Arno Geiger

Selbstporträt mit Flusspferd

Roman
Cover: Selbstporträt mit Flusspferd
Carl Hanser Verlag, München 2015
ISBN 9783446247611
Gebunden, 288 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Wie fühlt es sich an, heute jung zu sein? Arno Geiger erzählt von Julian, einem Studenten der Veterinärmedizin, der seine erste Trennung erlebt und erstaunt ist, wie viel Unordnung so eine Trennung schafft. Um die Unordnung ein wenig zu lindern, übernimmt er bei Professor Beham die Pflege eines Zwergflusspferds, das bald den Rhythmus des Sommers bestimmt: es isst, gähnt, taucht und stinkt. Julian verliebt sich in Aiko, die Tochter des Professors, verfolgt beunruhigt, wie täglich Schockwellen von Katastrophen um den Erdball fluten und durchlebt eine Zeit des Umbruchs und Neuanfangs. Ein Roman über die Suche nach einem Platz in der Welt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2015

Andreas Breitenstein nennt Arno Geigers neuen Roman doch tatsächlich ein "Fest der Literatur". Aber der Rezensent liefert Belege für seine Begeisterung: Etwa, dass Geiger den Leser sprachlich virtuos zwischen Utopie und Melancholie, Sehnsucht und Hoffnung und Ernüchterung hindurchmanövriert und dabei lässig über die Liebe und ihre Fährnisse in unserer Zeit erzählt. Oder dass ihm mit der Geschichte vom liebestrunkenen und liebestraurigen Julian ein hübsch satirisches Porträt des Wiener Studentenmilieus gelingt. Oder auch, dass es genial ist von Geiger, ein Flusspferd in die Manege zu lassen, um der Gefahr einer allzu beflissen belehrenden Bildungsromanze zu entgehen und zwischen Ironie und Witz und scharfer Beobachtung eine zumal recht massige Leerstelle zu lassen, an der sich der Leser erfreuen kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.02.2015

Mit Arno Geigers neuem Roman "Selbstporträt mit Flusspferd" scheint Hubert Spiegel, so lässt es seine Rezension nur erahnen, nicht viel anfangen zu können. Denn die Geschichte um den Tierarzt Julian, der sich nach einem zufälligen Zusammentreffen mit seiner Exfreundin Judith an die gemeinsame Beziehung vor zehn Jahren erinnert, erscheint dem Rezensenten lediglich als Innenansicht eines "x-beliebigen" 22-Jährigen, der ohne großes Mitgefühl für seine Umwelt zwischen Weltschmerz, Überheblichkeit und Versagensängsten umherirrt. Auch für die geheimnisvolle Aiko, die schließlich in Julians Leben tritt, kann sich der Rezensent nicht erwärmen, bleibt sie seiner Meinung nach doch nicht mehr als ein Klischee. Und so hat Geigers Buch für Spiegel leider keine abendfüllenden Qualitäten.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.02.2015

Begeistert hat Judith von Sternburg Arno Geigers Roman "Selbstporträt mit Flusspferd" gelesen, den sie als äußerst geglückten Hochsommerroman würdigt. Zugleich warnt die Rezensentin aber davor, Geigers harmlosen Tonfall zu verkennen. Großartig, wie es dem Autor gelingt, gänzlich hinter seinem 22jährigen an sich und der Welt leidenden Protagonisten zu verschwinden, findet von Sternburg, die auch Geigers Vermögen bewundert, einen elegischen, bisweilen zwar "jammerlappigen", aber nie überpsychologischen Tonfall zu finden, der den Leser schnell in die seelischen Verstrickungen des jungen Mannes verwickelt. Äußerst gut hat ihr auch das hier als Projektionsfläche auftretende Flusspferd gefallen, das Geiger ganz ohne ächzende Theorie ins Zentrum seines lesenswerten Buches stellt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.02.2015

Eine "würdige Antipodin" für den Löwen in Sibylle Lewitscharoffs "Blumenberg" hat Rezensentin Meike Fessmann in Arno Geigers "Selbstporträt mit Flusspferd" entdeckt. Ihr begegnet hier eine Flusspferddame, die für den 22jährigen haltlosen, zweifelnden Protagonisten Julian bald zum Inbild der Genügsamkeit wird. Während die Kritikerin die realistische Erzählung um eine Trennung, den folgenden Schmerz und eine Affäre zwischen zwei ungleichen Partnern liest, bemerkt sie die von Geiger subtil gesetzten märchenhaften und wunderbaren Elemente, die dem Roman nicht nur einen doppelten Boden verleihen, sondern auch die seelische Not des Erzählers erfahrbar machen. Einmal mehr bewundert die Rezensentin in diesem magischen Roman Geigers "Ästhetik des Beiläufigen", muss aber zugleich gestehen, dass den folgenden Romanen ein wenig mehr Temperament gut tun würde.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.02.2015

Leicht verkennt und unterschätzt man den literarischen Anspruch, der Arno Geigers Bücher durchzieht, weiß Ursula März, der Autor drängt ihn nicht auf, und die literaturhistorische Gemengelage, in die sich Geiger sehenden Auges einschreibt, fällt nur einem ähnlich geschulten Blick auf, erklärt die Rezensentin. So könnte man in "Selbstporträt mit Flusspferd" einfach einen weiteren jener angesagten Coming-of-age-Romane sehen, die Jugendklischees aufbacken, aber Geiger experimentiert vielmehr mit dem Genre, wobei sich herausstellt, dass der "Urtopos des Bildungsromans", die Reife durch reisendes Erleben der Welt, in unserer Zeit nicht mehr trägt, weil die Welt nicht mehr zur Festigung, sondern nur noch zur Verunsicherung des Charakters taugt, erklärt März.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 31.01.2015

Misslungen, suggeriert Martin Ebels Besprechung von Arno Geigers Roman, auch wenn Ebel es nicht so deutlich sagen mag. Denn den Autor kennt er als Erzähler, der aus Unspektakulärem Funken schlägt. Nicht so hier, meint Ebel, leider. Zwar ist der Held, ein Twentysomething, für Ebel ein Langweiler par excellence, indifferent, lau, beschränkt gar, doch gelingt es dem Autor laut Rezensent nicht, diese Langeweile vom Leser fernzuhalten. Im Gegenteil, meint Ebel genervt. Warum der Autor den Leser so quält? Aus Lust am Exemplarischen, an der Provokation. Wie auch immer, meint Ebel, wäre das Buch wenigstens sprachlich originell, mit einem weiteren Erzählraum gesegnet, überlegt er - aber so.
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