Vom ÜbertierEin Bestiarium des Wissens
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
2006
ISBN
9783518124598, Kartoniert, 318Seiten, 10,00
EUR
Klappentext
Ob aufgrund seiner Simplizität oder seiner Komplexität, das Tier steht im Zentrum einer Vielfalt positiver Wissensformen. Diese geraten handelsüblichen Kulturgeschichten meistens nicht in den Blick, zu sehr sind diese durch die Perspektive des Menschen gelenkt. Gegenläufig zu den eingespielten Berichterstattungen kommt dem Tier aber auch der Rang einer Wissensfigur zu. Es wird zum Agenten eines Wissens, das sich aus dieser Figur allererst generiert. Als konstituierende Bedingung einer Rede von Maschine und Mensch, von Natur und Kultur werden die Tiere des hier vorgestellten Bestiariums zum Übertier, macht diese Rede deutlich, was der Mensch gerade nicht kann oder hat. Als Vertreter dieser neuen Spezies machen Tiere wie Polypen und Seeigel, Mickymäuse und Frösche, Chamäleons und Fruchtfliegen, Ameisen und Austern nicht weniger als eine doppelte Herkunft lesbar: die des Wissens vom Leben und die des Wissens vom Menschen.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 19.08.2006 Als "fröhliches gelehrtes Werk" würdigt der "rox." zeichnende Rezensent diese Anthropologie des Tieres, die Benjamin Bühler und Stefan Rieger vorgelegt haben. Das Buch verdeutlicht für ihn, wie sich Menschen in anthropomorpher Betrachtung der Tierwelt ihrer selbst vergewissern. Exemplarisch nennt er die Ameisen, die mit ihrer streng geregelten Sozialordnung seit der Antike immer wieder als Modell für menschliche Sozialordnungen herangezogen wurden. Aber auch zur Biene, zur Schildkröte und zur Schnecke haben die Autoren zur Freude des Rezensenten eine Fülle von "reizendem Material" zusammengetragen. Besonders angetan berichtet er über Walter Benjamins Deutung der frühen Mickey Mouse ("Steamboat Willy"), die für den Philosophen den tragikomischen Menschen der Moderne im Kampf mit den Herausforderungen der Technik symbolisierte.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.07.2006
Helmut Mayer ist beeindruckt von der Materialfülle des Bands und der Möglichkeit, mehr über die zumindest theoretische Differenz von Mensch und Tier zu lernen. Er betont, dass die Autoren Bühler und Rieger keine Kulturhistorie des Tieres vorlegen, sondern eine durch die Figur des Tieres erzeugte Wissensgeschichte. Die alphabetische Ordnung der Arbeit von "Ameise" bis "Zitteraal" hält er für angebracht, das weite Forschungsfeld in den Griff zu bekommen und den Vorgang von "Projektion" und "Rückprojektion" zwischen Mensch und Tier zu beleuchten. Am Ende weiß Mayer mehr über Zugangsweisen zum Verständnis menschlichen Verhaltens, über die diesbezügliche Bedeutung von Austernbänken und Fruchtfliegen und über die neuere Wissenschaftsgeschichte.