Artur Becker

Der Lippenstift meiner Mutter

Roman
Cover: Der Lippenstift meiner Mutter
Weissbooks, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783940888570
Gebunden, 314 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

"Der Lippenstift meiner Mutter" katapultiert uns mitten hinein in das Herz von Masuren, in die kleine Stadt Dolina Roz und zu ihren Bewohnern: die rosen-kranzbetenden Großmütterchen und die verruchte Dorfschönheit, der ehemalige Wehrmachtssoldat und die prügelnden Väter, eine stalinistische Dichterin, der warmherzige Schuster Kronek und natürlich die rebellierende Jugend, die verbotene Platten hört und Pläne für eine Revolution ausbrütet. Das beschauliche Dolina Roz steht aber schlagartig Kopf, als unvermittelt Barteks Großvater, ein melancholischer und geheimnisumwitterter Eisenbahner, von allen bloß "Franzose" genannt, aus dem Ausland zurückkehrt. In dem sich rasch entspinnenden Chaos muss der junge Bartek seinen Platz finden. Keine leichte Aufgabe, schließlich hat Bartek vor allem Augen für seine unsichtbare Geliebte Meryl Streep sowie den Lippenstift seiner Mutter.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.06.2011

Wenn in diesem Roman lediglich von den Pubertätsnöten des wie sein Autor 1968 in Masuren geborenen 15-jährigen Helden Bartek die Rede wäre, es wäre ein Coming-of-age-Roman wie viele andere, meint Rezensentin Sabine Doering. Indem Arthur Becker seinen Bartek aber mit derart vielen skurrilen Gestalten umgibt, entfaltet sich ein durchaus fesselndes und unterhaltsames Epochenbild, das "ohne Ressentiment" und ohne politische Intention aus der sozialistischen und deutsch-polnischen Vergangenheit erzählt, wie die Rezensentin lobt. Mitunter hätte sie sich in dem bunten Aufgebot schräger Vögel aber durchaus etwas mehr Besonnenheit und Ordnung von Seiten des Autors gewünscht, den sie gleichwohl besonders schätzt, wie sie kundtut.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.12.2010

Rezensentin Angelika Overath mag Artur Beckers Glanzbild-Szenarien aus Polen ja zur Genüge kennen, wir aber nicht. So lässt uns Overaths Nacherzählung dieser Sammlung von Lebensgeschichten zwischen Krieg und Vertreibung, Erwachsenwerden und Sterben etwas ratlos zurück. Bizarr geht es zu in der polnischen Provinz, soviel wird deutlich. Es brodeln die erotischen Obsessionen, Pink Floyd und amerikanische Träume unter masurischen Totentänzen und ersten sexuellen Initiationen in Schusterkammern. Schauerlich schön findet Overath, wie das alles zusammengeht und sich zum Höhepunkt ballt. Aber was heißt das schon?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.12.2010

Christoph Schröder zeigt sich in Bann gezogen von Artur Beckers masurischem "Flickenteppich" einer skurrilen Dorfwelt. Allerdings setzt er der Betonung des Autors, dieser Roman sei nicht autobiografisch, die Feststellung entgegen, Becker teile mit seinen Figuren aber den Erfahrungshorizont einer 80er-Jahre-Jugend im sozialistischen Polen. Der Autor, der seit 1985 in der Bundesrepublik lebt, entfaltet darin die kuriose Adoleszenz-Geschichte des jungen Bartek, dessen große Liebe die Schauspielerin Meryl Streep ist, fasst der Rezensent zusammen. Es ist weniger die Handlung des Romans, in dem der seit fünf Jahren verschwundene Großvater Barteks plötzlich ins Dorf zurückkehrt, als das "Wimmelbild" einer sozialistischen Dorfgemeinschaft, die die Leser fesseln wird, so Schröder überzeugt. Die "drohende Gemütlichkeit", die derlei Szenarien anhaftet, werde aber immer wieder vom "konkreten historischen Schrecken" wirkungsvoll vertrieben, stellt der Rezensent angetan fest.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.10.2010

Den Rezensenten Burkhard Müller lässt die Lektüre des Romans des deutsch-polnischen Autors Artur Becker etwas zwiegespalten zurück - obwohl er die Welt, die Becker aus Erinnerungen an seine Jugend im polnischen Masuren hier auferstehen lässt, durchaus unterhaltsam und vor allem "sehr lebendig" findet. Doch genau da liegt für den Rezensenten auch ein Problem: Im sich Erinnern, so findet der Rezensent, ist die deutsche Gegenwartsliteratur derzeit sowieso gut, besser als im Erfinden von Geschichten, und eigentlich liegt Becker mit seiner Erzählung deswegen im Trend - nur eben, dass das Ergebnis doch nicht so vielschichtig ist, wie Müller es sich gewünscht hätte. Seiner Meinung nach "destilliert" der Autor  "gerade aus der Tristesse die buntesten Farben" und das löst beim Rezensenten ein leichtes Unbehagen aus. Denn mitunter münde das Ganze in eine gewisse "Lustigkeit".
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