Bela Balazs

Ein Baedeker der Seele

Und andere Feuilletons aus den Jahren 1920-1926
Cover: Ein Baedeker der Seele
Das Arsenal Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783931109301
Kartoniert, 157 Seiten, 13,80 EUR

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.01.2003

"lmue" bietet uns verschiedene Definitionen des Feuilletons an: es besitze die "List der kleinen Form, sich die letzten Worte zu sichern". Eine andere Formel "lmues" lautet, das Feuilleton verkleinere wie die im 19. Jahrhundert so beliebten optischen Geräte die großen Worte und wirbele die Welt durcheinander wie ein Kaleidoskop. Siehe da, der Übergang zu dem ungarischen Filmtheoretiker, Essayisten und Feuilletonisten Bela Balazs ist geschafft. Der hat nämlich eine Zeit lang in Wien für die neugegründete Tageszeitung "Der Tag" geschrieben; und für "lmue" erweist er sich als Meister der kleinen Form. Mit deutlichem Wiener Einschlag, jener typischen Mischung aus "Sentimentalität und Ironie". So versucht Balazs die Geheimnisse des Weihnachtsbaums zu ergründen, philosophiert über seine Bibliothek der nicht gelesenen Bücher oder begeistert sich für Radiodramen und andere neue Medien, in dieser Euphorie vielen Feuilletonisten seiner Zeit sehr ähnlich, stellt "lmue" fest. Ein großes Lob, heißt es in der Rezension, dem Berliner Arsenal Verlag, der diese verdienstvolle Werkausgabe Balazs' hiermit fortsetze.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.01.2003

Béla Balázs, als Anhänger der gescheiterten Räterepublik 1920 von Budapest nach Wien geflohen, ist heute bekannt vor allem als Autor einer frühen Theorie des Films. Der vorliegende Band stellt ihn nun vor als Feuilletonisten - die Texte des ersten Teils erschienen bis 1926 in der Zeitung "Der Tag", für die auch der ungleich berühmtere Alfred Polgar schrieb. Hinter dem muss sich Balázs, findet jedenfalls der Rezensent Karl-Markus Gauß, nicht verstecken: seine Feuilletons über den Weihnachtsbaum und Maskenspiele, über Filmaufnahmen und über die "Dauer einer Sekunde" enthalten manche Feinheiten, die man nur, da sie "wie nebenhin" gesprochen werden, nicht übersehen darf. Gleichfalls hoch interessant scheint dem Rezensenten der zweite Teil, in dem Balázs' "Phantasie-Reiseführer" "Baedecker der Seele" - erstmals 1925 veröffentlicht - zum Wiederabdruck kommt. Geradezu erstaunlich aktuell findet Gauß die Physiognomie des entwurzelten "Wanderers", die Balázs hier entwickelt. Der Autor erweise sich dabei zugleich als "rebellischer Denker" und "subversiver Künstler".
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