Gisela Elsner, Klaus Roehler

Wespen im Schnee

99 Briefe und ein Tagebuch
Cover: Wespen im Schnee
Aufbau Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783351025113
Gebunden, 352 Seiten, 22,96 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Franziska Günther-Herold und Angela Drescher. Mit einem Vorwort von Reinhard Baumgart. Gisela Elsner war ein Enfant terrible der deutschen Literaturszene, als sie 1964 mit ihrem ersten Roman "Die Riesenzwerge" schlagartig berühmt wurde. 1954 lernte sie den Schriftsteller Klaus Roehler kennen. Roehler verkörperte für sie die ersehnte Welt der antibürgerlichen, selbstbestimmten Boheme. Ihre Eltern sind gegen diese Beziehung und wollen sie mit Polizeigewalt verhindern. Es entbrennt ein Kampf um das Mädchen (Gisela Elsner ist damals 17 Jahre), bei dem alle Beteiligten zu spät bemerken, wer zwischen den Fronten zerrieben wird: Sie nämlich. Die Briefe dokumentieren eine Liebesgeschichte, die zugleich die Geschichte einer Revolte gegen die autoritären Verhältnisse der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft ist. Der Briefwechsel ergänzt das Lebensbild Gisela Elsners, dem sich auf andere Weise Oskar Roehler in seinem Film "Die Unberührbare" genähert hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.05.2002

Im Jahr 2000 verstarb der Schriftsteller und Lektor Klaus Roehler, in den sechziger Jahren Ehemann der Schriftstellerin Gisela Elsner. Der gemeinsame Sohn Oskar setzte 1999 dem Leben der Mutter mit dem Film "Die Unberührbare" ein Denkmal, erinnert Katharina Rutschky. Wie ein Denkmal der Liebe erscheint der Rezensentin auch der Briefwechsel zwischen den Eltern, der im Nachlass Roehlers gefunden wurde und nun, ergänzt durch "kalendarische Aufzeichnungen", Briefe und andere Dokumente, als Buch vorliegt. Der Leser, so Rutschky, erhält mit diesem Briefwechsel einen "tiefen" Einblick in das Westdeutschland der Nachkriegszeit und der sechziger Jahre. Wenig aber erfährt er, wundert sich die Rezensentin, über das Schreiben und die Literatur, die das Schriftstellerpaar wesentlich verbunden hatte. Jedenfalls gehört Rutschkys Mitleid Gisela Elsner: Dieses "hochintelligente Wesen", das im bürgerlichen Elternhaus aufwuchs, in Ehe und Mutterschaft floh, auch diesem Leben den Rücken kehrte und nach vielen unglücklichen Jahren 1992 Selbstmord beging, hat die Rezensentin tief beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.02.2002

Auf eine "Nebelwand aus Worten und Mitteilungen", in der der Sinn nicht selten quer steht, ist Ursula März da gestoßen. Überrascht hat sie das insofern als der Briefband also weder die Fama um das Paar Elsner/Röhler bestätigt noch eine davon abweichende Wirklichkeit enthüllt. "Etwas Verkapptes, Indirektes, stellenweise ungut Diplomatisches steckt in der ganzen Korrespondenz." Und eine beklemmende Mischung aus "sorgender Leidenschaft" und "latentem Sadismus". Dabei endeckt März, dass die "Problemlinien" keineswegs nur "längs der Front eines klassischen Generationenkrieges" - zwischen dem gegen die Normen der Fünfziger aufbegehrenden Pärchen und den Elsner-Eltern - verlaufen. Das "dramatische Hin und Her in Briefform" offenbart vielmehr ein Paar, "das seine Gefühle so idiotisch und verbohrt durch den Schlamm der Ideologisierung zieht" wie kaum ein zweites. So wenn Elsner auf Röhlers Vorwurf hin, eine kleinbürgerliche Spießerin zu sein, ihre DKP-Mitgliedschaft ins Feld führt. Für die Rezensentin zeigt sich darin auch ein Stück (tragischer) deutscher Sozialgeschichte: "Die unverhoffte Kühnheit der Nachkriegslinken" und "ihre Anfälligkeit für repressive Selbstzerfleischung und für das Normative".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.01.2002

Den Briefwechsel zwischen Gisela Elsner und Klaus Roehler in "Wespen im Schnee" hat der Rezensent Rainer Moritz mit großem Interesse gelesen. Er sieht in dem Buch, das vor allem Briefe Elsners neben "tagebuchartigen Notizen" Roehlers enthält, ein faszinierendes Dokument von der "engen Atmosphäre" Deutschlands in der Nachkriegszeit. Genauso deutlich findet er in den Briefen auch die "Schwankungen der Psyche" Elsners nachgezeichnet, deren tiefe Depressionen zunehmend zu Schwierigkeiten mit der "Gesellschaft und dem Literaturbetrieb" geführt hatten. Moritz bedauert es allerdings sehr, dass die Antwortbriefe von Roehler nicht erhalten sind.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2001

Gisela Elsners Sohn Oskar Roehler hatte durch den Film "Die Unberührbare" im letzten Jahr wieder das Augenmerk auf die Schriftstellerin gelenkt. Nun erscheint der Briefwechsel zwischen seinen Eltern. Und wer sich für den Literaturbetrieb der fünfziger und sechziger Jahre interessiert, der muss diesen Briefwechsel lesen, genauso wie die ergänzenden Tagebuchaufzeichnungen von Klaus Roehler sowie seine Korrespondenz mit dem Piper-Verlag muss, ist Christoph Bartmann überzeugt. Ein Muss ist der Band für den Rezensenten auch, weil er Gisela Elsner als "wunderbare" Briefeschreiberin zeigt und schließlich, weil der Briefwechsel eine - zumindest anfangs - herrlich und zugleich fürchterlich verbotene Liebe in der deutschen Gesellschaft der fünfziger Jahre dokumentiert.
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