Charlotte von Mahlsdorf

Ich bin meine eigene Frau

Ein Leben. Gelesen von der Autorin. 2 CDs
Cover: Ich bin meine eigene Frau
Antje Kunstmann Verlag, München 2002
ISBN 9783888973154
CD, 24,90 EUR

Klappentext

Charlotte von Mahlsdorf, 1928 als Lothar Berfelde in dem Berliner Vorort Mahlsdorf geboren, ist eine faszinierende Persönlichkeit, eine couragierte Außenseiterin und Zeitzeugin, wie man nur noch wenige trifft. Unter einem tyrannischen Vater, der den mädchenhaften Knaben zu einem "echten" Soldaten machen wollte, wächst sie im Deutschland der Nazis auf. Auch die SED-Bürokratie, die ihr das private Gründerzeit-Museum wegnehmen wollte und sie zur "unerwünschten Person" machte, übersteht Charlotte in Faltenrock und Kittelschürze. Wie man als schwuler Transvestit, eine Minderheit innerhalb einer Minderheit, diese Zeiten in Deutschland überlebt und - vor allem - lebt, davon erzählt sie in ihrer Biographie "Ich bin meine eigene Frau".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.01.2003

Ein Zeitdokument ist es nach Meinung des Rezensenten Martin Z. Schröders nicht, was Charlotte von Mahldorf hier kurz vor ihrem Tod auf Band gesprochen hat - dazu ist ihre Lebensgeschichte zu einzigartig - und das Zuhören gestaltet sich manchmal auch anstrengend, weil "die Stimme nasal und brüchig ist, im Vortrag ungeübt". Auch geht es seiner Meinung nach zu oft um Gründerzeitmöbel, mit denen sich von Mahlsdorf ihr Leben lang beschäftigt hat. Trotzdem ist Schröder fasziniert von der "fast traumwandlerischen Beharrlichkeit", mit der Charlotte von Mahlsdorf ihr Leben gelebt hat, in der DDR ebenso wie unter den Nazis und staunt über den Effekt, der sich beim Hören ihrer Lebensgeschichte einstellt: "Der wesentliche Eindruck ist der von Harmlosigkeit." Am Ende seiner Rezension kommt Schröder nicht umhin, sich zu fragen, welches expressive Potential in Mahlsdorf gesteckt hätte, wenn sie ihre Interessen stärker in den Selbstausdruck und weniger in die Gründerzeitmöbel gesteckt hätte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.11.2002

Noch zwei Tage vor ihrem Tod konnte Charlotte von Mahlsdorf, mit bürgerlichen Namen Lothar Berfelde, ihre Autobiografie in einem Berliner Tonstudio einsprechen, berichtet Eva Behrendt, die sich "völlig unerwartet" von diesem akustischen Dokument in Bann gezogen sieht. Das liegt vor allem an Mahlsdorf Stimme, der man alte preußischen Tugenden wie aufrechtes Sitzen und deutliche Artikulation unverkennbar anmerke. Da würden keine Endsilben vernuschelt oder Satzzeichen unterschlagen, behauptet Behrendt und merkt an, dass vielleicht alles "einen Hauch" zu ernst oder zu steif sei. Wie bei einer Märchentante, meint sie, vermeintlich ein bisschen "einfältig". Dieser Duktus steht in deutlichem Kontrast zur bewegenden Autobiografie von Mahlsdorfs, die den eigenen gewalttätigen Vater erschlägt, in Haft und 45 wieder frei kommt, ein Transvestitendasein in der spießigen DDR führt und dort ihr Lebensprojekt, ein Gründerzeitmuseum, in Angriff nimmt. Von Mahlsdorf Stimme lässt ahnen, meint Behrendt, dass ihr Spleen manchmal nahe am Wahnsinn stand, wenn sie ihre irrwitzigen Rettungsaktionen gründerzeitlicher Möbel im Bombenhagel beschreibe. Von Mahlsdorf ging es dabei nie um persönlichen Besitz, merkt Behrendt an, sondern stets um den Erhalt für die Nachwelt - mit diesem Tondokument ist ihr dies nach Behrendt, was ihr eigenes Leben angeht, eindrucksvoll gelungen.