Cornelia Vismann

Medien der Rechtsprechung

Cover: Medien der Rechtsprechung
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011
ISBN 9783100670311
Gebunden, 464 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Recht wird gesprochen. Es gilt das Prinzip der Mündlichkeit. Die Rechtsprechung operiert indes auch mit Medien, die nicht der Stimme zugehören. Eine Fotografie zu Beweiszwecken oder eine Kamera zur Übertragung einer Gerichtsverhandlung zählen ebenfalls zu den Medien der Rechtsprechung. Weit davon entfernt, bloße Hilfsmittel der Wahrheitsfindung zu sein, greifen sie in das Verfahren ein. Und dort, wo unter der Macht technischer Medien die justitiellen Formen verwildern, wird das Gericht zum Tribunal.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.02.2012

Pietät hat diese Studie nicht nötig, meint Urs Hafner, der der kurz vor Fertigstellung dieses Buches verstorbenen Autorin gedenkt. Das ist so, weil der Band sein Thema in einer den Rezensenten überzeugender Weise angeht. Cornelia Vismann betreibt eine Archäologie der Rechtsprechung, wie Hafner schreibt, und langt dafür, ausgestattet mit Lacan und Legendre, tief in die Geschichte herab, bis zur germanischen Thingstätte und weiter bis zum Gericht als Theater in der Antike. Für Hafner ergeben sich höchst interessante Einblicke in Sinn und Zweck der theatralen Situation des Rechtsverfahrens, die von der Autorin gegen die Medialisierung des Rechts, etwa in Den Haag, abgewogen wird. Das Ergebnis dieser Begegnung muss sich der Rezensent zwar selbst dazu denken, die Autorin stellt bloß die scharfsichtigen (manchmal raunenden) Beobachtungen zur Verfügung -doch scheint es ihm ein bemerkenswerter Ertrag der Studie zu sein.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.08.2011

Jutta Person sieht in dem posthum veröffentlichten Buch der im letzten Jahr verstorbenen Juristin und Medienwissenschaftlerin Cornelia Vismann über technische Medien in der Justiz eine ausgesprochen glückliche interdisziplinäre Arbeit. Die Autorin untersucht in ihrer Studie, wie das technische Drumherum im Gericht - Mobiliar im Gerichtsraum, Mikrophon, Aufnahmetechnik, Fernsehkameras oder Monitore - sich auf die Rechtsprechung auswirken, erklärt die Rezensentin. Vom antiken Gericht bis zum Den Haager Prozess gegen Milosevic untersucht Vismann die Settings und weist sehr überzeugend nach, wie stark die Medien auf die Rechtsprechung einwirken, stellt die Rezensentin beeindruckt fest. Der eindringlichen Warnung der Autorin, sich nicht unreflektiert der medialen Technik zu überlassen, kann sich Person nach der Lektüre nur anschließen und findet, dass Vismann ohne jedes "kulturpessimistische Tremolo" ein aufrüttelnder und wichtiger "Grenzgang" zwischen den Disziplinen gelungen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.06.2011

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Andreas Bernard dieses Buch der 2010 verstorbenen Juristin und Medientheoretikerin Cornelia Vismann. Im Zentrum der Studie sieht er nicht Fragen nach Wahrheit, Schuld und Strafe, sondern die "Medien der Rechtsprechung" stehen: die Rahmenbedingungen der Rechtssprechung, ihre Mündlichkeit, ihre theatrale Anordnung, die Architekturen des Gerichts. Schon die Analyse der Anordnung des Mobiliars im Gericht, in der sich eine Hierarchie ausdrückt, erscheint ihm überaus instruktiv. Auch die Ausführungen über die Mündlichkeit, die Öffentlichkeit und die Unmittelbarkeit der Rechtssprechung sowie über die Unterschiede von Gericht und Tribunal findet er höchst erhellend. Verständlich wird für ihn etwa, warum das Fernsehen bis heute aus dem Gerichtssaal ausgeschlossen ist. Besonders hebt er die Überlegungen der Autorin zum Einsatz der Medien in den Nürnberger Prozessen hervor, die er als "atemberaubendes Glanzstück" des Buchs würdigt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.06.2011

Susanne Baer, Richterin am Verfassungsgericht, findet in ihrer Besprechung sehr lobende Worte für Cornelia Vismanns Buch "Medien der Rechtsprechung" und wünscht ihm viele Leser. Die im letzten Jahr gestorbene Juristin und Kulturwissenschaftlerin argumentiert darin, dass mit zunehmendem Gewicht der Medien aus der Inszenierung des Gerichts als Theater ein Tribunal wird, also ein Schauprozess, bei dem die Rechtsprechung mit außergerichtlichen Mitteln erfolgt, erklärt die Rezensentin. Ihr Buch zeichnet sich durch das Heranziehen von Literatur, Rechtsgeschichte, Prozessordnung, Psychoanalyse, Diskursanalyse oder Filmwissenschaft aus, wie Baer begeistert feststellt, und sie findet, dass sich dieses Verfahren als äußerst lohnenswert herausstellt. Sie preist den "Facettenreichtum" und die Gelehrsamkeit dieses Werks. Und die sich zwischen den Zeilen aussprechende "Sorge" Vismanns, das Tribunal könne gegenüber dem gerichtlichen Theater durch die Macht der Medien die Oberhand gewinnen, teilt die Rezensentin offensichtlich.