Barbara Yelin

Irmina

Cover: Irmina
Reprodukt Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783956400063
Gebunden, 300 Seiten, 39,00 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Dr. Alexander Korb. Die ehrgeizige Irmina reist Mitte der 1930er Jahre nach London, um eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin zu beginnen. Dort lernt sie Howard aus der Karibik kennen, dem sie sich im Streben nach einem selbstbestimmten Leben verbunden fühlt. Durch den klugen und zielstrebigen Oxfordstudenten beginnt Irmina ihren Blick auf die Welt zu öffnen. Doch findet ihre Beziehung ein jähes Ende, als Irmina, bedrängt durch die politische Situation, nach Berlin zurückkehrt. Im nationalsozialistischen Deutschland steht sie vor der Möglichkeit, den erstrebten Wohlstand endlich zu erlangen, wenn sie dafür die verbrecherische Ideologie des Regimes nicht infrage stellt. Und die politischen Ereignisse eskalieren weiter und weiter…

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.12.2014

Ein epochemachendes Meisterwerk, das sogar noch besser als Mawils "Kinderland" ist, jauchzt Rezensent Andreas Platthaus nach der Lektüre von Barbara Yelins Comic "Irmina". Basierend auf der Geschichte ihrer Großmutter, die sich als Auszubildende in London in einen farbigen Austauschstudenten verliebte, den sie erst Jahrzehnte später als Gouverneur auf Barbados wieder trifft, hat Yelin zunächst eine Kurzgeschichte, nun dieses politisch, kulturhistorisch und psychologisch virtuose Werk geschaffen, berichtet der Kritiker. Insbesondere verschlägt ihm aber Yelins zeichnerisches Können den Atem: Die aquarellierten Bleistiftzeichnungen auf den Doppelseiten ziehen Platthaus ebenso in ihren Bann wie die nur in zentralen Momenten unterbrochenen ineinanderfließenden Sequenzen. Nicht zuletzt ist der Kritiker auch von den Lautmalereien der Zeichnerin und Erzählerin ganz hingerissen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.12.2014

Rezensent Christian Gasser hat ein bemerkenswertes Buch zu annoncieren. Mit ihm empfiehlt sich Barbara Yelin laut Gasser nicht nur als starke Comic-Zeichnerin, sondern auch als Erzählerin von Rang. Eine Graphic Novel über das Mitläufertum im Dritten Reich zu schreiben, findet der Rezensent schon mal mutig und eine Seltenheit. Umso mehr, als die Autorin Historisches, Recherchiertes mit der Geschichte ihrer Großmutter verbindet. Herauskommt laut Gasser eine differenzierte und spannend zu lesende Schicksalserzählung, die dem Leser und Betrachter genug Raum lässt für eigene Erwägungen betreffend die Handlungen der Figuren. Der wertfreie, doch einfühlsame Blick von außen, der die Frage nach den Gründen für Opportunismus und verbrecherisches Mittun offen lässt, ist für Gasser der große Verdienst dieses Buches.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.11.2014

Die wenigsten Menschen im "Dritten Reich" waren eindeutige Schurken oder Helden, die meisten hielten sich in der Grauzone dazwischen auf, doch auch bei denen, die man klar Gut oder Böse zuordnen konnte, waren es oft Zufälle, die sie zu ihrem Handeln verleiteten, resümiert Christian Staas seine Erkenntnisse aus der Lektüre von Barbara Yelins Comicroman "Irmina". Darin erzählt die Autorin die Geschichte ihrer Großmutter, die im England der Dreißigerjahre ihren schwarzen Freund gegen Rassismus in Schutz nimmt, bevor sie im Deutschland der Vierzigerjahre als Ehefrau eines schneidigen SS-Architekten die klassische Mitläuferin gibt, fasst der Rezensent zusammen, dem die "aus den hinteren Rängen der Zeitzeugenschaft" erzählte Geschichte eindrücklich wie selten verdeutlicht, was die strapazierte Vokal von der "Verstrickung" in den Nationalsozialismus eigentlich bedeutet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2014

Christian Schlüter hat sich kaum daran gewöhnt, die komplexe Vielfalt an Werken, die in den letzten Jahren entstanden sind, unter dem Namen der "Graphic Novel" zusammenzufassen, da stößt er mit Barbara Yelins "Irmina" auf eines, das er partout nicht bloß dazuzählen möchte, so einzigartig und neu kommt ihm dieses Buch vor, "Comicroman" wäre ihm angemessener, findet der Rezensent. Yelin erzählt die Geschichte einer jungen Deutschen, Irmina, die 1934 eine Ausbildung in England anfängt, sich dort in den dunkelhäutigen Oxford-Stipendiaten Howard verliebt, und gerade in dem Moment, in dem ihr zum ersten mal die Welt offen zu stehen scheint, aus Geldsorgen in das heimische Deutschland zurückkehrt - wo sie zur "Mitläuferin und -täterin" im Nationalsozialismus wird, fasst der Rezensent zusammen. Am Ende springt Yelin mit der Handlung sogar noch einmal in die achtziger Jahre, in denen sich ein spätes Wiedersehen mit Howard anbahnt, verrät Schlüter.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2014

Barbara Yelin begibt sich mit ihrer Graphic Novel "Irmina" sehenden Auges auf äußerst brüchigen Boden, berichtet Thomas von Steinaecker. Sie erzählt die Geschichte einer Mitläuferin im Nationalsozialismus, die sie allerdings so vielschichtig ausgestaltet, dass es schwierig wird, nicht an der einen oder anderen Stelle Sympathien für sie zu hegen, staunt der Rezensent. Ihre Protagonistin Irmina wird 1934 von ihren Eltern nach London geschickt, um dort eine Ausbildung zu machen, sie verliebt sich in einen Schwarzen aus der Karibik, wird aber von den Eltern aus Geldsorgen zurückgeholt, fasst von Steinaecker zusammen. In den folgenden Jahren findet Irminas merkwürdige Wandlung statt, die Yelin leider etwas zu elliptisch darstellt, findet der Rezensent. Jedenfalls heiratet sie einen etwas holzschnittartigen Nazi, stellt sich blind und taub für die Deportationen und schlüpft, für von Steinaecker nicht ganz nachzuvollziehen, in die Rolle des "Heimchens am Herd". Yelins bewusster Tabubruch und ihre meisterhaften Zeichnungen machen die Mängel aber mehr als wett, so der Rezensent.
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