Rüdiger Safranski

Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch ?

Cover: Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch ?
Carl Hanser Verlag, München 2003
ISBN 9783446202610
Gebunden, 118 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Wir erleben eine rapide Veränderung unserer Denk- und Lebensgewohnheiten und fühlen uns ihr gegenüber machtlos. "Das Denken selbst gerät in eine Globalisierungsfalle. Monoton dreht es sich im Kreis der beiden Grundfragen: Wie beherrscht man das Globale, fragen die einen, und wie rettet man es, fragen die anderen." Der Philosoph Rüdiger Safranski hilft mit diesem Buch, sich zurechtzufinden in einem Ansturm von Eindrücken und Bedrohungen. Er ermutigt, Freiräume für Gleichgewicht und Handlungsfähigkeit zu schaffen, denn Globalisierung lässt sich nur gestalten, wenn darüber nicht die andere große Aufgabe versäumt wird: das Individuum, sich selbst zu gestalten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.04.2003

Ijoma Mangold ist über ein seichtes Gewässer gesegelt, und wenn das auch nicht unangenehm war, hat er doch nicht das Gefühl, von der Stelle gekommen zu sein. Denn Rüdiger Safranskis Buch, so sein Urteil, ist "leer". Schon die titelgebende Frage sei das Problem: Denn wenn nach der Globalisierung und ihren Folgen gefragt werde, dann könne kein allgemein-essenzieller "Mensch" zum Anschauungsobjekt erhoben werden. Tut man es doch, dann komme so etwas heraus: "ein gemütlicher Spaziergang durch die Philosophiegeschichte" und ein Zierrat "hübscher Begriffe", schreibt Mangold. Um aber Wind in die Segel zu blasen und uns einer Erkenntnis über die Gegenwart näher zu bringen, ist nach Ansicht unseres Rezensenten ein anderer Menschenbegriff vonnöten: "normativ und damit überaus relativ und zeitgebunden".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Wie immer bei diesem Autor geht es, schreibt Warnfried Dettling, um ein großes Thema - größer, als es der Titel vermuten lasse. Es gehe nämlich gar nicht um die Globalisierung, sondern um den Menschen, der überfordert und von sich selbst entfremdet sei. Wir erleben mehr, als wir "handelnd beeinflussen können", und das sei nicht zum Aushalten. Was also tun? An dieser Stelle nimmt Rüdiger Safranski laut Dettling einen radikalen "Perspektivwechsel" vor: Er denkt nicht mehr über Möglichkeiten der Veränderung der globalisierten Welt, sondern über die Abschirmung des Individuums von ihren "Zumutungen" nach. Der Einzelne solle "in sich und für sich selbst ein Universum gestalten". Dettling nimmt die Einladung "zu einem philosophischen Gespräch über politische Fragen" an und fragt sich: Geht das denn? Kann man sich auf diese Weise selbst erschaffen? Und muss man nicht am Ende doch Politik betreiben, um etwas zu verändern? "Neue und überraschende Fragen" seien das, und die Lektüre des Büchleins überaus anregend - nur nicht vom Titel abschrecken lassen!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

Martin Hartmann versteht Rüdiger Safranskis Band als die Antwort auf die Frage des Menschenmöglichen. Safranski prophezeie eine Überforderung des Menschen durch die immer dichter werdende Vernetzung, den zunehmenden Informationsfluss, die zahllosen Reizüberflutungen. Seine Lösung ist der Rückzug in eine "Heimat", denn der Mensch brauche "Ortsfestigkeit" und "Maß". Hartmann hält das für naiv und sogar gefährlich. Das "Geraune" über die selbstgeschlagene heimatliche Lichtung im Globalisierungsdschungel, den Rückzug auf ein festumrissenes Gebiet, werde auch nicht weiterhelfen, denn so wie Ortsfestigkeit nicht vor Borniertheit schütze, "so gedeiht Ressentiment gegen Fremdes besonders gut in der heimischen Gartenlaube". Wie in solcher "schwülen Nahe" Weltoffenheit entstehen soll, schreibt Hartmann süffisant, "bleibt Safranskis Geheimnis".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.02.2003

Indem Safranski über das Problem der Globalisierung schreibt, hält er Distanz zu "Bedrängendem", meint Uwe Justus Wenzel. Er sieht den Autor sein Thema durchweg aus anthropologischer Sicht begegnen und lobt ihn dafür, dabei so gut wie nie in eine "falsche Schlichtheit" einzumünden. Zudem meine es der Autor durchweg "gut" und baue keine "Falltür" in seine Gedankengänge ein, wie sein Kollege Sloterdijk es bisweilen tue, so der Rezensent zustimmend. Dabei erkennt er an, dass der Autor auch bei Kritik an der Globalisierung auf das "rechte Maß" bedacht ist und sich nicht rückhaltlos zu den Globalisierungsgegnern gesellt. Der Autor, fasst Wenzel zusammen, propagiert ein Leben als "Unerreicht-Sein", wobei er diese Haltung vor allem negativ definiert sieht und als "quietistisch" charakterisiert. Dabei lässt der Rezensent offen, in wie weit er dem Autor in seiner Welthaltung folgen will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.02.2003

Christian Geyer stellt beeindruckt fest, dass dieses Buch in "versöhnlichem, ja plaudernden Grundton" aufs "Ganze geht". Allerdings sieht der Rezensent in dem Thema der Globalisierung nur den "Anlass" für den Autor, seine Anthropologie darzulegen. Deshalb läsen sich die ersten beiden Kapitel, die sich mit der Globalisierung beschäftigen, auch eher als "pflichtschuldige Stichworte zum Thema", moniert Geyer, der erst, wenn der Autor zu den "anthropologischen Grundbedingungen" kommt, dem Buch so etwas wie "Herzblut" anmerkt. Gegen die Globalisierung argumentiert Safranski ausnahmslos mit Klassikern der Geistesgeschichte von Goethe bis Hebel, bemerkt der Rezensent, der die Befürchtungen des Autors wohl ein bisschen übertrieben findet. Denn während Safranski glaubt, dass der "Geist einen Immunschutz" benötigt und sich nicht alles auf ihn Einströmende "anverwandeln" darf, glaubt Geyer, dass man auch einfach mal "von selber dicht" macht, wenn etwas "nervt". Dennoch, so sein abschließendes Urteil, gehört dieses Buch "in jede anständige Bibliothek".
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