch abgearbeitet, dass Überdruss ihn befällt. Personen würden lehrbuchgerecht vorgestellt, die Bedeutung von Figuren durch schablonenhafte Adjektive eingeführt und Situationen in "mattem Deutsch" abgehakt, kritisiert Dorschel. So sieht er in der Bemerkung, die Schönheit eines Glaskunstwerks lasse sich nicht vermitteln, eine geradezu sträfliche Weigerung eines Schriftstellers seine Arbeit zu tun. Nichts als eine "schriftstellerische Ausrede", schimpft der Rezensent, der diesen Kritikpunkt gleich auf den Roman als Ganzes ausdehnt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.10.2009

Auch mit diesem Roman hat sich Ernst-Wilhelm Händler verhoben, meint Rezensent Eberhard Falcke, der offenbar auch die früheren Bücher von Händler für überschätzt hält,. Zwar besitzt die Geschichte über ein New Yorker Galeristenpaar, das mit hochkarätiger Glaskunst handelt, für den Rezensenten "mancherlei Reize und erhebliches Bedeutungspotential": hier der Mann, der wie ein sexbesessener Macho aus einem Tarantino-Film anmutet, dort die sich auf höchstem Kulturniveau bewegende Frau, so delikat, dass sie das Tageslicht nicht erträgt. Und dann geraten beide in eine ganz ordinäre Klemme: Geldsorgen. Das könnte eigentlich spannend werden, aber Händlers "Reflexionsmühle" – über Geld, Glas, Zeit, Macht, Tod, Seele – zermalmt die großen Ideen, bis nur noch "ein großes Knirschen und Mahlen der Sinnvernichtung" bleibt, so Falcke. Dabei spürt man in der Kritik durchaus einen gewissen Respekt für den Autor durch. Aber am Ende, meint der Rezensent, fehlt es Händler einfach am stilistischen Vermögen, an der literarischen Form.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.09.2009

Einen rasanten Bestsellerroman, dabei "geistreich und verführerisch", hat Ernst Wilhelm Händler hier vorgelegt, notiert Rezensentin Sabine Franke. Bereitwillig lässt sie sich in den Bann von der Geschichte um den Glaskunsthändler Jacob Armacost schlagen, der an der mexikanischen Grenze mit einer Geliebten um sein Leben bangen muss, während seine Frau Jillian gerade einen Millionencoup einfädelt, der ihr die Trennung von ihm finanzieren soll. Der Rezensentin ist dabei glasklar, dass es sich bei Jacob und Jillian um ein exemplarisches Paar handelt, an dem verschiedene Möglichkeiten der Glückssuche - manchmal durchaus in "enervierenden" philosophischen beziehungsweise "sex- und selbstverliebten" Reflexionen - durchexerziert werden, wie sie uns erklärt. Während Jillian in der Welt der exquisiten Glasobjekte und des Geldes ihr Glück sucht, lässt sich Jacob auf riskante erotische Abenteuer ein, die en detail in "Freilicht-Pornos" inszeniert werden, erfährt man. Dabei kann man Händler allerdings nicht vorwerfen, er konzentriere sich ausschließlich auf eine reiche und schöne Welt, denn in seinen Mexiko-Passagen spielen auch Menschen- und Drogenhandel hinein, erklärt Franke. Die Rezensentin findet es großartig, wie sich Händler der "Mittel des Bestsellers" bedient, um letztlich doch kühl und kalkuliert die moderne Frage nach einer "moralischen Standortbestimmung" zu stellen.