Annette Mingels

Tontauben

Roman
Cover: Tontauben
DuMont Verlag, Köln 2010
ISBN 9783832196110
Gebunden, 200 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Eine Insel in der Nordsee. Hier leben Anne und David mit zwei Kindern. Eines Nachts kommt ihre vierzehnjährige Tochter ums Leben. Yola war auf dem Fahrrad unterwegs, als sie angefahren wurde. Vom Täter gibt es keine Spur. Die Ehe der Eltern droht an der Trauer zu zerbrechen, die Mutter flüchtet sich in ein Verhältnis mit ihrem Psychologen. Zeitgleich findet eine Tagung auf der Insel statt. Dort lernen Esther und Frank sich kennen, beide sind verheiratet. Aus anfänglicher Skepsis entwickelt sich eine Affäre. Als es Zeit wäre, heimzufahren, bleiben sie: hin- und hergerissen zwischen Schuldgefühlen und der Faszination für ihre neue Leidenschaft. An ihrem letzten Abend auf der Insel kommt es zum Streit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.04.2011

Rainer Moritz fühlt sich ein bisschen gelähmt von der Lektüre des neuen Romans von Annette Mingels. So sehr er Mingels' Fähigkeit, emotionale Versehrungen lakonisch in Worte zu fassen, schätzt, so deutlich scheint diese Qualität in dieser Geschichte um den Unfalltod eines Mädchens, um das Leid und das Nachleben der Eltern, um Zufall und Schuld, an ihre Grenzen zu kommen. Für Moritz wird der routinierte trost- und humorlose Ton der Geschichte schließlich zur Marter. Spätestens dann, wenn sogar die Liebe dadurch als eine Art der Trauer erscheint.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.11.2010

Annette Mingels bleibt auch in ihrem dritten Roman bei ihrem Thema, der Erforschung des "Seelenlebens" von Paaren, stellt Sandra Kerschbaumer fest. Zwei auf einer Nordseeinsel spielende Erzählstränge verknüpfen sich dabei erst spät zu einem Ganzen, und hier kann die Rezensentin  Mingels' Händchen für Dramaturgie nur bewundern. Es geht einmal um ein Ehepaar, das sich nach dem Tod der gemeinsamen Tochter voneinander entfernt, und dann - zeitlich vorgelagert - um zwei Mediävisten, die sich auf einem Kongress in eine Affäre verstricken, verrät Kerschbaumer. Die Autorin hält es in ihrem Roman mit dem einst von Fontane eingeforderten realistischen Erzählen, die Rezensentin muss aber feststellen, dass es ihren Figuren ein bisschen an Plastizität und Individualität fehlt, um wirklich zu berühren. Manche "poetischen Zusammenhänge" werden überdies allzu demonstrativ vorgeführt, findet Kerschbaumer, die dafür den dramatischen Moment, in dem die beiden Erzählstränge des Buches zusammenlaufen, als sehr gelungen lobt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2010

Beeindruckt zeigt sich Rezensentin Anja Hirsch von Annette Mingels' Roman über den Tod einer 14-Jährigen und die Leere, die dieser Verlust bei den Eltern hinterlässt. Sie schätzt den ruhigen Ton von Mingels Prosa, ihre Empathie und zugleich ihre Distanz. Wie Mingels die Versuche des Ehepaars beschreibt, ihr Leben nach dem durch einen Autounfall verursachten Tod ihrer Tochter weiterzuleben - die Mutter versucht sich etwa in einem neuen Beruf und spielt mit dem Gedanken einer Äffäre mit ihrem Psychologen - scheint Hirsch großartig. Geradezu meisterlich findet sie die Schilderung von Liebe unter dem "Eindruck einer wattegleichen Traurigkeit" und attestiert der Autorin ein enormes "emotionales Beschreibungsregister". Der zweite Teil des Romans, der von einem Mann und einer Frau, Teilnehmern eines Mediävistenkongresses erzählt, die auf dem Rückweg ins Hotel vermutlich die 14-Jährige überfahren, ohne es zu bemerken, verstärkt für die Rezensentin noch die Intensität des Buchs: mit "Wucht ergreift einen die Fatalität der Umstände".